Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
zu produzieren
Das ist jetzt ein bisschen komplizierter. Diese Zusammenhänge sind kaum nachvollziehbar, und erschwerend kommt noch hinzu, dass wir gar nicht genau wissen, wie Eierstöcke funktionieren. Fakt ist aber: Es gibt Eizellen in den Eierstöcken, wenn die Menopause einsetzt. Nicht viele, aber es gibt welche. Wer jetzt allerdings behauptet, die Reduzierung der Eizellen würde die Menopause auslösen, geht gedanklich in die falsche Richtung. Denn was wir wissen wollen, ist, warum diese wenigen, ganz offenbar gesunden Eizellen – jede einzelne von ihnen ein potenzielles Baby – nicht mehr »funktionieren«.
Sehen wir uns die Zahlen an. Um eine Eizelle pro Monat auszustoßen, benötigt eine Frau zwischen fünfzehn und fünfzig rund vierhundert davon. Wenngleich keine Frau diesem Schema zu hundert Prozent entspricht – mal tritt eine Schwangerschaft auf, und der Zyklus wird unterbrochen; ein Zyklus kann mehrere Eizellen hervorbringen oder auch gar keine; Frauen unterdrücken den Eisprung durch Verhütungsmittel –, sollte man die Zahl vierhundert doch im Kopf behalten. Denn trotz dieser relative geringen Anzahl von Eizellen, die tatsächlich ausgestoßen werden, ist ein Mädchen zu Beginn seines Lebens im Besitz mehrerer Millionen Eizellen – so viele befinden sich nämlich in den Eierstöcken eines weiblichen Embryos. Mit Einsetzen der Menopause ist dann nurmehr ein Bruchteil davon vorhanden (ein paar hundert?). Nur, wo sind all die anderen Eizellen geblieben?
Denn nur ganz wenige aus dem riesigen Eizellenvorrat der Frau ovulieren tatsächlich, »springen« also aus den Eierstöcken in die Eileiter beziehungsweise werden dorthin ausgestoßen. Die meisten Eizellen fangen an sich zu entwickeln und verkümmern dann, oder sie verkümmern ohne jede Entwicklung – diesen Prozess nennt man »Follikelatresie«. Mit dem Einsetzen der Pubertät ist die Zahl der Eizellen bereits auf weniger als eine halbe Million gesunken – noch kein einziges wurde zu diesem Zeitpunkt ausgestoßen. Die Follikelatresie setzt sich über die folgenden Jahrzehnte beständig fort, folglich sind zu Beginn der Menopause nur noch so wenige übrig. Die paar hundert durch den Eisprung hinausbeförderten Eizellen spielen da überhaupt keine Rolle. Umgekehrt könnte eine vierzigjährige Frau, die es irgendwie hinkriegt, die Follikelatresie zu stoppen, auch weiterhin monatlich einen Eisprung haben – theoretisch noch mehrere tausend Jahre.
Es ist also nicht so, dass Frauen ihre Eizellen »verbrauchen«, vielmehr lässt ein sorgfältig kontrollierter Prozess die Anzahl der Eizellen soweit herunterfahren, dass letztlich der Menstruationszyklus versagt. Bei der genetischen Erforschung der für die Eizellenatresie zuständigen Abläufe sind wir erst relativ am Anfang, aber immerhin ist klar, dass diese Abläufe äußerst sorgfältig koordiniert sein müssen. Eine Ansammlung von mehreren Millionen Eizellen zu verwalten und über einen langen Zeitraum hin punktgenau so weit zu reduzieren, dass sie nichts mehr bewirken kann, stellt eine beachtliche Leistung dar. Für mich handelt es sich hierbei um alles andere als ein altersbedingtes Nachlassen von Körperfunktionen – denn wenn es das wäre, würde die weibliche Fruchtbarkeit viel unregelmäßiger aufhören, bei manchenFrauen vielleicht sogar überhaupt nicht. Follikelatresie ist ein geregeltes, vorprogrammiertes Phänomen – und dieses behutsame Ausmustern von Eizellen lange vor Einsetzen der Menopause ist Teil der für die Fort- und Weiterentwicklung zuständigen »Lebensuhr«. Sie – und nicht die geschrumpfte Menge der vorhandenen Eizellen – bestimmt, wann die Menopause einsetzt.
Mythos Nr. 4: Die Menopause setzt ein, weil Frauen aufhören, Eizellen zu produzieren
Auch wenn die Anzahl an Eizellen sehr gering geworden ist, hat das dennoch keinen direkten Einfluss auf das Einsetzen der Menopause.
Der weibliche Zyklus wird durch hormonelle Interaktionen gesteuert, und zwar zwischen dem Nest mit den Zellen, in denen sich die Eizellen ausbilden (die Follikel), und der Hypophyse, die einen Fortsatz des Gehirns bildet und deshalb auch Hirnanhangdrüse genannt wird. Die Hypophyse schüttet Hormone aus, die Gonadotropine (»Gonadenzüchter«) heißen. Diese regen das Wachstum der Follikel in den Eierstöcken und deren Ausschüttung eigener Hormone an, darunter Östrogen und Progesteron. Diese Ovarialhormone bringen im Gegenzug die Hypophyse dazu, ihre Ausschüttung von
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