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Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre

Titel: Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bainbridge
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die menschliche Gemeinschaft. Wie fühlt es sich an, mit einem mittel-alterlichen Gehirn zu denken? Und warum befähigt das die Middle-Ager, die Dinge so zu tun, wie sie sie tun  – warum brillieren sie in Nahrungsbeschaffung und Kommunikation, warum regieren sie die Welt? Bei Annäherung an diese Fragestellungen werden wir erneut sehen, dass die Verhaltensweisen heutiger Middle-Ager ihren Ursprung im Alltagsleben unserer Vorfahren haben.
    Bei unserer Untersuchung müssen wir indessen im Gedächtnis behalten, dass das Gehirn des Middle-Agers nicht in einem Vakuum existiert. Die Welt ist voll mit Menschen, die alles andere als Middle-Ager sind, und genau hier macht sich das perfekte Zusammenspiel junger und mittel-alterlicher Erwachsener bemerkbar. Wenn wir uns ein paar mit dem Middle-Age verbundene Klischees vornehmen und sie einmal unter evolutionären Gesichtspunkten betrachten, erkennen wir deutlich, wie wichtigdieser mittlere Lebensabschnitt für die Fortentwicklung der menschlichen Spezies gewesen ist.
    Ein gutes Beispiel ist etwa das Klischee, Menschen würden im Middle-Age dogmatischer werden und schneller in Rage geraten. Ältere Untersuchungen tendieren dazu, Menschen mittleren Alters zu unterstellen, bei Streitgesprächen meist auf ihrer Meinung zu beharren sowie gewohnte Abläufe und Vorgehensweisen zu bevorzugen. Darüber hinaus war man der Meinung, diese als rigide eingeschätzte Grundhaltung sei im Verbund mit der Neigung, die Gesinnungen anderer zu missachten (insbesondere der Jungen, die sich über diese Unnachgiebigkeit ständig ärgern), innerhalb menschlicher Gemeinschaften der Unruheherd Nummer Eins.
    Nun haben wir aber gesehen, dass Menschen mittleren Alters die besseren kognitiven Fähigkeiten haben, zudem von sich aus weniger emotional reagieren und auch unempfindlicher gegenüber den Emotionen anderer sind. Neigen also Middle-Ager dazu, dogmatisch zu sein, dann wohl aus gutem, evolutionärem Grund. Middle-Ager sind in den meisten menschlichen Gemeinschaften für das Funktionieren der alltäglichen Dinge verantwortlich  – selbst in solchen, die allem Anschein nach von den »Ältesten« geführt werden –, deshalb haben sie ein angestammtes Interesse daran, entschieden und unmissverständlich rüberzukommen. Und was die andere Hauptaufgabe der Middle-Ager betrifft, nämlich die Weitergabe der Kultur (im weitesten Sinne) an die nachwachsenden Generationen, macht es durchaus Sinn, wenn sie zu einem gewissen Zeitpunkt ihre Vorstellung davon »fixieren«. Middle-Ager müssen eine klare, festgelegte und in sich stimmige Vorstellung davon haben, was ihrer Meinung nach die menschliche Kultur ausmacht – Fähigkeiten, Techniken, Überzeugungen, Glaubensgrundsätze und Kunstformen müssen also irgendwann in rigider Form kodifiziert werden, um sie an die Jugend weitergebenzu können. Durch dieses »fixierte« Kulturverständnis können Middle-Ager auf junge Leute durchaus verschroben und unflexibel wirken. Dabei kommt es schon mal vor, dass sich im Gehirn eines Middle-Agers Verhaltensweisen festsetzen, die für Außenstehende eher unnormal wirken. Wobei diese Entwicklung noch verstärkt wird, wenn der männliche oder weibliche Partner die Eigenheiten des anderen akzeptiert, imitiert und dadurch noch verstärkt  – diese Dynamik trägt die wunderbare Bezeichnung »Verhaltensansteckung«.
    Soweit klar, zeigen auch noch neuere Studien, dass Menschen mittleren Alters tatsächlich nicht gänzlich unflexibel sind – und wenn doch, dann auf raffinierte Art und Weise. Es sieht so aus, als würden Menschen im Lauf des Middle-Age immer risiko- und damit auch entscheidungs un freudiger werden. Wenn sie also tatsächlich dogmatischer wirken, dann deshalb, weil sie vor einer Entscheidung erstmal einen Konsens herzustellen versuchen  – was nicht wirklich dem autokratischen Dogmatismus entspricht, den man Middle-Agern gern vorwirft.
    Das mittel-alterliche Gehirn verändert sich aber nicht nur in  puncto Nachdrücklichkeit und Entscheidungsfindung, es eignet sich auch zunehmend für eine Innenschau. Die Fähigkeit, sich selbst zu kritisieren, wirkt sich von Ausnahmen abgesehen meist positiv aus und gehört zum Erwachsenwerden ebenso wie zur Menschwerdung überhaupt. Tatsächlich macht das den Menschen letztendlich aus: seine Stärken und Schwächen zu kennen und Denkprozesse analysieren zu können. Wenn ein Erwachsener eine Aufgabe nicht bewältigen kann, macht er nicht einfach dasselbe nochmal, sondern

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