Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
Einzelheiten des heutigen Middle-Age zuzuwenden – was sich verändert, sobald wir die vierzig erreicht haben, und warum es sich verändert. Zuvor sollte ich aber vielleicht noch etwas zu diesem riesigen Gehirn sagen, das bei unserer Evolution eine derart wichtige Komponente gewesen ist. Das Gehirn hat uns nicht nur ermöglicht, äußerst komplexe Fähigkeiten und Kulturen zu entwickeln, es hat uns außerdem zu einer hohen Selbstwahrnehmung befähigt. Beschäftigt man sich mit der langen Geschichte des mittleren Alters, stößt man auch auf einen etwas unheimlichen Aspekt. Über die letzten zwei Millionen Jahre waren Menschen mittleren Alters keineswegs irgendwelche hirnlose Automaten, an denen sich eine unbarmherzige Evolution ausgetobt hat. Ganz im Gegenteil: Man muss sich klarmachen, dass sie wahrscheinlich genauso klug und »selbstbewusst« wie wir selbst waren. Zwei Millionen Jahre lang haben Menschen mittleren Alters dasselbe gedacht wie heutige Middle-Ager. Die meisten fragten sich wahrscheinlich, welche Rolle sie denn nach dem Auftauchen der ersten Falten für die Gesellschaft spielen würden. Manche dürften darüber nachgedacht haben, was sie denn mit dem Rest ihres Lebens anfangen sollten. Und ich wette, dass so gut wie alle sich darüber ärgerten, bestimmte Dinge nicht gemacht zu haben, solange sie noch jung waren.
Unser Verständnis des Middle-Age hat sich mittlerweile unwiderruflich verändert. Nie wieder werden wir uns prähistorische Gemeinschaften als unorganisierte Zusammenrottungen (vornehmlich junger) behaarter Gestalten vorstellen, die planlos und verzweifelt ihrer nächsten Mahlzeit hinterherstolpern. Was wir jetzt sehen, ist eine straff organisierte, auf Nahrungserwerb undKinderaufzucht angelegte Maschinerie, in die sämtliche Mitglieder der Gemeinschaft von einer Art Über-Kaste gezwängt werden, die aus hartnäckigen, von sich selbst überzeugten und gelegentlich auch ziemlich selbstgerechten Middle-Agern bestand.
5. Schlaff? Faltig? Grau? Warum?
Keep young and beautiful,
It’s your duty to be beautiful,
Keep young and beautiful,
If you want to be loved.
Al Dubin, Liedtext für »Keep young and beautiful«, 1933
Und jetzt die schlechte Nachricht.
Bislang war wohl nicht zu übersehen, dass ich ein Freund des Middle-Age bin – dass ich seine Vorzüge preise und es als eine außergewöhnliche Errungenschaft des Menschseins betrachte: als etwas, das produktiv, positiv und in höchstem Maße erfreulich ist. Ich kann jedoch nicht leugnen, dass es auch negative Aspekte gibt; ich werde versuchen, sie in ein einziges Kapitel hineinzuquetschen. Also los.
Um die vierzig herum scheint unser Körper eine Art Gesinnungswandel durchzumachen. Teil unseres Entwicklungsprogramms sind dann ein paar relativ rasche und schwerwiegende Veränderungen, die sich keineswegs anschleichen, sondern uns vielmehr an den Schultern packen und in eine neue Richtung schieben. Natürlich gehören wir mit vierzig noch lange nicht »zum alten Eisen« – auch wenn das so oder so ähnlich in pseudowitzigen Glückwunschkarten stehen mag. Middle-Age hat noch nie bedeutet, dass man jetzt alt ist. Dennoch kann der Richtungswechsel ziemlich ruckartig vonstatten gehen, und die Geschwindigkeit,mit der er passiert, zeigt, dass es sich dabei um einen organisierten, zweckgerichteten Prozess handelt. Innerhalb weniger Jahre verändert sich der Schwerpunkt in unserem Leben – und zwar unwiderruflich.
Die Kräfte der Evolution haben beim Entstehen des Middle-Age bewirkt, dass unterschiedliche Körperteile auf unterschiedliche Art und Weise betroffen sind. Menschen mittleren Alters spielen eine wichtige Rolle in der Nahrungsbeschaffung und der Weitergabe von Informationen an die Jungen, aber andere Dinge werden für sie immer unwichtiger, zum Beispiel gutes Aussehen. Was für die Evolution zählt, sind die Nachkommen, die heterosexuelle Paare produzieren (man mag homosexuell oder alleinstehend sein oder sich gar bewusst gegen Kinder entschieden haben – seine eigenen Gene hat man ziemlich sicher von einem heterosexuellen Paar geerbt). Je älter wir nun werden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit des Kinderkriegens, und zwar aus dem einfachen Grund, dass wir immer weniger Jahre vor uns haben. Obwohl potenzielle Partner uns also durchaus attraktiv finden können, wählen sie uns doch eher selten im Hinblick auf Fortpflanzung und gemeinsame Aufzucht von Kindern. Eine jugendliche, vermeintlich fruchtbare Erscheinung
Weitere Kostenlose Bücher