Wir sehen uns in der Hölle: Noch mehr wahre Geschichten von einem deutschen Hells Angel (German Edition)
Gruppierung. Aber ergibt das Ganze einen Sinn, wenn man es einmal aus diesem Blickwinkel betrachtet: Brauchen friedliebende, normale Motorradclubs einen Friedensvertrag? Eigentlich nicht, könnte man meinen …
Erbitterte Feinde
Um den Rockerkrieg zwischen Hells Angels und Bandidos zu verstehen, müssen wir zum Ursprung der beiden Clubs zurückkehren und ihren Werdegang ein bisschen genauer anschauen.
Für die Hells Angels müssen wir zurück ins Jahr 1948, in die USA. Nach dem Zweiten Weltkrieg schloss sich eine Gruppe junger Männer zusammen, die Spaß am Motorradfahren hatten. Im Prinzip hätten es auch genauso gut Autos sein können, aber damals waren Bikes einfach billiger, leichter zusammenzuschrauben und vor allen Dingen wesentlich schneller. Man feierte gemeinsam, fuhr wild mit den Motorrädern umher, und viele Girls waren von dem wilden Chaotenhaufen ziemlich angetan.
Das Gerücht, dass sich bei den Hells Angels Ex-Piloten und Besatzungsmitglieder einer US-Bomberstaffel zusammengeschlossen haben, ist falsch. Richtig ist, dass ein Angehöriger einer Fliegerstaffel den Namen Hells Angels für die Jungs vorschlug. Sicherlich waren unter ihnen auch Kriegspiloten oder Fliegerstaffelangehörige, denn es gab ehemalige und aktuelle Fliegergeschwader, aber genau ist das nicht mehr bekannt.
Nachdem Sonny Barger 1957 zusammen mit anderen das erste Hells-Angels-Charter in Oakland, Kalifornien, gegründet hatte, begann etwa zwei Jahre später die Ausbreitung der Hells Angels quer durch die USA. Viele junge Männer fanden den Lifestyle der Hells Angels toll und wollten auch so sein, zumal viele der Jungs viel Freizeit hatten und nach den schweren Kriegsjahren nach Zusammenhalt suchten. Der Leitspruch »Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Respekt und Freiheit« galt für alle, und genau das suchten die Jungs.
Wie man sieht, begann alles ganz harmlos – eben als einfacher Motorradclub, für den sich die Hells Angels auch heute noch gerne ausgeben. Kriminelle Machenschaften gab es zu Anfang nicht, das begann erst so ab 1968. Natürlich gab es Saufgelage, Schlägereien, kleine Diebstähle von Bikes, Bike-Teilen und Ähnlichem, aber genau das befeuerte den Mythos der wilden Kerle. Ab Ende der sechziger Jahre kamen dann andere, härtere Sachen dazu. Wo Hells Angels sich trafen, wurde gesoffen, sich geprügelt, es wurden Drogen konsumiert und damit auch gedealt. Sie machten sich in der Security-Szene einen Namen, und in ihrem Umfeld waren viele Girls zugegen.
Einige Mädels hatten Westen an mit dem Schriftzug »Property of Hells Angels«, also Eigentum der Hells Angels, auf dem Rücken. Es gab viele Girls, die auf das Bad-Boy-Image der Hells Angels abfuhren. Sie wollten hinter einem solchen wilden Kerl auf dem Bike sitzen und mit ihm durch die Gegend düsen. Zumal die »normalen« Jungs Farmer, College-Studenten, einfache Arbeiter oder Angestellte in Ice-Cream-Shops, Burger-Buden, Werkstätten und irgendwelchen Firmen waren – Langweiler eben. Und die Tatsache, dass ständig heiße Girls bei den Hells Angels herumhingen, führte dazu, dass viele Jungs sich wünschten, zu dieser Truppe zu gehören. So war die Expansion in den USA und weltweit nicht mehr zu stoppen – ein gesellschaftliches Erfolgsmodell.
Durch Woodstock, Hippiezeit und Flower-Power-Bewegung und größer werdende Presseberichte wurde dieses Image noch gestärkt. In Europa blieb das nicht unentdeckt und fand auch hier Interesse. Irgendwann schwappte das Ganze dann wie so vieles aus Übersee nach Europa über.
Das erste Charter in Europa wurde 1969 in London gegründet, gefolgt von der Schweiz (1970) und Deutschland (1973). Zwei Jahre später kamen Österreich und Australien dazu, Kanada im Jahr 1977 und ein Jahr darauf die Niederlande. In den 80er Jahren kamen Charter in Dänemark, Frankreich und Brasilien dazu, in den 90er Jahren Neuseeland, Norwegen, Schweden, Südafrika, Italien, Finnland, Liechtenstein, Spanien, Belgien und Argentinien. Seit der Jahrtausendwende sind viele weitere Hells-Angels-Charter dazugekommen: Tschechien, Griechenland, Portugal, Chile, Kroatien, Russland, Luxemburg, Ungarn, die Dominikanische Republik, Türkei, Polen, Nordirland, Argentinien, Island, Malta und Thailand. Die Hells Angels sind also ein richtiger Exportschlager. Eine aktuelle Charterliste findet ihr im Anhang.
Die kriminelle Ausrichtung der Gruppierung wurde ab Mitte der 60er Jahre, also noch vor der weltweiten Expansion, langsam sichtbar. Hells Angels erkannten,
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