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Wir sehen uns in Paris

Wir sehen uns in Paris

Titel: Wir sehen uns in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kolloch Elisabeth Zöller
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geschlossenen Augen behält John seine Mitreisenden im Blick. Der Typ ihm schräg gegenüber ist hinter seiner Zeitung eingeschlafen. Am anderen Ende des Wagens unterhält sich ein Pärchen. Er nimmt nur Wortfetzen auf. Noch eine halbe Stunde, dann sind sie in Göttingen. Danach ein paar Stunden Aufenthalt mitten in der Nacht. Er kann nur hoffen, dass die Bahnhofsmission geöffnet hat.
    Wenn er allein unterwegs wäre, würde er darauf pfeifen. Aber mit Isabella ist das anders. Außerdem sieht es so aus, als mache sie jeden Moment schlapp. Jetzt ist sie auf der Zugtoilette. Ist sie sauer auf ihn? Dabei läuft es doch gut. Eben war ein Kontrolleur da, aber alles ist glatt gegangen. John hat ihm lässig die Karte vorgezeigt und er hat ihm noch die richtige Zugverbindung empfohlen. John hat nur mit halbem Ohr zugehört. Er hat seine eigenen Pläne.
    Jetzt ist der Schaffner wieder weg und die Luft ist rein. Freie Fahrt ins Wochenende. Ein paar Stunden noch und er ist in Saarbrücken. John freut sich auf seine Schwester.
    Er kriecht tief in seine Jacke. Irgendwie auch schade, denkt er. Er mag Isabella nämlich. Warum wollte sie so viel von ihm wissen? Was hatte sie gesagt? Erzähl mir von dir . Es klingt noch in seinen Ohren.
    Der Zug rattert und schaukelt in gleichmäßigem Takt. John schläft dabei fast ein.
    Da kommt Isabella zurück. Sie wirkt entspannt, richtig hübsch. Ihr Blick ist wach und sie sieht ihm direkt in die Augen. Er lächelt sie an.

Hannah setzt sich zu ihrer Mutter. Die Samstagszeitung liegt auf dem Küchentisch. Mama hat sie noch nicht angerührt. Vielleicht weil sie Angst hat, es könne etwas Schlimmes darin stehen. Aber nein, das ist Blödsinn. So schnell sind Zeitungen nicht. Und das Radio? Das steht stumm im Regal. Schweigt. Wie ihre Mutter.
    Hannah hat die ganze Nacht kein Auge zugetan. Sie hat ihr Handy nicht aus der Hand gelegt und immer wieder auf die Uhr gestarrt. Jetzt ist es 6:45 Uhr.
    »Wo ist Papa?«, fragt Hannah.
    »Er hat sich wieder hingelegt«, antwortet ihre Mutter. »Es hat ja keinen Sinn, wenn wir uns alle verrückt machen. In der Nacht hat er noch einmal mit der Bahn telefoniert. Er wurde sogar zum Zugführer durchgestellt. Aber der wusste auch nichts Genaues. Er erzählte nur von einem Mädchen und einem Jungen, die hinten im Zug hockten und in Hannover rausgesprungen sind.«
    Hannah ist wie elektrisiert. »Und was heißt das? War das Isa? Aber wer soll der Junge sein? Sie reist doch jetzt nicht mit diesem Fahrkartendieb durch die Gegend, oder?«
    Hannahs Mutter zuckt hilflos mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Astrid hat ja auch schon die Polizei in Hannover verständigt, aber die konnten ihr auch noch nichts Konkretes sagen. Sie gehen der Sache vor Ort nach und haben Astrid gebeten, auf eine Meldung von Clara zu warten. Peter ist gerade auf Geschäftsreise und kann auch nichts machen. Vielleicht ist Isabella ja doch noch im Zug. Aber das kann ich mir kaum vorstellen.«
    »Und was sagt uns das jetzt?« Hannah fühlt sich schrecklich hilflos.
    »Dass sie vielleicht mit diesem Jungen in Hannover herumläuft. Aber warum sollte sie das tun? Im Zug war sie. Ich verstehe das alles nicht. Warum ist sie nicht im Zug geblieben und warum meldet sie sich nicht?«
    Jetzt zuckt Hannah ebenfalls mit den Schultern und starrt auf die Tischdecke.
    Ihre Mutter sieht sie nur stumm an, steht auf und stellt einen Topf Milch auf den Herd. »Ich mache dir einen Kakao.« Dann murmelt sie vor sich hin: »Arme Astrid.«
    Und die arme Isabella, denkt Hannah. Sie ahnt, dass das ganze Durcheinander mit dem Jungen zusammenhängt, versteht aber natürlich nichts. Gar nichts. Vor allem versteht sie nicht, dass Isabella nicht anruft. Die ruft doch sonst wegen jeder Kleinigkeit an. Warum jetzt nicht? Und außerdem hatte sie es doch versprochen.
    Der Kakao ist fertig. Hannah rührt in der Tasse. Sie mag nicht trinken. Etwas in ihrem Magen krampft sich zusammen. Und dann weint sie, bis Mama sie in den Arm nimmt.
    »Wir müssen nicht immer mit dem Schlimmsten rechnen. Aber du ziehst dich jetzt an. Wir fahren zu Astrid und warten auf einen Anruf von Clara. Die will zum Bahnhof und hofft, Isabella dort zu finden. Wir müssen jetzt einfach zusammenhalten.«

Verwundert reibt Isabella sich den Schlaf aus den Augen. Sie sind in Frankfurt. Es ist gleich 8:30 Uhr, die Sonne scheint, sie sind nicht kontrolliert worden, und John ist immer noch bei ihr. In Göttingen ist alles glattgegangen. Statt die ganze Zeit im

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