Wir sind Gefangene
dagegen, ich will bloß meine Möbel und Bilder geschont wissen ... Was raten Sie mir?« fragte sie mich. Ich zuckte die Achseln. Es fiel mir auch nichts weiter ein.
»Geben Sie Ihre Bilder dem Staat zur Aufbewahrung«, riet ich ihr, »es kommt sicher zu schweren Kämpfen.« Sie nickte, dachte eine kurze Weile nach und sagte dann aufgeheiterter:
»Wir sind ja alle Menschen ... Die Arbeiter haben sicher recht... Ich kann's verstehen ... Ich selber will ja gar nichts als meine Ruhe haben.«
»Wer ruhig ist, wird auch in Ruh' gelassen werden ... Sicher«, sagte ich und versprach, ihr bei jeder Gelegenheit beizustehen. Dasselbe taten ja auch die höchsten Machthaber. Ihre Freunde und Bekannten, wenn sie auch noch so reich waren, konnten sich auf sie berufen und waren somit geschützt.
Der Professor murrte schüchtern, lachte dann wieder nervös und erzählte von Haussuchungen in seiner Gegend. Man habe den Roten Schnaps gegeben, sei freundlich gewesen und sie seien wieder abgezogen. Es klang ein kleiner Hohn in seinen Worten.
»Jaja, Lieber, es kommt eine schwere Zeit ... Eine ganz furchtbare Zeit«, rief er halb seufzend und sah in die Luft. »Ich glaub', daß ein furchtbares Blutbad kommt, Herr Professor«, nahm ich das Wort auf, »aber es wär' alles zu vermeiden ...«
»Wenn die angesehendsten Professoren und Leute der Stadt an die Hoffmann-Regierung eine Kundgebung richteten, daß in München niemand ausgeplündert, beraubt und terrorisiert wird ... Ich meine, wenn die wirklich großen Leute hier gegen die entsetzlichen Lügen auftreten würden, die draußen verbreitet werden, und vermitteln wollten«, sagte ich.
»Aber das geht ja gar nicht... Wir kommen doch gar nicht dazu. Womöglich wird das als gegenrevolutionärer Akt aufgefaßt«, rief er und betonte die letzten Worte ironisch.
»Ja, dann ist eben nichts zu machen ... Die Leute sind, soweit ich sie kenne, sogar dankbar, wenn man wirklich helfen will«, meinte ich abermals.
»Ja! Ja! Lieber Graf, Sie sind auf dieser Seite ... Ich kann da nicht mit«, endete er.
Ich kam auf mein Atelier. Nebenan knirschte das Schloß auf, dann klopfte es bei mir.
»Um Gottes willen, Herr Graf, Herr Graf, helfen Sie mir... Ich war als Geisel verhaftet! ... Man hat mich wieder losgelassen, aber morgen soll ich mich wieder im Polizeipräsidium stellen und wieder interniert werden«, wimmerte mein Nachbar, ein dicklicher Maler. Er schlotterte und weinte fast.
»Aber gehn's?!... Warum denn? ... Setzen Sie sich doch! ... Das ist ja alles dummes Zeug!... Das ist sicher ein Irrtum!« rief ich und ließ ihn eintreten. Er berichtete, seine Nachbarin, eine hysterische Malerin, habe ihn den Kommunisten denunziert als gegenrevolutionären Spion.
»Sie kennen doch die Leute! Kommen Sie! Helfen Sie mir ... Ich will's Ihnen nie vergessen, nie!« flehte er.
»Ich kenn' zwar keinen, der auf der Polizei ist, aber kommen Sie, gehn wir hin«, tröstete ich ihn und ging mit ihm zur Polizei. Ohne weiteres fanden wir Eingang durch die Postenkette. Jeder dieser scheinbar so wilden Mäner lockerte sich sofort, wenn ich sie auf gut bayrisch anredete. Wir kamen durch, gelangten droben in eben jenes Zimmer, in welchem ich damals im Januar vernommen worden war. Das Hünenmädchen Hilde war da und noch einige hockten auf den Tischen, Männer mit Gewehren saßen herum und rauchten gemütlich Zigaretten, hinter den Stellagen standen wieder welche und suchten in Akten herum.
»Na, Graf? Was willst du denn?« fragte midi Hilde burschikos. Alle stellten sich um uns.
»Das ist doch der helle Wahnsinn, den Mann da zu verhaften! Der ist seit Jahr und Tag mein Nachbar! Ich bürge für ihn, jederzeit! Was liegt denn vor gegen ihn?« polterte ich gutmütig.
»Ja, der ist angegeben worden ... Gegenrevolutionär! ... Aber wenn du bürgst«, sagte ein Mann und rief Hilde zu:
»Schreib' einen Schein, daß nichts gegen ihn vorliegt.« Das Hünenmädchen ging in einen Nebenraum, ich hörte Schreibmaschinengeklapper und unterhielt mich beiläufig mit den Leuten. Hilde brachte einen Schein, der besagte, daß mein Nachbar unter dem Schutz der Räteregierung stehe. Wir gingen. Der Gerettete wollte mich am liebsten umschlingen und versprach mir alles mögliche, immer wieder dankte er mit Handdruck.
Vor meinem Atelier traf ich Pegu. Er war schweigsam und übermüdet.
»Ich kann mich auch nicht verteilen ... Ich bin müd' jetzt«, sagte er und legte sich lang aufs Sofa. Ich wußte nur zu gut, daß er Rast
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