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Wir müssen leider draußen bleiben

Wir müssen leider draußen bleiben

Titel: Wir müssen leider draußen bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Hartmann
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Hochhäuser Frankfurts. Mit dem alten Redaktionsgebäude der Frankfurter Rundschau und dem Verwaltungsgebäude der Hoechst AG nebenan ergab das ein einzigartiges Ensemble der Nachkriegsarchitektur. Im Hoechst-Gebäude befindet sich jetzt ein Luxushotel, die anderen Gebäude wurden zugunsten des Konsumtempels abgerissen. Im Osten der Stadt steht das Skelett der ehemaligen Großmarkthalle, ein bedeutendes Denkmal der Industriearchitektur der 20er Jahre, erbaut von Martin Elsässer. Vor zehn Jahren noch herrschte hier ein bunter Betrieb, vorne die Lkw s, die be- und entluden, hinten ein Güterbahnhof und der Osthafen mit seinen Industriekränen. Das Gelände und die Halle waren zugänglich für jedermann, in den Imbissbuden gesellten sich in den frühen Morgenstunden Nachtschwärmer zu Lkw -Fahrern, Tagelöhnern, Gemüsehändlern und Obdachlosen, die sich hier wärmten. Das Ostend, damals noch geprägt von Resten solcher alten Industriebauten, ein ehemaliger Arbeiterstadtteil, bot lange Zeit günstigen Wohnraum für Migranten, Studenten und Alte. Heute ist er gekennzeichnet von Galerien, edlen Clubs und Restaurants in aufwändig renovierten Brauereien und Fabrikhallen. Direkt am Main ist, wie am ehemaligen Westhafen, ein luxuriöses Wohnviertel mit kastenförmigen bunten Häusern entstanden. Wenn es dunkel ist und die riesigen Fenster hell erleuchtet sind, wirken sie wie große Adventskalender des Luxus-Lifestyles.
    Allein die Ankündigung, dass die europäische Zentralbank in die Großmarkthalle ziehen werde, hat eine Aufwertung des Viertels ausgelöst. Die Großmarkthalle, Baudenkmal und Identifikationsgebäude der Frankfurter, wird für sie nicht nur nicht mehr zugänglich, sondern auch kaum mehr zu sehen sein: zwei gigantische Hochhäuser und ein Umbau werden das Gebäude für immer verstecken, obwohl aufgrund des Hochhausrahmenplans eigentlich keine mehr hätten gebaut werden sollen. Hinter der Großmarkthalle am Main, an einem der schönsten Plätze der Stadt mit Blick auf Fluss, Skyline und Elsässers monumentales Werk, stand bis vor kurzem ein selbst organisiertes Café: Bierbänke unter Industriekränen, Holzloren am Ufer. Es musste schließen, es passt nicht mehr ins Gefüge, ein teures Etablissement aus Glas und Stahl soll jetzt für die Banker dort hingebaut werden.
    In einem anderen Fall beschloss die Frankfurter Börse, die im Stadtteil Hausen in einem gigantischen Komplex aus acht Gebäuden residierte, den Finanzplatz Frankfurt zu verlassen. Sie zog in die Nachbargemeinde Eschborn, weil dort die Gewerbesteuern niedriger sind. Auch das auf Kosten der Allgemeinheit, die Stadt Frankfurt verliert damit einen wichtigen Steuerzahler. Die Börse will mit dem Umzug jährlich bis zu 100 Millionen Euro Gewerbeabgaben sparen. 185
    Als »My Zeil« im Februar 2009 eröffnete, kamen 120 000 Menschen. Zugegeben, es sieht spektakulär aus: In der Mitte der Fassade erkennt man ein riesiges tunnelartiges Loch, das sich nach innen verjüngt und wie ein Strudel wirkt. Im Einkaufszentrum mit dem besitzanzeigenden Fürwort im Titel befindet sich auch eine von zwei europäischen Filialen des kalifornischen In-Labels Hollister, das zu Abercrombie & Fitch gehört. Es ist der einzige Laden ohne Schaufenster, durch die verdunkelten, teils mit Fensterläden verschlossenen Scheiben kann man nichts erkennen. Vor dem Eingang hängt eine Absperrkette, wie man sie von Clubs kennt, eine lange Warteschlange steht dahinter und wartet, vom Türsteher eingelassen zu werden. Es ist nicht so, dass das Geschäft überfüllt oder gar zu klein wäre; es ist ja der zweitgrößte Laden im Erdgeschoss. Also wohl dem, der sich exklusiv die langweiligen Baumwoll-T-Shirts anschauen oder gar kaufen darf, die auch nicht anders aussehen, als bei H&M. Doch deren Filiale befindet sich im veralteten 90er-Jahre Einkaufszentrum Zeil-Galerie nebenan.
    »Die erstaunliche Leistung [der Konsumgesellschaft] beruht auf der Besetzung des Raums, der sich zwischen menschlichen Individuen erstreckt, durch Konsumgütermärkte; jenes Raums, in dem die Fäden gesponnen werden, die Menschen miteinander verbinden, und in dem die Zäune gebaut werden, die sie trennen«, schreibt Zygmunt Baumann in Leben als Konsum . Im Obergeschoss von »My Zeil« verbringen mittellose Jugendliche ihren Nachmittag zwischen den Schaufenstern von Deutschland größtem Saturn (»Geiz ist geil!«) und der Aussicht auf die Zeil, die umsatzstärkste Einkaufsmeile Deutschlands.
    Herumlungern,

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