Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
Reproduktionspotenzial aber keineswegs abrupt endet.
Man würde ein Vorkommen der Menopause wohl eher bei Tieren vermuten, die näher mit uns verwandt sind, und tatsächlichgibt es bei Primaten am ehesten Anzeichen dafür. Bei den meisten weiblichen Primaten lässt die Fruchtbarkeit mit zunehmendem Alter nach, und ein Zeitraum unregelmäßiger Zyklen und geringerer Fruchtbarkeit geht schließlich in Reproduktionslosigkeit über. Das bedeutet allerdings nicht, dass diese Tiere eine echte Menopause erleben – stattdessen müssen wir die genannten Merkmale in Zusammenhang mit dem Leben sehen, das andere Primaten führen. Das Ende der weiblichen Fruchtbarkeit tritt hier unregelmäßig, unterschiedlich und meist erst im hohen Alter ein. Als Abschluss eines stetigen Verfalls unterscheidet es sich vollkommen von dem zeitlich genau festgelegten und vorhersehbaren Prozess bei Frauen. Am Wichtigsten ist jedoch, dass bei diesen Arten die Fruchtbarkeit erst mit Erreichen der natürlichen Lebenserwartung oder sogar noch später aufhört – in der freien Wildbahn gibt es im Grunde kein Ende der Fruchtbarkeit. Im Gegensatz dazu setzt die Menopause bei Frauen meist zwischen fünfzig und zweiundfünfzig ein, und wie wir schon gesehen haben, sind Menschen seit Bestehen unserer Art viel älter geworden. Deshalb ist es für die weiblichen Vertreter unserer Art vollkommen natürlich , dass sie nach Erreichen des Erwachsenenalters auch eine Menopause erleben, und diese Menopause hat ihrem Leben eine lange, postreproduktive Phase hinzugefügt, in deren Genuss unsere affenartigen Kusinen nicht kommen. Diese Besonderheit erfordert natürlich eine Erklärung.
Nun könnten wir die Menopause nicht so leicht untersuchen, wenn sie nur beim Menschen vorhanden wäre – wir hätten schlicht und einfach keinen Vergleich. Doch es gibt tatsächlich ein paar Tierarten, die lange vor ihrem Tod eine Menopause durchmachen, und dazu gehören die Killerwale (Orcas) und die Grindwale. Diese Wale leben nach ihrer Menopause manchmal sogar noch länger als Frauen. Wir werden auf diese menopausalen Meersbewohner später noch zurückkommen.
Mythos Nr. 2: Die Menopause ist der Zeitpunkt, an dem Frauen aufhören, Kinder zu kriegen
Nach der Menopause können Frauen auf natürlichem Weg keine Kinder mehr bekommen, wobei ihre Fruchtbarkeit normalerweise schon lange vor der Menopause erloschen ist.
Verwirrend ist jedoch, dass man die Menopause erst rückblickend als solche erkennt – nach zwölf Monaten ohne Menstruation wird die letzte Blutung als Zeitpunkt der Menopause definiert. Der Grund für diese etwas gewundene Definition ist, dass der letzten Menstruation oft jahrelange Unregelmäßigkeiten vorausgehen, etwa Blutungen unterschiedlicher Stärke, fehlende oder längere Zyklen, ausbleibender Eisprung. Über diesen Zeitraum schrumpfen die Eierstöcke in dem Maß, in dem ihr wertvoller Vorrat an Eizellen abnimmt. Im Gegensatz zur Menopause selbst gehen diese prä-menopausalen Veränderungen langsam und durchaus auch stockend vonstatten. Die weiblichen Zyklen kommen immer wieder zum Stillstand.
Wenngleich diese Veränderungen teilweise oft schon mit dreißig einsetzen, wirken sie sich erst mit etwa vierzig auf die Fruchtbarkeit aus. Danach nimmt die Fruchtbarkeit so weit ab, dass Frauen kaum noch schwanger werden können – durch die Schwankungen im Zyklus sind die nötigen biologischen Prozesse (Kopulation, Eisprung, Befruchtung und Einnistung) einfach nicht mehr zu planen.
Auch wenn in den Industrieländern in Bezug auf die Mutterschaft durchaus ein Wandel stattgefunden hat, ist die Spanne der Fruchtbarkeit grundsätzlich bei allen Frauen gleich. Um die zwanzig herum ist sie normalerweise am größten, bis etwa vierzig nimmt sie nur langsam ab. Dann kommt das endgültige Aus der Fruchtbarkeit – im frühen Middle-Age. Erst zehn oder mehr Jahre später folgt die Menopause, da ist das Kinderkriegen schonlange Schnee von gestern (80% der Frauen erleben ihre Menopause zwischen fünfundvierzig und fünfundfünfzig). Ungeachtet gegenläufiger Trends bekommen relativ wenige Frauen noch Kinder, wenn sie die dreiundvierzig einmal überschritten haben. Und das, obwohl die Menopause dann vielleicht erst jenseits der fünfzig auftritt. Die Menopause ist also keineswegs der Zeitpunkt, an dem die Fruchtbarkeit endet – sie unterstreicht nur eine Entwicklung, die längst abgeschlossen ist.
Mythos Nr. 3: Die Menopause setzt ein, wenn Frauen aufhören, Eizellen
Weitere Kostenlose Bücher