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Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Titel: Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bainbridge
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das Gehirn gegenüber dem Rest unserer Biologie eingenommen hat.
    Der zweite Grund für meine »Hirn-Lastigkeit« ist, dass ich dachte, der eine oder andere Leser könnte sich dafür interessieren. Denn letzten Endes definiert das Gehirn mehr als jedes andere Organ, wer wir sind. Hier ist der Sitz des Ich und der Persönlichkeit, und hier findet die Wahrnehmung der Welt um uns herum statt. Es ist der Ort, in den momentan meine Worte eindringen. Und wenn man irgendwann das Middle-Age erreicht / sich momentan darin befindet / es bereits hinter sich hat (jeder wähle für sich), wird / ist / war es eine Zeit der ständigen Interaktion zwischendem im Wandel befindlichen Gehirn, dem im Wandel befindlichen Körper und der im Wandel befindlichen Außenwelt.
    Darüber hinaus ist das Middle-Age eine Zeit, in der das Gehirn  – so überhaupt möglich  – noch wichtiger wird als sonst. Während Körper und Fortpflanzungsfähigkeit nachlassen, treibt uns unser Gehirn ohne Unterlass in eine so hoffnungsvoll wie produktive erscheinende Zukunft. In der Tat haben im Middle-Age viele Leute das Gefühl, das Gehirn sei ihr einziger »vermarktbarer« Besitz – also das Beste, was sie zu bieten haben.
    Bevor wir das Gehirn aber jetzt hinter uns lassen, möchte ich das, was die Wissenschaft im Lauf der letzten Jahre über das Middle-Ager-Hirn herausgefunden hat, noch aus einer anderen Perspektive betrachten. Bis hierher haben wir uns durch Kognition, Zeitempfinden, Persönlichkeit, Fragen des Glücks und mentale Belastbarkeit gearbeitet, wobei ich stets der üblichen wissenschaftlichen Methode gefolgt bin, die »Durchschnittswerte zu betrachten«  – ob der durchschnittliche Middle-Ager sich vom durchschnittlichen jungen Erwachsenen unterscheidet oder ob der Middle-Ager-Mann anders tickt als die Middle-Ager-Frau. An dieser Methode ist nichts falsch, nur lebt keiner von uns ein durchschnittliches Leben, geschweige denn ein durchschnittliches Middle-Age. Im Middle-Age passieren viele verschiedene Dinge auf so unterschiedliche Art und Weise, dass der eine mehr Glück haben kann, der andere hingegen weniger. Das Leben ist nicht fair, wie jeder weiß, und im Middle-Age zeigt sich das noch viel deutlicher als sonst. Es ist einfach so, dass Hoffnungen, Fähigkeiten und Errungenschaften entweder florieren oder zum Erliegen kommen. Und oft genug liegt das nicht einmal an einem selber.
    Jetzt also mal genug mit diesen Durchschnitten: Was ist mit den Individuen? Was entscheidet darüber, wie ein individuelles Gehirn (mit Geist und Seele) sich im Middle-Age verändert? Und was bedeutet das für jeden Einzelnen im Hinblick auf sein fünftesund sechstes Lebensjahrzehnt? Wie fügen sich sämtliche Individuen in die von der Evolution auferlegte Rolle als Nahrungsbeschaffer und Kulturverwalter?
    Das Middle-Age ist eine Zeit der Ungleichheit. Manche Menschen erreichen Großes im Leben, andere nicht, und das Middle-Age ist der Zeitraum, in dem wir mit dieser Tatsache ins Reine kommen müssen. Denn die Möglichkeiten, daran noch etwas zu ändern, werden in den verbleibenden Jahren immer geringer. Ich habe über einige Aspekte des menschlichen Denkapparats eine sehr positive Haltung an den Tag gelegt, allerdings können sich die geistigen Fähigkeiten beim Middle-Ager kopfmäßig nicht nur zum Guten verändern. Verbesserung und Verschlechterung folgen jeweils einem eigenen Antrieb  – und verstärken die Unterschiede zwischen Individuen eher, als dass sie sie verringern.
    Ungleichheit folgt keiner Logik und ist deshalb nicht vorhersehbar. Untersuchungen zufolge gibt es jedoch eine Reihe von Faktoren, die dem Erhalt eines florierenden Middle-Ager-Hirns förderlich sind:
    1. In der Rangordnung weiter oben zu sein. Der sozioökonomische Status beeinflusst den Gesundheitszustand im Middle-Age und weit darüber hinaus, was sich auf mentale Leistung und Stabilität auswirkt. Man weiß zum Beispiel, dass schwere körperliche Erkrankungen zu einem messbaren Rückgang der kognitiven Fähigkeiten führen. Außerdem kommt es nach Phasen depressiver Störung eher zu deren Wiederholung, wenn die Betroffenen gleichzeit an körperlichen Krankheiten leiden oder aber einen niedrigen sozioökonomischen Status innehaben. Deshalb herrscht in den meisten Industrieländern ein buntes demografisches Durcheinander, in dem Middle-Ager mit hohem und niedrigem sozioökonomischen Status, gutem und schlechtem Gesundheitszustand sowie besserer oder schlechterer

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