Wir müssen leider draußen bleiben
beobachtet zu werden. Es ist tatsächlich dörflich hier – nur dass die Bewohner die soziale Kontrolle durch ihre Nachbarn selbst gewählt haben.
Häußermann sieht in dieser Abschottung nicht eine reale Angst der Bewohner vor Verbrechen. Wohnprojekte wie dieses betrachtet er als Ausdruck der Furcht der Mittelschicht vor dem sozialen Abstieg. »Die Leute sichern sich in der Homogenität des Luxus’ ab. Sie suchen die Gemeinschaft gemeinsamer In teressen und wollen, dass auch ihre Kinder unter ihresgleichen aufwachsen«, sagt der Stadtsoziologe. Wenn man sich nur an den Griffen seiner Bulthaup-Küche festhalten kann, wird man schon nicht in den sozialen Abgrund rutschen.
Vor den Häusern stehen Neuwagen der gehobenen Mittelklasse: neue Golfs, Minis, aber auch Oberklassewagen wie Mercedes und Porsche. Die Menschen, die man hier sieht, sind entweder Männer in Anzügen, die aus dem Auto steigen und die Treppen zur Haustür hinauf eilen. Oder Mütter in den Dreißigern mit Kinderwagen, die mit den Augen rollen, wenn man sie mit dem Wort »Gated Community« anspricht. Man merkt, dass sie keine Lust haben, sich rechtfertigen zu müssen dafür, dass sie genauso empfinden, wie es der Werbeslogan des Investors verheißt: »Paradiesisch wohnen, mitten in Berlin.«
In den Prenzlauer Gärten leben Familien der gehobenen Mittelklasse im Alter zwischen 35 und 55, Medienschaffende, Juristen, Designer und Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes, vor allem Zugezogene aus Westdeutschland. »Berlin bekommt langsam wieder ein neues Bürgertum«, freut sich Willo Göpel, Projektentwickler der Prenzlauer Gärten. An dieses »zart wachsende Pflänzchen« richtet sich auch das Townhouse-Projekt: »Wir haben auf die bestehende Entwicklung gesetzt.« Es sei nicht die Elite, sondern die gehobene Mittelklasse, die sich für diese Wohnform interessiere. »Die kommen aus dem Reihenhaus und hätten gern wieder ein Reihenhaus.« Nur eben nicht spießig am Stadtrand, sondern in der Innenstadt. »Die Kunden wollen alles, und zwar sofort«, sagt Göpel, »sie wollen einen Eigenheimbau mit einem real geteilten Grundstück, einen eigenen Garten, eine eigene abschließbare Garage, ein Wohngeschoss mit 3,70 Metern Raumhöhe und eine Dachterasse.« All das hat ihnen der Investor, die Asset-Gruppe, mit den Prenzlauer Gärten so hingebaut. Deswegen war die Anlage binnen zehn Monaten komplett ausverkauft, ein weiteres Gebäude musste dazugebaut werden. Kundenwünsche sind die neue städtische Bürgerbeteiligung, und wenn die Stadt zur Privatveranstaltung wird, dann erfolgt ihre Gestaltung auch nach Privatgeschmack. Auch in den Prenzlauer Gärten gibt es drei Gestaltungsmodelle: Beim Modell »Liberty State« übernimmt der Kunde den Rohbau und lässt einen selbst ausgesuchten Innenarchitekten ran. Die wenigsten haben sich dafür entschieden. Sie wählten »Classic« oder »Modern«. Letzteres fand besonders viele Käufer: es ist »zeitgemäß junge Ästhe tik« 168 mit reduziertem Design, Philippe-Starck-Style mit Industrieparkett und schwarzem Schiefer im Bad.
Göpel, Historiker, Architekt und PR -Experte, hat bereits die Paul-Lincke-Höfe in Kreuzberg betreut, ein ähnliches Luxusobjekt für Wohnen und Gewerbe, das für heftigen Protest im Kiez sorgte. Wie alle anderen, die von solchen Anlagen profitieren, lehnt auch er den Begriff der Gated Community ab. »Das ist wie ein stinknormales Mietshaus«, sagt er, da sei ja auch nicht den ganzen Tag die Türe auf. Dass in den Prenzlauer Gärten einmal der Zaun geschlossen sein könnte, schließt er nicht aus: Jahrelang stand das Tor zu den Paul-Lincke-Höfen offen. Dann mehrten sich die Einbrüche. Seither ist das Tor nachts zu.
Arkadien hinter Mauern
Ein fester dunkler Metallzaun bildet eine neue Grenze dort, wo Deutschland einmal durch eine Mauer geteilt war. Entlang des Zauns hängen Bewegungsmelder an Masten, und Überwachungskameras folgen einem leise summend, wenn man am Zaun vorbei spaziert und einen Blick auf die dahinter befindlichen, gefälligen Villen wirft, die in hellen Farben irgendwas zwischen Toskana und Berliner Stadtschloss nachzuahmen scheinen. Dazwischen wachsen Rosen, Hibis kus und, jawohl, Glyzinien. Zumindest soweit man das von draußen erkennen kann, denn dieser 23 000 Quadratmeter große Teil des Unesco-Weltkulturerbes Glienicker Horn, von dem aus der Blick über die Havel aufs Babelsberger Schloss besonders schön ist, ist einer geschlossenen Gesellschaft vorbehalten. Hier steht seit
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