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Wir müssen leider draußen bleiben

Wir müssen leider draußen bleiben

Titel: Wir müssen leider draußen bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Hartmann
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bekommen. Zum anderen reden die Tafeln auf diese Weise einer Bedarfsgerechtigkeit das Wort, innerhalb derer nicht die Bedürftigen bestimmen, was sie brauchen, sondern ihre »Versorger«. In München haben ebenjene entschieden: zur Grundversorgung, wie früher im Krieg, gehören Kartoffeln, dazu Karotten, Äpfel und Brot.
    Das würde Paul Nolte gut gefallen. Der gab im SZ -Interview zu bedenken, dass die Unterschicht nicht immer nur Pommes und Burger essen solle, auch Äpfel und Karotten schmeckten gut. 147 Zwiebeln, erklärt eine Ehrenamtliche, gehörten nicht dazu, die seien schließlich nicht lebensnotwendig. Und wenn die Ausbeute mager ist, dann dürfen die Armen auch mal geschenkte Dosensuppen und Fertignudelgerichte essen, obwohl sie im Normalfall von der Gesellschaft dafür gescholten würden. Übrigens auch bei den Tafeln: Die Leute heute hätten ja verlernt, anständig zu kochen, die gäben ihr ganzes Geld für teure Fertiggerichte aus und wunderten sich dann! Früher, so redet sich eine Ehrenamtliche in Rage, hätte man ja auch kein Geld gehabt und eben Gemüse eingekocht. Auf die Frage, ob denn Fertiggerichte, die von den Tafeln verteilt werden, besser seien, entgegnet sie empört: »Das ist ja wohl ein Unterschied.« Natürlich. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.
    Aber was ist denn nun gerechter: Nicht zuzukaufen und das wenige nur als Ergänzung so gleichmäßig wie möglich auf viele zu verteilen? Oder weniger Leuten eine Art Vollversorgung zu bieten? Die Frage lässt sich nicht beantworten. Zumal es die vermeintliche Vollversorgung nur so lange gibt, wie der Vorrat reicht. »Die Idee der Tafeln bricht an dem Punkt, wo es um Ansprüche oder Rechte geht. Der Anspruch, etwas zu machen, was notwendig ist, beißt sich mit der Freiwilligkeit. Denn wenn man zu der Erkenntnis gelangt ist, dass die Menschen von der Hilfe abhängig sind, muss man sich dafür einsetzen, dass sie ein Recht darauf haben«, sagt Stephan Lorenz.
    Die einzige Gerechtigkeit, die Tafeln organisieren können, besteht darin, den Ablauf möglichst fair zu gestalten. Weil es nur begrenzte Mengen von Lebensmitteln gibt und entsprechend diejenigen das Nachsehen haben, die hinten in der Schlange stehen, beginnen die Ausgaben immer mit einer anderen Ausweisnummer. Trotzdem gibt es gelegentlich ein würdeloses Gerangel in der Schlange. Denn hundertprozentig verlassen kann man sich nicht darauf, dass die Tüte am Ende voll ist. Die Münchner Tafeln sind stolz, dass eine Bäckerei ihnen extra frisches Brot bäckt. Ein Ehrenamtlicher, er verteilt an einer Ausgabestelle das Brot, sagt, manche Bedürftige hätten schon zu weinen begonnen, weil kein Brot mehr da gewesen sei. Manche halten diese Tränen für Selbstmitleid: »Jetzt haben die doch schon so viel Geld gespart – können die sich nicht einfach das Brot selbst kaufen?« Es sei ein Problem, sagt der Soziologe Stefan Selke, der bei seinen Recherchen ähnliche Szenen erlebt hat, dass die Tafeln mit dem ständigen Bemühen, Fehlendes zu ersetzen, Ansprüche wecken, mit denen sie dann nicht umgehen können. Nörgelei der »Kunden« ist bei den Tafeln überhaupt nicht gern gesehen. Im Zweifel werden Begehrlichkeiten als blanke Gier gewertet. An einem der Tage mit schlechterer Ausbeute murmelt eine der Ehrenamtlichen etwas zu laut, um überhört zu werden: »Es ist mal ganz gut, dass es wenig gibt heute. Die werden ja langsam gierig.« Eine andere Frau, die bei den Tafeln arbeitet, ist ebenfalls der Meinung, dass Bedürftige »sehr schnell verwöhnt« würden. Verwöhnen heißt: Sie bekommen manchmal Fleisch. Oder eine Packung Duschgel. Dann seien sie enttäuscht, wenn es so etwas beim nächsten Mal nicht mehr gibt. Sie selbst habe einmal auf der anderen Seite der Tafel gestanden. Sie wäre damals, wie sie erzählt, ohne Lebensmittelspenden nicht über die Runden gekommen. Doch das ist offenbar schnell vergessen, steht man endlich wieder auf der »richtigen« Seite. Mit ihrer festen Stelle bei der Tafel hat sich die Frau einen regelrechten Kasernenhofton zugelegt: »Wer frech wird, fliegt raus. Da kenn ich nix.« Sie erwähnt nicht ohne Stolz, dass sie Ausweise von Bedürftigen schon wochenlang habe sperren lassen.
    Die Disziplinierung der Armen
    Die Ansicht, Arme müssten, gemäß des Agenda-2010-Ansatzes »Fördern und fordern«, diszipliniert werden, findet sich in gewisser Weise auch bei den Tafeln. Dort macht man Hilfe vom richtigen Verhalten abhängig. Schlechtes Benehmen wird

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