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Wir müssen leider draußen bleiben

Wir müssen leider draußen bleiben

Titel: Wir müssen leider draußen bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Hartmann
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in Verbindung gebracht werden: Auf Anfrage heißt es, dass man die Bücher schon seit Jahren nicht mehr benutze und die allermeisten Tafeln diese gar nicht mehr kennen würden.
    »Erst der Abbau von Sozialstaatlichkeit hat diejenigen Räume geschaffen, in denen sich Unternehmen nun über ein explizites, ein freiwilliges und über die gesetzlichen Regelungen hinaus gehendes gesellschaftliches Engagement ein gutes Image verschaffen können«, schreibt die Professorin für Wirtschaftssoziologie Stefanie Hiß im Sammelband Tafelgesell schaft . 140 Mit der Unterstützung der Tafeln wollten Unternehmen eben auch zeigen, dass privat organisierte Hilfeleistung Armut mildern kann. Der Begriff unternehmerischer Verant wortung, auch »Corporate Social Responsibilty« ( CSR ) genannt, begann seine Karriere etwa gleichzeitig mit dem schleichenden Sozialabbau Mitte der neunziger Jahre. Mit der » CSR « ist untrennbar die Rede von der »Win-win-Situation« verbunden. Doch vor allem die Unternehmen profitieren von ihrem Engagement bei den Tafeln. Nicht nur, dass die Müll spendenden Handelsketten sich die Entsorgungskosten sparen – sie verdienen richtig Geld damit. Die Rewe Group wiederholt beispielsweise regelmäßig die bundesweite Aktion »Kauf eins mehr für die Tafel«, im Zuge derer die Kunden angehalten werden, haltbare Lebensmittel wie Kaffeepulver, Mehl, Nudeln, Reis, Zucker, Konserven oder Drogerieprodukte zu kaufen und für die Tafel zu spenden. In manchen Märkten packten die Supermarktmitarbeiter gleich selber Tüten, die sie für fünf Euro verkauften. Weihnachten 2010 verkündete der Handelskonzern per Pressemitteilung: »Rewe- und Toom-Märkte spenden Waren im Wert von 1,2 Millionen Euro.« 141 Allerding haben einzig und allein die wohlwollenden Kunden, die die Tafelspenden gekauft hatten, den Großteil, eine Million Euro, bezahlt. Für die Waren im Wert von 200 000 Euro, die Rewe mit generöser Geste dazu packte 142 , gab es immerhin eine Spendenquittung der Tafeln. Steuern sparen, Umsatz machen und noch gute Presse in der Lokalzeitung bekommen – das ist sogar eine Win-win-win-Situation. Kein Wunder, dass andere Handelskonzerne diesem Beispiel nur zu gerne folgen. So rief auch Lidl im Mai 2011 seine Kunden zu einer »Spendenwoche« auf. 143 Dass ausgerechnet Lidl zu den Hauptsponsoren gehört, ist beinahe zynisch: Der Konzern hat sich, was die Behandlung und Bezahlung seiner Mitarbeiter angeht, nicht eben mit Ruhm bekleckert – abgesehen davon, dass Lidl, wie alle Discounter und Handelsketten, von Dumpingpreisen und katastrophalen Arbeitsbedingungen in armen Ländern profitiert. Mit Aktionen wie etwa der »Pfandspende« lässt sich das Image jedoch bestens wieder zurechtrücken: So konnten Kunden wählen, ob sie das Pfand vom Rücknahmeautomat einsacken oder lieber der Tafel spenden wollten. Selbstredend haben weniger die Pfandspender als vielmehr Lidl Ruhm und Ehre dafür eingestrichen.
    Eine Blacklist aber gibt es bei keinerTafel. Bundesvorstand Häuser muss lange überlegen, wenn man fragt, ob es Unternehmen gäbe, mit denen man sich eine Zusammenarbeit nicht vorstellen könne. »Also Sachen mit Alkoholwerbung drauf würden wir nicht nehmen. Und Kriegsspiele würde ich auch nicht fördern, die sollen ihre Millionen alleine machen.« Gut, dass man Kriegsspielzeug nicht essen kann. Er sagt weiter: »Wir sind nie in Lidl reingegangen, um Lidl zu missionieren. Es wird eine kapitalistische Welt bleiben. Wir werden weder die Welt noch die Einkaufspolitik ändern können. Aber wir haben die Lidl-Kunden sensibiliert.« Selbst Sabine Werth, die Gründerin der Tafel in Berlin gibt zähneknirschend zu: »Unternehmenskritik in großem Stil können wir uns nicht leisten. Sonst bekommen wir keine Ware mehr.«
    Der ehemalige Metro-Vorstandschef Chef Hans-Joachim Körber konstatiert, dass soziales Wirtschaften nicht die »Do mäne von langhaarigen Weltverbessern mit rot-weiß-kariertem Palästinensertuch, sondern von nüchtern kalkulierenden Managern« sei. 144 Es sind dieselben Argumente, die stets von der Wirtschaftselite hervorgebracht werden, wenn es um Privatisierung geht. Wenn sich mit den Armen Geld verdienen lässt, gibt sich jedes noch so unsozial wirtschaftende Unternehmen als Anwalt der Armen. Ebenso wie sich Unternehmen bereits zu Umweltengeln wandelten, seit sie gewittert haben, dass man sich mit Nachhaltigkeitsbehauptungen einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Social- und Greenwashing funktionieren identisch:

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