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Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Titel: Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bainbridge
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wunderbaren Endprodukt zu formen, das wir heute vor uns haben.

4. Warum ist das Middle-Age so wichtig? (Erster Versuch einer Beantwortung)
    Vielleicht sollten wir jetzt einmal einen ersten Versuch starten, zu erklären, was das Middle-Age ist und warum es existiert.
    Wir haben uns bis hierher mit den Ursachen und den Ursprüngen des mittleren Alters beschäftigt. Wir konnten sehen, dass es Teil eines lebenslangen menschlichen Entwicklungsprogramms ist, einer Art »Lebensuhr«, bei der Tausende von Genen zusammenwirken, um unser Gehirn und den restlichen Körper zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedlich zu gestalten. Wir haben außerdem erkannt, dass sich dieses Programm über mehrere Millionen Jahre der natürlichen Selektion herausgebildet hat und uns zu den modernen Menschen macht, die wir sind. Wir haben zudem gesehen, dass im mittleren Alter die Entwicklungsprozesse mit den Alterungs- oder gar Verfallsprozessen in Konflikt geraten, und dass dieser Konflikt es ist, der dem mittleren Alter seinen besonderen Anstrich gibt. Darüber hinaus haben wir entdeckt, dass über weite Strecken der Evolution – bis zum Aufkommen der Landwirtschaft  – viele Menschen das mittlere Alter erreichten oder sogar noch älter wurden. Insgesamt können wir es wohl als ein Resultat der natürlichen Auslese betrachten – als etwas, das uns eher über unsere lange, ungeschriebene Vergangenheit hinweg geholfen hat zu überleben und das man keineswegs als einen so lästigen wie unnatürlichen Verfall abtun kann, den wir heute nur deshalb durchmachen, weil wir »zu lange« leben.
    Um jedoch den Wert all dieser Erkenntnisse wirklich schätzen zu können, müssen wir sie in Einklang bringen mit dem, was wir heute beobachten können – mit den alltäglichen Erlebnissen und Wahrnehmungen der Menschen. Auch wenn es nicht sehr wissenschaftlich klingen mag, müssen wir doch herausfinden, welchen »Zweck« das mittlere Alter hat (oder besser: welche Vorteile es uns bringt). Welche Rollen sind mit dem mittleren Alter verknüpft? Und erklären diese auch, warum die Lebensmitte des Menschen in der Tat so aussieht , als handle es sich dabei um einen so geordneten wie vorgesehenen Prozess? Mit anderen Worten, wir können einen ersten Versuch starten, den Dreiklang zu erklären, den ich in der Einführung angesprochen habe: Warum sind Veränderungen des mittleren Alters so besonders, abrupt und einzigartig?
    Die Menschen sind seltsam. Da ich von der Zoologie und der Tiermedizin herkomme, waren die Menschen für mich immer nur eine Spezies unter vielen – intelligent vielleicht, aber ansonsten nicht weiter auffällig. Je mehr ich dann jedoch Menschen und Tiere miteinander verglich, umso bizarrer und außergewöhnlicher kamen sie mir vor. Sie stehen auf zwei Beinen, ihr Leben verläuft völlig unterschiedlich und unvorhersehbar, ihr Gehirn ist unglaublich groß, ihre sozialen Strukturen sind undurchschaubar, und ihre Reproduktion verläuft sonderbar, um es einmal so auszudrücken. Menschen sind etwas ganz Besonderes, und das Phänomen des mittleren Alters trägt viel zu dieser Besonderheit bei.
    Selbst innerhalb der Primaten – die insgesamt schon recht ungewöhnlich sind – nehmen die Menschen eine Sonderstellung ein. In gewisser Weise haben wir das Primatentum auf die Spitze getrieben. Ist es zum Beispiel für Primaten normal, gute Überlebenschancen zu haben und lange zu leben, so hat der Mensch extrem gute Überlebenschancen und ein sehr langes Leben. Auchandere Merkmale finden sich bei uns stärker ausgebildet, etwa, dass bei uns die Pubertät später einsetzt als bei jedem anderen Primaten oder wir extrem unselbständige Babys in die Welt setzen, die dann auch noch eine Ewigkeit brauchen, bis sie endlich erwachsen sind.
    In manchen Punkten unterscheiden wir uns aber völlig von anderen Primaten. Beim Menschen haben die Weibchen nicht nur öfter Nachkommen als bei den großen Affenarten, sie stillen ihre Babys auch deutlich kürzer. Das führt dazu, dass zwar einerseits jedes Kind große Zuwendung braucht, dass aber andererseits die Mutter sich oft um mehrere Kinder gleichzeitig kümmern muss – anders als unsere nahen Verwandten warten wir mit der Zeugung eines weiteren Nachkommen nicht, bis der vorige ausgewachsen ist. Ein weiteres Beispiel für die Besonderheit des Menschen ist der Umstand, dass Frauen meist weit über den Zeitpunkt hinaus leben, an dem ihre Fruchtbarkeit endet. Männer leben auch deutlich über diesen

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