Wir sehen uns in Paris
Hannah zu. Gut gemacht, soll das heißen.
Einen kleinen Augenblick sagt niemand etwas, bis Hannah in die Stille fragt: »Und? Wollt ihr Isabella vielleicht jetzt endlich helfen?«
Papa räuspert sich. »Ich meine, wenn sie im Zug ist, ist sie relativ sicher. Ich mache jetzt Folgendes: Ich werde mich bei der Bahn erkundigen. Die können den Zug nach Paris anrufen und vielleicht herausfinden, ob Isabella wirklich an Bord ist. Vielleicht erinnert sich ja einer der Schaffner an sie. Astrid, du rufst in der Zwischenzeit Clara in Paris an.«
»Aber, Papa, wie soll die Bahn herausfinden, wer wo im Zug ist?«, wendet Hannah ein. »Die können doch nicht jeden Einzelnen nach seinem Namen fragen.«
»Ja, das stimmt wahrscheinlich«, gibt Papa zu. »Aber ich rufe trotzdem dort an. Ich kann nicht einfach herumsitzen und warten. Und Clara und Peter müssen wir auf jeden Fall anrufen. Sie müssen Bescheid wissen, wenn Isabella tatsächlich morgen früh in Paris ankommt. Vielleicht hat sich Isabella inzwischen sogar bei Clara gemeldet.« Dann sagt er: »Und ihr, Kinder, geht wieder ins Bett. Es ist schon nach elf. Wenn wir bis morgen früh nichts wissen, müssen wir Isabella bei der Polizei als vermisst melden.«
Hannah starrt ihn an, als wäre er von einem anderen Stern. »Papa, ich kann doch jetzt nicht schlafen! Ich muss wenigstens wissen, ob Isa im Zug ist.«
Papa nickt und verschwindet in seinem Arbeitszimmer und ruft an, während Astrid nach nebenan geht und mit Clara telefoniert. Hannah hört ihre Stimmen, kann aber nichts verstehen. Die Wartezeit kommt ihr wie eine Ewigkeit vor. Dann öffnet Papa die Tür und Hannah sieht sofort: Nichts hat sich geklärt. Wie auch? Wie kann die Bahn so schnell feststellen, wer im Zug ist? Und das Ganze noch bei Nacht.
»Nenn mir einen Grund, warum ich ausgerechnet dir vertrauen sollte.« Isabella schaut John herausfordernd an. Da bei hat sie ihre Entscheidung schon längst getroffen. Sie fährt zusammen mit ihm weiter. Er scheint Erfahrung mit kniffligen Situationen zu haben.
»Ich nenne dir sogar zwei Gründe, warum du mir vertrauen sollst«, antwortet John. »Erstens tut es mir leid, dass du meinetwegen Stress hast. Und zweitens willst du nach Paris. Da hinten kommt garantiert gleich der freundliche Schaffner. Der hat dich nämlich nicht vergessen. Und wenn du jetzt hier auf ihn warten willst, damit er dich zu deiner angeblichen Mutter in den anderen Zugteil bringt, kommst du dort garantiert nicht an. Also entscheide dich schnell. Wir haben nicht viel Zeit. Ich habe eine andere Lösung im Kopf. Und wenn du mitmachst, wird es klappen.«
Der Zug wird schon langsamer, fährt in den Bahnhof von Hannover ein. Hannah springt auf und folgt John zum Ausstieg. Als sie vor der Tür stehen, entdeckt sie im nächsten Waggon tatsächlich den Schaffner. Der hat sie auch schon gesehen und nickt ihr freundlich zu, kommt näher. Mist!
Hannah weiß jetzt, dass John recht hat. Sie müssen weiter. In diesem Zug kann sie sich nicht mehr durchmogeln. Und er hat schließlich einen Plan. – Soll etwa alles umsonst gewesen sein?
»Vertrau mir«, sagt John und reicht ihr die Hand.
Isabella sieht ihn an. Das mit dem Vertrauen ist nach der Aktion mit der geklauten Tasche so eine Sache. Doch sie hat beschlossen mitzumachen. Denn wenn es für sie noch eine Chance gibt, nach Paris zu gelangen, dann ist es diese. Also greift sie nach seiner Hand und sagt: »Einverstanden.«
Der Zug hält und in diesem Moment taucht der Schaffner hinter ihnen auf. Er lächelt Isabella und John an. »Alles klar, ihr beiden, dann bringe ich euch gleich mal in den richtig Zugteil.«
Isabella hat das Gefühl, dass ihre Beine nur noch aus Pudding bestehen. Sie versucht, ein normales Gesicht aufzusetzen, und nickt. Und da öffnet sich mit einem Zischen die Zugtür.
»Jetzt!«, murmelt John und packt Isabellas Hand noch fester.
Er springt aus dem Zug, zieht sie mit.
»Hey, was soll das? Bleibt stehen!« Hinter sich hört Isabella die erstaunte Stimme des Kontrolleurs. Sie rennt, so schnell sie kann – den langen Bahnsteig runter, vorbei an den aussteigenden Reisenden. Johns Hand zerrt an ihr. Folgt ihnen der Schaffner? Isabella wagt nicht, sich umzudrehen. Schneller!
Dann sind sie an der Treppe. Die Rolltreppe ist vollgestopft mit Menschen und ihren Koffern. Also die Steinstufen hinunter. Ein stechender Schmerz fährt durch Isabellas Bein. Sie keucht kurz auf. Jetzt bloß nicht stolpern!
Unten im Bahnhof schaut Isabella
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