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Wir müssen leider draußen bleiben

Wir müssen leider draußen bleiben

Titel: Wir müssen leider draußen bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Hartmann
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sämtliche Mühen des Alltags aus diesem neuen Arkadien heraus: Man kann sich per Handy eine Badewanne einlaufen lassen, der Kühlschrank verwaltet die Vorräte selbst.
    Dass diese Anlage ausgerechnet mitten in Leipzig steht, bestätigt die These von Stadtsoziologen wie Häußermann: »Gated Communities geben Zeugnis von der Fragmentierung der Gesellschaft.« Gerade in Leipzig sind die sozialen Unterschiede besonders groß: Leipzig ist laut Statistik die ärmste Großstadt Deutschlands. In der »Armutshauptstadt« leben 19 Prozent der Bewohner unter der Armutsgrenze, 27 Prozent sind von Armut bedroht. Der bundesdeutsche Schnitt liegt bei knapp der Hälfte: 14 Prozent. Mit 12,5 Prozent hat Leipzig mit die höchste Arbeitslosenquote in Deutschland. 172
    Mit der Statusangst der gehobenen Mittelschicht lässt sich gutes Geld verdienen. Alle Investoren privater Wohnanlagen bieten ihren Kunden ein Sicherheitskonzept an. Manchmal gerät das zur Groteske und fordert genau jene Bedrohung heraus, vor der man sich eigentlich Schutz versprach. »Parkplatzsuche? Angst, dass Ihr Auto beschädigt wird? Unsicherheit in dunklen Nebengassen und Tiefgaragen? Das sind Sorgen aus der Vergan genheit. Willkommen in der Welt von CarLoft.« So bewirbt der Investor Johannes Kauka Luxus-Appartements, in die man sein Auto mitnehmen kann. Mit einem speziellen Lift gelangt man, ohne vorher auszusteigen, in seine Wohnung, das Auto parkt auf der Terrasse, man kann sich dann vom Wohnzimmerfenster aus beruhigt davon überzeugen, dass das eigene Schätzchen nicht auf der Straße angezündet wird. An der Ecke Rei chenberger Straße in Kreuzberg, dort also, wo es etliche Brandstiftungen gab, steht Deutschlands erstes Carloft. Selbst brennende Autos dienen manchen noch als Geschäftsgrundlage – die Bilder von Luxuskarossen in Flammen waren für Kauka gewissermaßen ein kostenloser Werbespot. Kauka, der wie alle Investoren seinen Kunden »alle Vorzüge der Großstadt und keinen ihrer Nachteile« verkaufen will, hat mit seinem Carloft erst recht Öl ins Feuer gegossen: Das Viertel antwortete mit Gewalt. Ein Carloft symbolisiert den Sieg des Privateigentums über Gemeinwohlinteressen, Kreuzberg ist eines der am dichtesten besiedelten Gebiete der Stadt – hier sind die sozialen Unterschiede besonders groß. Der Ausländeranteil ist mit 23 Prozent der zweithöchste Berlins. Die Arbeitslosenquote liegt bei 19 Prozent, das Nettoeinkommen pro Erwerbstätigem bei im Schnitt 800 Euro. An manchen Orten Kreuzbergs leben mehr als 70 Prozent der Kinder von Hartz IV, es gibt große Probleme mit Drogen, nirgends in der Stadt ist die Lebenserwartung niedriger. 173 Gleichzeitig liegen die Mieten hier teilweise bis zu 120 Prozent über dem Mietspiegel; in Kreuzberg-Friedrichshain sind die Mieten um durchschnittlich 7,2 Prozent gestiegen.
    Carloft, das weiße Gebäude, das so einladend aussieht wie ein Parkhaus, steht am Paul-Lincke-Ufer, es gehört zu den Höfen gleichen Namens. Für die weniger wohlhabenden Anwohner ist es nichts als Provokation. »Piss off« – diese beiden Worte haben die Bewohner des Altbaus gegenüber des Carloft an die Fenster geklebt. »Carlofts zur Ruine machen!« lautete das aggressive Motto einer Demonstration. Es klatschten Farbbeutel an die Fassade, Steine flogen in die Fenster des Carloft, insgesamt 20 Anschläge gab es. Während des Richtfests patrouillierten Polizisten und Wachleute mit Hunden um das Ge bäude, eine Zeitlang stand ein weißer Container vor dem Haus, rund um die Uhr von Polizisten besetzt.
    Seither schreckt die demonstrative Trutzburg vor allem die ab, die es vor derartigen Gewaltausbrüchen schützen soll: Nur sieben der Luxuslofts wurden verkauft. Jetzt macht Kauka lie ber Geschäfte dort, wo sich an der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich keiner stört und ein bewohnbares Parkhaus ein nettes Reichengimmick ist: in Frankfurt, München und Düsseldorf, in Warschau, Brüssel, Kapstadt, St. Petersburg, Mexico City und Abu Dhabi.
    Der Mann, dem so viel Hass entgegenschlägt, geht selbst ans Telefon, seine Handynummer steht auf der Carloft-Home page. Johannes Kauka zügelt seinen ausgeprägten Berliner Dialekt und sagt sehr förmlich: »Bitte haben Sie Verständnis, dass ich lieber nicht mehr mit der Presse sprechen möchte.« Dann lässt er seinem Frust freien Lauf. Er schimpft eine halbe Stunde auf die »Terroristen«, die seine Käufer vertrieben haben, auf die Intoleranz der Kreuzberger, auf die Presse, die ihn in

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