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Wir müssen leider draußen bleiben

Wir müssen leider draußen bleiben

Titel: Wir müssen leider draußen bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Hartmann
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Skateboard fahren, Alkohol trinken und Betteln ist hier nicht mehr erwünscht, so wie in allen großen Städten, deren öffentlicher Raum der ungestörten Konsum stimmung geopfert wird. Viele Fußgängerzo nen sind deshalb so genannte Business Improvement Districts, teilprivatisierte Räume, in denen eine saubere Konsumatmosphäre geschaffen werden soll, von der alle ansässigen Geschäfte profitieren. Dazu gehört auch, dass alles, was im Verdacht der Armut steht, verschwinden muss: Billigläden, Resterampen und Eckkneipen. In solchen teilprivatisierten Räumen gibt es etwa ein zentrales Management für die Einkaufsstraße, eigene Putzkolonnen und Wachdienste. Die ansässigen Läden können ihr Hausrecht dann auch vor der Ladentür wahrnehmen und konsumschädliche Subjekte wie Bettler, Punks und Alkoholiker vertreiben lassen. Manchmal ganz offensiv durch Sicherheitskräfte und Polizei. Manchmal eher subtil durch die Architektur: es werden eben keine Sitzgelegenheiten mehr aufgestellt – oder nur noch solche, auf denen man nicht lange sitzen und schon gar nicht liegen kann. Es ist bezeichnend für diese Entwicklung, dass Wilhelm Heitmeyer und seine Kollegen in ihrer Untersuchung Deutsche Zustände von 2011 eine gestiegene Ablehnung von Obdachlosen feststellten: 38 Prozent der Befragten empfanden Obdachlose in den Städten als unangenehm. 35,4 Prozent sprachen sich dafür aus, dass bettelnde Obdachlose aus den Fußgängerzonen entfernt werden sollen
    ****** Name geändert

» Ein feiner Trick: das System zu kritisieren soll denen vorbehalten bleiben, die an ihm interessiert sind. Die anderen, die Gelegenheit haben, es von unten kennen zu lernen, werden entwaffnet durch die verächtliche Bemerkung, dass sie verärgert, rachsüchtig, neidisch sind.«
    Max Horkheimer in seinen Notizen 1950 bis 1969 186
    4. Die Macht der Eliten
    Warum sich die Reichen von der Gesellschaft verabschiedet haben und wie sie um ihren Vorteil kämpfen
    »Für ein wirksames Volksbegehren brauchen wir 61 438 Stimmen«, sagt der Mann mit den grauen Haaren und der runden Hornbrille. Er trägt einen Anzug, ein hellblaues Hemd und eine rote Krawatte. Sein schweißfeuchtes Gesicht sieht nach Arbeit aus. Es ist spät geworden an diesem Sonntag, Mitte November 2009, genaugenommen ist sogar schon Montag. Der Redner macht eine Kunstpause und schaut mit hochgezogenen Augenbrauen in die Menge; als sich dort ein aufgeregtes Kichern und Raunen breitmacht, grinst er und blickt auf seinen Zettel: »Ich sag jetzt die Zahl, ich mach’s kurz. Also, wenn man die Zahl der Briefwähler noch dazu zählt…« – das Gackern wird lauter – »…okay, lassen wir weg. Also, wir haben selber mit unseren Leuten gesammelt…«, – er wedelt mit den Händen und schreit dann: » EINHUNDERTZWEIUNDACHTZIGTAUSENDUND …« Doch die paar Zerquetschten gehen unter in hysterischem Jubel. Anzugträger und Frauen mit gepflegt blondierten Frisuren klatschen und hüpfen im Siegestaumel. Es sieht aus wie auf einer Party der FDP , als die noch Grund zum Feiern hatte. Das 50 Sekunden kurze Privatvideo 187 ist Dokument des Etappensiegs der Elite über die so zial Depravierten im Hamburger Bildungskrieg. Hier verkündet Walter Scheuerl, Initiator der vornehmlich großbürgerlichen Protestkampagne »Wir wollen lernen« das Ergebnis der Unterschriftensammlung für das Volksbegehren gegen die sogenannte Primarschule.
    Letztere war der wichtigste und revolutionärste Teil der Bildungsreform, die die schwarz-grüne Koalition in Hamburg beschlossen hatte. Die Primarschule hätte eine Verlängerung der Grundschulzeit auf sechs Jahre bedeutet. Zwei Jahre längeres gemeinsames Lernen nach skandinavischem Vorbild, in kleineren Klassen und mit zusätzlichen Lehrern, sollte vor allem sozial schlechter gestellte Schülerinnen und Schüler davor schützen, Opfer der allzu frühen Selektion nach der vierten Grundschulklasse zu werden. Es sollte nicht mehr von den Eltern, sondern von der Lehrerkonferenz entschieden werden, ob ein Kind das achtjährige Gymnasium oder eine Stadtteilschule besucht, also eine Art Gesamtschule, in welcher 2010 nach dem Hamburger Modell Haupt- und Realschule aufgehen sollten und in der das Abitur wie gehabt nach der 13. Klasse erworben werden kann. »Gucci-Protest« 188 nannte Die ZEIT den Aufstand von »Wir wollen lernen«. Denn die Initiative unter Führung des promovierten Anwalts Scheuerl, Seniorpartner der international operierenden Kanzlei Graf von Westphalen, setzte

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