Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir sind die Nacht

Wir sind die Nacht

Titel: Wir sind die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hohlbein Wolfgang
Vom Netzwerk:
Griff war hart genug, um ihr den Kehlkopf zu zerquetschen. Sie wollte schreien, bekam aber keine Luft.
    »Meinetwegen«, sagte er lächelnd. »Soll mir recht sein. Ich mag es sowieso etwas härter.«
    Wie zum Spaß schlug er sie noch einmal und lockerte den Griff gerade lange genug, um sie einen röchelnden Atemzug nehmen zu lassen. Dann drückte er wieder fester zu und schob sie an der Wand höher, so dass sie mit den Füßen nur noch hilflos in der Luft strampeln konnte. Zugleich demonstrierte er, was für eine gewaltige Kraft tatsächlich in seinen Pranken lag, indem er ihr mit einer einzigen Bewegung die Jeans herunterriss. Das Geräusch, mit dem die Nähte aufplatzten, klang so, als würde ein Messer durch nasses Fleisch schneiden.
    Vielleicht war es dieser Gedanke, der ihr die Kraft gab, sich noch einmal loszureißen. Er ließ ihre Kehle los, und sie sackte an der Wand zu Boden, wo sie zitternd liegen blieb und mit rasselnden Atemzügen Luft in die Lunge sog.
    »Du bist eine ganz schöne Wildkatze, wie?«, sagte der Russe.
    Lena nahm eine schattenhafte Bewegung aus den Augenwinkeln wahr, dann explodierte ein dumpfer Schmerz in ihrem Leib. Er hatte sie gerade hart genug in die Seite getreten, um ihr nicht die Rippen zu brechen. Vielleicht hatte er ja Angst, sich an den Knochensplittern zu verletzen, wenn er über sie herfiel, dachte sie halb hysterisch, halb schon am Rand einer Ohnmacht, aus der sie vielleicht nie wieder aufwachen würde.
    Warum sagte sie ihm nicht einfach, was er wissen wollte? Dann würde er sie wenigstens so lange am Leben lassen, wie er brauchte, um seine Brieftasche zu holen und nachzusehen, ob noch alles da war, was er so dringend brauchte - vermutlich dieses winzige Notizbuch -, aber sie bezweifelte, dass sie allzu
große Freude an dieser Zeit haben würde. Außerdem würde er dann ihre Mutter töten.
    Sie hätte erwartet, dass dieser Gedanke sie kaltließ, aber das Gegenteil war der Fall: Sie geriet endgültig in Panik und sprang auf. Anscheinend fand er ihren Widerstand spaßig genug, um sie auf die Beine kommen und an sich vorbeistürzen zu lassen.
    Als sie die Klinke herunterdrücken wollte, packte er sie, schleuderte sie zu Boden und trat ihr mit einer hundertfach geübten Bewegung die Füße auseinander. Dann kniete er sich zwischen ihre Beine und hielt sie mit der einen Hand nieder, während er mit der anderen nach seiner Gürtelschnalle tastete, um sie zu öffnen. »Wehr dich ruhig, Mädchen«, kicherte er. »Das macht mich richtig heiß.«
    Dass er es immer noch mit der gepflegten Aussprache eines Gentlemans sagte, machte es nur noch schlimmer. Pure Verzweiflung ergriff von ihr Besitz. Sie konnte nicht mehr denken. Ihre Welt bestand nur noch aus Angst. Wenn er sie umbringen wollte, gut. Aber warum quälte er sie so?
    Weil es ihm Freude macht, antwortete sie sich selbst. Weil es genau das war, was er unter Spaß verstand.
    Blindlings schlug sie um sich, traf sein Gesicht und seine nackten Schultern und hörte ein herzhaftes Lachen, das ihre Angst endgültig zu roter Panik werden ließ. Das Gesicht, das nun plötzlich über ihr hing, schien sich in eine schreckliche Dämonenfratze zu verwandeln, aus der sie ein Paar wunderschöner und abgrundtief böser Augen anstarrte. Sie schlug danach, um sie ihm auszukratzen, fügte ihm aber nur eine weitere Schramme auf der anderen Wange zu. Der Russe lachte jetzt noch lauter, schlug ihr fast spielerisch mit dem Handrücken ins Gesicht und griff dann nach unten, um seine Hose abzustreifen. Gleichzeitig beugte er sich noch weiter über sie, so dass sich ihre Gesichter fast berührten. Sie konnte seinen Atem spüren, der nach Zigarettenrauch roch, nach teurem Alkohol und nach Blut.

    Schlagartig stellte sie jeden Widerstand ein und entspannte sich, und er hörte mit dem auf, was immer er zwischen seinen Beinen tat. Eine Mischung aus Überraschung und Misstrauen erschien in seinen wasserklaren Augen.
    »Hör auf«, bat sie. »Du musst mich nicht zwingen. Ich tue alles, was du willst, aber tu mir nicht weh. Bitte.«
    Das Misstrauen in seinem Blick nahm noch einmal zu, und die brutale Kraft, mit der er sie mit den gespreizten Fingern seiner Linken gegen den harten Beton presste, ließ nicht um eine Winzigkeit nach. »Was hast du vor, Mädchen?«, sagte er. Sein Gesicht war jetzt ganz dicht, und der warme, lebendige Geruch nach Blut war beinahe mehr, als Lena ertragen konnte. »Ist das ein Trick?«
    »Nein«, versicherte sie ihm. »Ich will nur

Weitere Kostenlose Bücher