Wir Middle-Ager -Unsere besten Jahre
Gonadotropinen abzumildern. In der Menopause passiert nun etwas äußerst Seltsames – die verbliebenen Follikel reagieren einfach nicht mehr auf die Gonadotropine. Sie sehen kerngesund aus, und vermutlich sind auch die Eizellen im Inneren gut beieinander, aber sie schütten einfach keine Hormone mehr aus, egal, wie viele Gonadotropine auch über sie hereinbrechen.
Das führt dazu, dass die Ovarialhormone im Blut abnehmen (Progesteron um 99%, ein sehr wirksames Östrogen um 85%, Testosteron um 29%), woraufhin die Hypophyse sich mächtigins Zeug legt, um die Eierstöcke zum Laufen zu bringen, und dabei den Gonadotropinspiegel im Blut gewaltig in die Höhe treibt. Diese grundlegenden hormonellen Veränderungen sind vermutlich die Ursache der meisten »Symptome« der Menopause, auf die ich zu einem späteren Zeitpunkt zu sprechen komme. Der wichtige Punkt ist jedoch, dass wir einfach nicht wissen, warum die Ovarialfollikel ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr auf die Gonadotropine reagieren. Wie kann die Reduzierung der Ovarialfollikel gleichzeitig dazu führen, dass die restlichen Follikel unempfindlich gegenüber den Gonadotropinen werden. Das ist die entscheidende Frage, denn was hier zugrunde liegt, ist genau das, was die Menopause auslöst.
Um darüber Klarheit zu gewinnen, muss man überprüfen, welche Faktoren bei gesunden Frauen den Verlauf der Menopause bestimmen. Rauchen verursacht etwa ein früheres Auftreten, vermutlich durch die direkte Gifteinwirkung auf die Follikel. Bei Alkohol scheint das aber nicht so zu sein. Es gibt Forschungen, denen zufolge bessere Ernährung im 19. Jahrhundert für ein späteres Einsetzen der Menopause verantwortlich war, und auch wenn diese Thesen nicht unumstritten sind, stellen wir überraschenderweise fest, dass in unseren modernen Lebenswelten ein höherer sozioökonomischer Status die Menopause hinausschiebt.
Eine ganze Reihe von Untersuchungen belegt, dass die Menopause später einsetzt, wenn Frauen insgesamt weniger oft einen Eisprung hatten, beispielsweise bei Frauen mit häufigeren Schwangerschaften und längerer Stillzeit. Oder bei Frauen, deren Zyklus vor Erreichen des fünfundzwanzigsten Lebensjahrs eher unregelmäßig war, bei Frauen mit längerem Zyklus, oder solchen, die durch Verhütungsmittel den Eisprung unterdrückt haben. Auch wenn einen das jetzt nicht wirklich überrascht, sollte man immer im Gedächtnis behalten, dass nicht die Ovulation Schuld an der Abnahme der Eizellen ist, sondern die Atresie. Könntedurch Unterdrückung der Ovulation womöglich auch die Atresie verlangsamt werden? In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass es Anthropologen gibt, die ein Fortpflanzungsmuster wie bei uns in den Industrieländern – also dreißig Jahre unablässiger Ovulation – für völlig unnatürlich halten. Die Dogon-Frauen in Mali etwa sind die meiste Zeit schwanger oder am Stillen und haben vielleicht gerade einhundert Mal einen Eisprung.
Je weiter man in die Mechanismen der Menopause vordringt, desto komplizierter werden sie – was nicht verwundert, angesichts eines so wichtigen, plötzlich auftretenden und ausschließlich menschlichen Phänomens. So ist der Verlust der Follikel vielleicht doch mehr als nur ein gesteuertes Absinken hin zur Unfruchtbarkeit. Es ist gar nicht leicht, die Follikel einer gesunden Frau zu zählen, aber jetzt wurde nachgewiesen, dass der bei jüngeren Frauen eher langsame Rückgang im Middle-Age eine Beschleunigung erfährt, ganz so, als würde ein neuer Mechanismus einsetzen, der die Reduzierung der Follikel und damit das »pünktliche« Einsetzen der Menopause garantiert. Doch man hat auch festgestellt, dass im Erwachsenenalter Eizellen nicht nur verschwinden, sondern auch neu entstehen: Stammzellen in den Eierstöcken produzieren nämlich unablässig gesunde Eizellen und Follikel. Mag dieses Auffüllen des follikulären Vorrats auch langsam vonstatten gehen – um fruchtbar zu sein, brauchen Frauen theoretisch nicht mehr als eine einzige Eizelle pro Monat. Und sollte sich herausstellen, dass diese Stammzellen auch nach der Menopause noch Eizellen produzieren, müsste man spätestens dann in Erwägung ziehen, ob es sich dabei vielleicht um eine künstliche Wiederherstellung der Fruchtbarkeit bei älteren Frauen handelt.
Ein weiterer Grund, warum eine post-menopausale Wiederherstellung der Fruchtbarkeit erstrebenswert sein könnte, ist, dassman für die »Erzeugung« eines Kindes mehr braucht als
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