Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
erreichen würden. Man ist heute der Ansicht, dass das langsame Heranwachsen unserer Nachkommen im Zusammenhang mit der natürlichen Auslese einen Lebensabschnitt erwirkt hat, in dem wir uns nicht mehr fortpflanzen, sondern stattdessen auf die Pflege der vorhandenen Jungen konzentrieren. Und die Phase, in der die Fortpflanzung endet und vonder Pflege abgelöst wird, setzt normalerweise mit dem mittleren Alter ein.
Zahlreiche Studien belegen, dass elterliche Investition der entscheidende Faktor bei einer erfolgreichen Fortpflanzung des Einzelnen ist – also der Produktion eigener, überlebensfähiger Nachkommen. Tatsächlich sind wir in unserer Entwicklung an dem Punkt angekommen, dass elterliche Investition bei Weitem wichtiger ist als bloße Fruchtbarkeit (was erklären könnte, warum eine Schwangerschaft beim Menschen auf fast schon lächerliche Weise unplanbar ist). Und irgendwann im mittleren Alter wird die elterliche Investition für den bestehenden Nachwuchs so wichtig, dass wir aufhören, weiteren zu produzieren. Paradoxerweise wird also die Fortpflanzung zu einer gefährlichen Ablenkung von den jetzt wichtigeren Aufgaben einer Mutter oder eines Vaters.
Wenn elterliche Investition der Grund für die Evolution des mittleren Alters ist, dann müssen wir uns ansehen, was genau sie umfasst – womit erwachsene Menschen also die nächste Generation und deren rapide wachsenden Gehirne versorgen.
Zwei Dinge geben wir unsere Kindern – das erste ist Nahrung. Es ist erstaunlich, welche Unmengen an Kalorien, Proteinen und anderen Nährstoffen zur Herstellung eines Achtzehnjährigen nötig sind. Die Nahrungsbeschaffung für Kinder mit großen Gehirnen setzt den Menschen immens unter Druck. So verbrennt ein Säugling im Ruhezustand 87% seiner Energie beim Wachstum des Gehirns – diesen Bedarf müssen Eltern bei anderen Arten einfach nicht decken. Und man darf nicht vergessen, dass zur Beschaffung dieser Energie vor 10 000 Jahren ordentlich gejagt und gesammelt werden musste. Auch wenn Kinder irgendwann gehen oder sogar rennen können, lassen wir sie nicht an der Nahrungsbeschaffung teilhaben. Das mag zunächst wie eine Belastung für die Gemeinschaft aussehen, doch es schützt sie vor denGefahren, die der Nahrungserwerb mit sich bringt. Im Vergleich zu anderen Primaten ist die Kindersterblichkeit beim Menschen sehr gering, was vor allem daran liegt, dass unser Nachwuchs vom Jagen und Sammeln freigestellt ist. Der zweite Grund dafür, dass beim Menschen relativ wenige Kinder sterben, ist der Umstand, dass Kinder auch bei zeitweiliger Krankheit von ihren Angehörigen ernährt werden, wohingegen bei anderen Arten »zeitweilige« Krankheiten oft den Hungertod zur Folge haben.
Insgesamt ist das System der Nahrungsbeschaffung beim Menschen ziemlich ungewöhnlich. Die meisten Primaten verzehren große Mengen an Lebensmitteln, die zwar einen niedrigen Nährwert haben, aber dafür problemlos verfügbar sind – freilebende Schimpansen ernähren sich zum Beispiel von dem, was sie zufällig finden. Im Gegensatz dazu mussten die Menschen vor zwei Millionen Jahren ihre Essgewohnheiten ändern, als klimatische Veränderungen zur Ausweitung des afrikanischen Graslands führten. Als Reaktion auf die zunehmende Austrocknung verlagerten sie ihr Leben im Gegensatz zu allen andern Primaten ins offene Gelände und durchstreiften riesige Gebiete auf der Suche nach seltener, schwer zugänglicher, dafür hochwertiger Nahrung. Menschen unterscheiden sich von anderen Primaten dadurch, dass sie sich auf Nahrung spezialisiert haben, die vergraben oder von Schalen umgeben ist, die eine giftige Oberfläche hat – oder schneller läuft als sie. Menschen konzentrieren sich auf ganz unterschiedliche und wertvolle Nahrungsmittel, deren Beschaffung besondere Fähigkeiten erfordern (Aufspüren, Ausgraben, Schälen, Überlisten), was wahrscheinlich der Hauptgrund dafür ist, dass wir so klug geworden sind.
Diese Fähigkeiten zu erwerben, dauert natürlich seine Zeit. Wenn Schimpansen fünf Jahre alt sind, können sie sich schon weitgehend selbst ernähren, und nur wenig später sind sie auf der Höhe ihrer versorgerischen Fähigkeiten, was dann für den Restihres Lebens so bleibt. Menschen hingegen leisten bei der Nahrungsbeschaffung keinen Beitrag für die Gemeinschaft, bevor sie nicht etwa zwanzig Jahre alt sind, doch dann passiert etwas Erstaunliches. In heutigen Jäger-und-Sammler-Gemeinschaften steigt bei den Erwachsenen, die das
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