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Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Titel: Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bainbridge
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generellen sozialen Versagens in das gängige Vokabular für psychische Störungen Eingang gefunden haben.
    Andere Studien vermuten gar mehr mechanistische, physiologischeGründe für mittel-alterliche Depressionen (im Sinne einer »Körpermaschine«). Sind wir etwa Stresssituationen ausgesetzt, reagiert unser Körper durch Erhöhung von Herzfrequenz und Blutdruck sowie durch Ausschüttung des Nebennierenhormons Cortisol. Bei klinisch Depressiven fallen diese Reaktionen jedoch nicht nur schwächer aus  – vielmehr hängt das Ausmaß der Reaktionen vom Grad der Depression ab. Wie sich bei Tests herausgestellt hat, kommt es zu dieser hormonellen Stressreaktion auch unabhängig von Medikamenten, Partydrogen, individuellem Gesundheitszustand und sozioökonomischem Status. Die Ergebnisse werden durch eine andere Untersuchung gestützt, in der bei Middle-Ager-Frauen mit höheren Stresszuständen beim Aufwachen ein geringerer Cortisolspiegel festgestellt wurde, der auch über den Tag hinweg nicht sonderlich anstieg.
    Diese Zusammenhänge zwischen mittel-alterlicher Psychologie und mittel-alterlicher Physiologie sind so faszinierend wie beängstigend, denn im Middle-Age kann eine Depression nicht nur unmittelbar verheerend sein. Bei Frauen besteht etwa ein direkter Zusammenhang zwischen Depression, mangelnder körperlicher Bewegung, übermäßiger Kalorienzufuhr und – Überraschung! – einer Gewichtszunahme. Depressionen treten auch bei denjenigen Middle-Agern eher auf, die sich  – zu Recht oder zu Unrecht – für dick halten. Bei Männern besteht eine direkte Verbindung zwischen Depressionen und Erkrankungen der Herzkranzgefäße, wobei es in diesem Fall sogar möglich ist, dass sich beide wechselseitig bedingen. Weiter unten werden wir uns noch ansehen, wie sich Veränderungen im sexuellen Bereich auf unsere psychische Entwicklung auswirken können. Körper und Seele beeinflussen sich wechselseitig – und unsere eingebaute »Lebensuhr« kann Überraschungen bereithalten, welche sich im Middle-Age auf Körper und Seele auswirken.
    Wenngleich bereits existierende Komponenten wichtig sind  –genetische Veranlagung, Gesundheits- und Lebensumstände  –, unterliegen mittel-alterliche Depressionen auch dem Einfluss von Faktoren, die unmittelbaren Stress ausüben. Psychologen dachten lange, das Middle-Age würde aus einer Aneinanderreihung psychischer Krisen bestehen, ausgelöst durch die stetig fortschreitende Veränderung der Psyche. Mittlerweile ist man aber der Ansicht, dass es eher die kleinen, beiläufigen und alltäglichen Belastungen sind, die bei den Menschen für lähmende Traurigkeit sorgen können. Eheprobleme oder auch nur der Anspruch, eine glückliche Ehe zu führen, stehen auf der Liste der Stressauslöser ganz oben, direkt neben den Gesundheitsproblemen, was vielleicht daran liegt, dass Middle-Ager nicht wirklich damit rechnen, krank zu werden. Kinder sind ein weiterer Faktor – denn jetzt sind sie meist anstrengende, widerspenstige Teenager oder sogar schon im Begriff, das Haus zu verlassen. Mehr Einfluss am Arbeitsplatz bringt mehr Verantwortung und Leistungsdruck mit sich; Frauen nehmen im Middle-Age die Arbeit wieder auf oder fangen überhaupt erst damit an; Männer hingegen beenden oft schon ihr Arbeitsleben, ob freiwillig oder unfreiwillig. Die eigenen Eltern haben jetzt zunehmend Gesundheitsprobleme. Und auch wenn der akute finanzielle Stress im Middle-Age abnimmt, erfordert eine langfristige Finanzplanung höchste Aufmerksamkeit. Insgesamt verändert sich für die Frauen am meisten, weshalb es nicht verwundert, dass ihr Wohlbefinden im Middle-Age stark davon abhängt, wie sie ihren Rollenwechsel bezüglich Familie, Beruf und Partner bewältigen.
    Stress entsteht aber nicht nur durch schwerwiegende Dauerbelastungen, sondern auch durch kleine, nagende Irritationen, sei es daheim oder bei der Arbeit. Einige Untersuchungen behaupten nun, dass sich im Middle-Age unser Verhältnis zu diesen Störfällen verändert. Middle-Ager verzeichnen etwa eigenen Angaben zufolge weniger »Stressoren« pro Tag als junge Erwachsene, wenngleichihre Aufgaben meist breiter gestreut sind und sie höhere Verantwortung tragen. Frauen erleben dabei deutlich mehr Stressoren pro Tag als Männer – und der häufigste Kurzzeit-Stressor sind bei beiden Geschlechtern die eigenen Kinder (kommt einem irgendwie bekannt vor, oder?). Middle-Ager empfinden ihre immer wieder auftretenden Stressoren allerdings als viel

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