Wir neuen Großvaeter
studiert. Als Naturwissenschaftler wolle er eine Möglichkeit erforschen, mit deren Hilfe ein ewiges Leben möglich sei. Auf meinen Einwand, dass dann auf der Erde in ganz kurzer Zeit kein freies Plätzchen mehr vorhanden sein würde, meinte er nur: »Dann kriegen das Mittel nur Leute aus der Familie.«
Es überrascht nicht, dass Leo â und manchmal auch schon Max â fasziniert sind vom Thema Tod und Sterben. Mag sein, dass sie von den Mumien und Skeletten in ihrer Spielzeug-Pyramide angeregt werden. Vielleicht sind es auch unsere gelegentlichen Besuche in den Kirchen mit ihren steinernen Sarkophagen und dem gekreuzigten Jesus.
Für Leo â den Erstklässler â ist Religion das Lieblingsfach. Begeistert erzählt er mir die Geschichte von David und Goliath und von Noah und seinen Söhnen, die eine Arche bauten. Zur Präsentation der biblischen Geschichten aus dem Alten Testament nutzt die Lehrerin offenbar moderne Projektionstechniken.
So wie ich Leo verstanden habe, stolzieren Moses und die Seinen als Trickfiguren durch das Rote Meer.
Die Geschichte von der Erschaffung der Welt in sieben Tagen kann Leo nicht nachvollziehen.
Dies mag an unseren gelegentlichen Diskussionen über ferne Sonnen und schwarze Löcher liegen, aber auch an den Kontakten seiner Eltern zu Naturwissenschaftlern. Wenn da ein Astrophysiker von seiner Theorie berichtet, dass der Urknall keineswegs mit dem Anfang des Universums gleichzusetzen sei, dann spitzt Leo die Ohren. Vieles, was er hört, mag für ihn noch unverständlich bleiben. Ãber manches grübelt er heftig, zumal Star Wars zu seinen Lieblingsserien gehört und er einen Weltraumbahnhof, ein Generationenraumschiff und das dazugehörige Personal aus Legosteinen gebastelt hat. Meine Rolle in diesem Ensemble ist die des »Meisters Yoda«, ein führendes Mitglied im Hohen Rat der Jedi. Dort bin ich zwar ein Winzling mit langen Ohren, aber meine Weisheit ist grenzenlos.
Leos Weltsicht besteht momentan aus einigen Protagonisten des Alten Testaments , der Idee von einem zeitlosen Universum und ein paar AuÃerirdischen aus der Trickkiste Hollywoods. Leo und Max verfügen über religiöse Basisinformationen, kennen die Bedeutung christlicher Feiertage und freuen sich jedes Jahr wieder auf St. Martin, mit dem sie um die Häuser ziehen.
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Als Kleinkind im katholischen Böhmen bin ich getauft worden und war als Knabe zwei Jahre lang Messdiener in der Bonifatiuskirche. Während des Hochamts an hohen Feiertagen habe ich den Weihrauchkessel geschwenkt und das »Kyrie eleison« gesungen: Herr, erbarme dich!
Seitdem sind Jahrzehnte ins Land gegangen. Ich habe die Welt bereist, war in buddhistischen Klöstern und gotischen Kathedralen, lernte weise Menschen kennen und arge Rüpel. In Mexiko und Peru habe ich mit eigenen Augen gesehen, was Barbaren im Zeichen des Kreuzes anrichten können. Aber auch was Menschen der Kirche gegen Willkür und Gewalt tun, wenn sie als Arbeiterpriester entrechteten und gedemütigten Landsleuten zur Seite stehen.
Der NASA -Wissenschaftler Jesco von Puttkamer hat mich mit seiner Arbeit den Rätseln des Universums nähergebracht. Denn der bestirnte Himmel bleibt für mich ein einziges groÃes Wunder. Mindestens 50 Milliarden Planeten soll es nach Schätzungen amerikanischer Astronomen allein in unserer MilchstraÃe geben. 500 Millionen von ihnen befinden sich in einer Zone, die das Entstehen von Leben ermöglichen könnte. Ein genial konstruiertes System, dessen Dimensionen sich unserem Vorstellungsvermögen entziehen. Der mittelalterliche Philosoph Giordano Bruno ging von einem intelligenten, mit Bewusstheit erfüllten Universum aus. Eine Idee, die mich berührt.
Es ist nicht nur der gewaltige Sternenhimmel, der mich in klaren Sommernächten mit Staunen und Demut erfüllt. In jedem Grashalm, jedem Käfer, jeder Mikrobe steckt dieses intelligente System, das wir Leben nennen.
Während meiner Managerseminare in der Bretagne stellten wir uns in langen nächtlichen Gesprächen die immer gleichen Fragen: Woher komme ich, wohin gehe ich, was ist der Sinn unseres Lebens?
Allein, dass wir diese Fragen formulieren, sagen die griechischen Philosophen, sind wir schon auf dem Weg zur Antwort.
In meinen Fernsehsendungen habe ich mit Menschen gesprochen, die an der Schwelle des Todes ein wunderbares Licht gesehen haben. Sie beschrieben diese Erfahrungen
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