Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
Friedensvertrag zwischen den Hells Angels und Bandidos war recht nett für die Öffentlichkeit inszeniert und ein Aufmacher für viele Zeitungen – aber in Wahrheit ein Blender. Das habe ich von Anfang an gesagt, und es hat sich auch bewahrheitet. Keine zwölf Monate später war Schluss mit lustig, und man schlug sich wieder fröhlich gegenseitig die Köpfe ein, als wäre nichts gewesen.
Nun muss man sich aber das ganze Theater einmal in Ruhe anschauen. Unzweifelhaft standen der Hells Angels MC und der Bandidos MC durch ihre jahrelangen, äußerst brutalen Auseinandersetzungen im Visier der Polizei. Dringend musste irgendetwas geschehen, spätestens nachdem es sowohl in Berlin als auch in Schleswig-Holstein zu blutigen Kämpfen zwischen den verfeindeten Clubs gekommen war. Das Bandidos-Chapter Neumünster und das Hells-Angels-Charter Flensburg wurden vom Landesinnenministerium verboten, und ein deutschlandweites Clubverbot der Hells Angels stand definitiv auf der Agenda der Frühjahrsinnenministerkonferenz vom 27. und 28. Mai 2010, also direkt nach dem groß verkündeten Friedensvertrag.
Da tun sich doch ein paar Fragen auf. Zum Beispiel: Warum haben sich die beiden Clubs nicht einfach in einer Kneipe getroffen und per Handschlag geeinigt? Das hätte zwar genauso wenig gehalten wie das große Tamtam im Büro der Anwaltskanzlei mit dem Hells-Angels-Anwalt. Die Fernsehbilder, die den Anwalt und die Präsidenten mit ihren dicken Zigarren auf dem Balkon der Kanzlei zeigten, waren ja schon irgendwie lustig.
Kommen wir zum Vertrag an sich. Der Schrieb allein ist schon lächerlich, aber Hauptsache vom Anwalt besiegelt. Wer sich dieses Schauspiel ausgedacht hat, kann ich nicht genau sagen. Jedenfalls wird der Eindruck erweckt, es handele sich um einen hieb- und stichfesten Vertrag, an den sich natürlich alle Parteien halten würden. Die beiden Rockerchefs selbst können sich das meiner Meinung nach nicht allein ausgedacht haben, dafür war er einfach zu gut formuliert. Andererseits würde wahrscheinlich kein wirklich seriöser Anwalt so zweifelhafte Passagen wählen. Gehen wir einmal ein paar Punkte durch:
Beide Parteien haben vereinbart, dass Hells Angels in Zukunft nicht in die Städte der Bandidos gehen und umgekehrt.
Mit welchem Recht oder auf welcher Grundlage wird denn irgendwem verwehrt, in andere Städte zu gehen? Wem gehören die Städte denn: den Bürgern oder den Hells Angels und Bandidos? Und was ist, wenn sich jemand das nicht verbieten lässt? Auch darauf haben die Jungs eine offizielle Antwort:
Beide Clubs haben abgesprochen, dass eine Zuwiderhandlung gegen die interne Vereinbarung sofort sanktioniert wird.
Da fragt man sich doch, wie so eine Sanktion aussehen würde. Hells Angel Frank Hanebuth redet von schärfsten Sanktionen, der Bandidos-Chef von Entsorgung. Was ist damit gemeint? Mord? Totschlag? Körperliche Gewalt? Konfiszierung der Bratwurst, die man an der Imbissbude in Berlin, Hannover oder sonstwo gerade essen will? Nein, alles Bullshit, hier geht es um Machtansprüche, Reviere und vor allem darum, die Geschäfte ungestört durchzuführen. So werden Konkurrenten ausgeschaltet. Wie schön, dass Deutschland öffentlich unter unser aller Augen dreist aufgeteilt wird. Warum unternimmt die Polizei nichts gegen solche öffentlichen Gewaltandrohungen? Keine Ahnung!
Beide Clubs nehmen keine Member oder Ex-Member des jeweiligen anderen Clubs auf.
Aber warum denn nicht, ihr harmlosen Rocker? Vor was oder vor wem haben eure Clubs Angst? Dass vielleicht einer dem anderen etwas erzählt, was nicht bekannt werden darf, wie zum Beispiel wer wen erschlagen, abgestochen oder abgeknallt hat?
Beide Parteien vereinbaren, dass innerhalb eines Jahres ab heute keine Neugründungen von Chartern beider Clubs erfolgt.
Na, das findet die Bevölkerung bestimmt richtig gut von euch. Wenigstens ein Jahr lang keine neuen Gruppierungen, die Omas erschrecken, Jugendliche verleiten, auf die schiefe Bahn zu geraten, kein Mord und Totschlag, keine Drogendeals … Daran schließt gleich die nächste Vereinbarung an:
Nach Ablauf dieses Jahres werden Neugründungen nur nach Absprache beider Clubs durchgeführt.
Es sei auch geplant, regelmäßige Gespräche zu führen, um Probleme zu verhindern. Probleme sollen dann regional gelöst werden. Von welcher Sorte von Problemen ist denn hier die Rede? Das sind doch alles nur Motorradfahrer, die gerne mit ihren Bikes durch die Gegend düsen, so zumindest die Selbstdarstellung der
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