Wir neuen Großvaeter
Glück, wenn
Fürsten, Philosophen, Dichter und Gelehrte in ihr Haus traten, an ihrem runden Tisch Platz nahmen? Natürlich fühlte sich die »Frau Rath« geschmeichelt. Sogar Louise, Königin von PreuÃen, machte ihr ihre Aufwartung und ein glitzerndes Geschenk. Fast täglich erreichten Elisabeth Bittschriften, Anfragen und Briefe, die eigentlich dem berühmten Sohn galten. Von der Mutter erhoffte man sich wohlwollende Empfehlungen und engagierte Fürsprache.
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Berühmt geworden ist die Anekdote, als der vierjährige Knabe Johann Wolfgang â Mutter nannte ihn »Hätschelhans« â aus purem Ãbermut Stück für Stück des neuen Kindergeschirrs aus dem Fenster auf die StraÃe warf. Die Brüder von Ochsenstein im Haus gegenüber machten sich einen Spaà daraus, ihren kleinen Freund anzufeuern: »Noch mehr, noch mehr!« Und so flogen nach und nach auch Tonwaren aus der Küche von Mutter Aja in hohem Bogen auf die StraÃe. Als die Frau Rath nach Hause kam, zog Wölfchen beschämt den Kopf ein und erwartete ein Strafgericht. Immerhin war fast der gesamte Hausrat zu Bruch gegangen, und der nächste Topfmarkt war erst zwei Wochen später angesagt.
Mutter Elisabeth hörte sich die Erklärungen des kleinen Ãbeltäters geduldig an, in der auch die Anfeuerungen durch die Nachbarkinder eine Rolle spielten.
Als Wölfchen geendet hatte und traurig auf all die Scherben wies, die auf der StraÃe lagen, da begann die Mutter schallend zu lachen, nahm ihren Sohn in den Arm und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
Danach kehrte sie mit einem groÃen Besen die Trümmer von der StraÃe. Zur Verwunderung von Goethes Vater standen am
Abend weder Suppe noch Braten auf dem Tisch, sondern nur Brot und Wurst auf einem Holzbrettchen. »Stell dir vor, ich habe beim Kochen das ganze Geschirrbrett heruntergerissen«, soll die Frau Rath zu ihrem Mann gesagt haben. »Alle Teller und Töpfe sind kaputt. Deshalb müssen wir fürs Erste ein paar Tage kalt essen.«
Beim nächsten »Dippemarkt« kauften Wölfchen und seine Mutter vergnügt Ersatz für das zerdepperte Geschirr ein und hüteten ihr Geheimnis ein Leben lang.
Goethe â ein liebevoller GroÃvater
Die Enkel Walther und Wolfgang begleiteten den Dichter auf seiner letzten Reise
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Johann Wolfgang von Goethe â ein Name wie mit goldenen Buchstaben in Marmor gemeiÃelt. Als Dichter war er ein Genie, als Minister umstritten, als Naturwissenschaftler ein Vorbild. Als Mensch war er wankelmütig, wie fast jeder von uns. Als GroÃvater aber war er liebevoll, zärtlich und voller Hingabe für seine Enkel.
Die Geburt von Walther im April 1818 hatte der Dichter-GroÃvater mit einem Wiegenlied dem jungen Mineralogen verewigt. Der zweite Enkel â im September 1820 geboren â erhielt auf Goethes Wunsch den Vornamen Wolfgang Maximilian von Goethe. In Alma â geboren im Oktober 1827 â, seine einzige Enkelin, soll der Dramatiker geradezu vernarrt gewesen sein.
Goethe hatte seinem Sohn August und dessen Frau Ottilie die Mansarden des Hauses am Frauenplan ausbauen lassen, das »Schiffchen«, wie er es nannte. So fiel es ihm leicht, innigen Anteil am Treiben der munteren Enkelkinder zu nehmen.
Er erlaubte ihnen vieles, was die Umgebung mit Verwunderung registrierte. So durften beispielsweise die drei jederzeit in sein Arbeitszimmer kommen. Egal wie beschäftigt er war â Goethe war auch im hohen Alter ein arbeitswütiger Mensch â,
stets wurden sie herzlich empfangen, durften dort spielen und hielten den alten Herrn mehr als einmal von seinen Geschäften ab. Der Meister fühlte sich auch für ihre Ausbildung verantwortlich, stellte Hauslehrer ein und blätterte mit den Kindern in den mächtigen Folianten seiner Bibliothek. Oft lieà er anspannen und machte mit Walther und Wolfgang Ausfahrten in die Umgebung. Gemeinsam schlugen sie im Wald Steine aus den Felsen â Goethe besaà eine groÃe Mineraliensammlung â oder bestimmten Pflanzen, die sie sammelten und später in Alben klebten.
Als sich ihre besonderen Talente herausstellten â Walthers Musikalität und Wolfgangs Freude am Schreiben â, wurden die Buben sorgfältig gefördert. Nach jedem Theaterbesuch intonierte Walther, was er gehört hatte, und Wolfgang schrieb Rezensionen, die er mit dem GroÃvater besprach. Alma
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