Wir sind doch Schwestern
gab es Schweinekotelett mit Salat und Bratkartoffeln, die hatte Katty sich gewünscht, als Erinnerung an den Abend, an dem sie alles ausgeheckt hatten. Als Nachspeise Waffeln mit heißen Kirschen. Es war ein Festmahl, dabei war noch nicht einmal ganz sicher, ob der Landwirtschaftsminister die Zeit aufbringen könnte, bis zum Dessert zu bleiben.
Katty hatte den Zumkleys gut zureden müssen, ihnen war das alles zu viel, sie wussten nicht einmal, wer dieser Minister überhaupt war. Ihr Interesse galt allein dem Geschehen auf dem Hof, und als Katty versucht hatte, sie von dem Fest zu überzeugen, war sie auf einmal nicht sicher gewesen, ob die beiden überhaupt schon mitbekommen hatten, dass der Krieg zu Ende war. Sie hatte sich um alles gekümmert, hatte für Herrn Zumkley einen Anzug von ihrem Vetter Heinz organisiert und für Frau Zumkley ein Kleid. Dann hatte sie ihnen erklärt, dass ihnen zu Ehren ein wichtiger Mann aus Düsseldorf käme, dass sie aber nicht viel tun müssten, da sein und sich freuen, das sei alles, was man von ihnen verlange. Der Knecht und seine Gattin hatten schließlich eingewilligt, aber nicht etwa glücklich, sondern eher so, wie man eine unangenehme Dienstanweisung befolgt. Nicht schlimm, hatte Katty gedacht, wer schweigt, der kann auch keinen Unsinn reden.
Ein bisschen panisch wurde sie nun aber doch, als die Herren vom Nordwestdeutschen Rundfunk mit ihrem Aufnahmewagen angereist kamen.
Noch bevor Katty sie herumführen konnte, baten sie darum, den Jubilar kennenzulernen. Man wolle ihn für die Sendung am Samstag interviewen.
»Oh«, entfuhr es Katty, »ich weiß nicht, ob das möglich ist. Herr Zumkley ist ein sehr zurückhaltender und bescheidener Mensch. Ich glaube nicht, dass ihm das recht sein wird, so öffentlich zu sprechen.«
»Ach«, sagte der Reporter mit einer wegwerfenden Handbewegung, »es sind ja nur ein paar Fragen. Er soll uns einfach erzählen, wie es so ist hier auf dem Hof. Und wie er sich fühlt, wenn der Minister Lübke kommt, um ihn zu ehren.«
»Gut, meine Herren, ich werde mich darum kümmern. Darf ich Sie an eine unserer Hausdamen verweisen, die wird Ihnen den Hof und die Stallungen zeigen«, sagte Katty und lief, so schnell sie konnte, zu Heinrich ins Büro, um mit ihm zu besprechen, was der NWDR sich wünschte.
»Ja, dann soll Theodor Zumkley das bitte machen,« war dessen einziger Kommentar.
»Das kann er nicht, und vermutlich will er das auch gar nicht«, entgegnete Katty aufgeregt, »du weißt doch wie die Zumkleys sind. Was ist, wenn er eine Frage nicht beantworten kann? Wenn er nach dem Minister gefragt wird und zugibt, dass er ihn gar nicht kennt?«
»So sind die Menschen auf den Höfen eben, Katty. Geh zu ihm und überrede ihn zu diesem Interview. Das schaffst du schon. Und vielleicht kannst du ihm auch mit dem einen oder anderen Gedanken auf die Sprünge helfen«, beruhigte Heinrich sie und strahlte. Er war an diesem Tag ganz der souveräne Politiker, der dem Volk Vertrauen einflößte. Der hat gut reden, grummelte Katty innerlich, er muss Herrn Zumkley ja nicht rundfunktauglich machen.
Sie ging zu Theodor und Anna in das kleine Zimmerchen am Rande der Stallungen, wo die beiden gestriegelt und geschniegelt auf ihren Auftritt warteten. Katty setzte sich, erzählte vom Radio und davon, dass man Theodor interviewen wollte. Der ganze Hof und das ganze Dorf könnten dann am Samstag hören, was er gesagt hätte.
»Wie geht dat denn?«, bekam sie als Antwort.
Natürlich, dachte Katty, die Zumkleys kannten gar kein Radio, die Belegschaft hinten hatte keinen Empfänger. Sie ärgerte sich, dass sie nicht eher darauf gekommen war, und überlegte, wie sie es möglichst bildhaft und simpel erklären sollte.
»Die nehmen dein Reden auf, das ist ein bisschen so wie ein Silo. Da lagern die deine Stimme ein und holen sie später wieder vor. Genau wie das Getreide im Stall.« Theodor Zumkley guckte sie ungläubig an.
»Wat wollen die denn wissen?«
»Ach, nicht viel. Sag denen nur, wie schön es auf dem Tellemannshof ist und dass du hier seit sechzig Jahren glücklich bist.Vielleicht kannst du noch sagen, dass du sehr stolz darauf bist, dass der Herr Minister zu deinen Ehren auf dem Hof ist, und du dich freust, dass Heinrich Hegmann dieses Fest für dich ausrichtet.«
»Dat es aver viel«, war die einzige Reaktion, die der Knecht Katty schenkte. Sie überlegte.
»Weißt du was, ich bleibe einfach bei dir, wenn die Leute dich fragen. Dann kann ich dir
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