Wir sind nicht schwul (German Edition)
aus. Es war nur einer der anderen Jungs, der sich bei mir vorbei gedrängt hat, weil ich den Weg blockiert habe. Er nimmt schweigend seinen Platz am Bass ein und zupft ein paar Saiten. „Ich bin übrigens Tsuto.“
Entweder hat der Mann, der neulich noch auf dem Sofa saß, von Anfang an beschlossen, dass er mich nicht leiden können wird, oder er ist immer so drauf.
Wenig später tätschelt etwas anderes Warmes, Weiches meine Schulter und schielt mir ziemlich knapp am Kopf vorbei über die Schulter.
Ich hoffe so derartig, dass mein Kopf nicht allzu rot geworden ist!
Goddammit!
Sind hier alle so extrem direkt und hemmungslos, von Aufdringlichkeit ganz zu schweigen?
„Ich, Uchin, spiele die Gitarre.“
Den Namen werde ich mir nie merken und deshalb vielleicht schon. Das menschliche Gehirn ist schon eigenartig. Er hat echt einen bescheuerten Namn. (Diese absonderlichen Gedankengänge sollten alleine dazu dienen, meine Nerven zu beruhigen.)
Uchin ist übrigens das andere, süße Mädchen.
Schwarzes Haar, mit blauen Strähnen und ein paar Zöpfen. Blaue, gesprenkelte Augen (hundertprozentig Kontaktlinsen), sehr blass geschminkt, aber ebenfalls so stimmig, wie Puka, der grüne Kontaktlinsen trägt.
Eigenartiger Trend. Ich mit meinen weißen Kontaktlinsen passe da weniger hinein. Ich sehe eher so aus, als hätte ich keine Regenbogenhaut, oder gar Pupillen, aber das kann ich jederzeit ändern. Daran soll die Beziehung nicht scheitern.
Jetzt stehe ich schon weit genug von der Tür entfernt, sodass der andere auch noch vorbei kommt, ohne dass er mich unnötig anfassen muss.
„Und ich bin Kurenai. Songschreiber und Sänger.“
Der, der am Tisch saß und mir mitgeteilt hat, dass ich einen Job habe, ist wohl auch der Leader der Gruppe.
„Freut mich sehr. Ich, wie ihr eh schon wisst, bin Finn. Mh“ – das will ich unbedingt noch anfügen – „ich spreche noch nicht all zu lange Japanisch und mache sicher noch viele Fehler und werde wahrscheinlich auch nicht alles verstehen. Nehmt mir das bitte nicht übel.“ Nach einem Jahr sollte ich allerdings „gut genug“ sein. Es ist lediglich höflich, darauf aufmerksam zu machen, dass man kein Muttersprachler ist.
„Hai“, bestätigen alle im Chor und machen damit lediglich klar, dass sie verstanden haben, was ich gesagt habe.
Gut, das wäre vorerst geklärt.
Die Band stellt sich auf und ich nehme einen Platz an der Wand ein.
„Die ersten paar Tage zeigen wir dir, wie wir arbeiten. Außerdem werden wir dir ein paar unserer Musikvideos zeigen, damit du sieht, worauf wir wert legen. Danach sehen wir, was wir mit dir machen und wie wir dich einbringen können. Alles klar?“
Haben sie auch das Konzert gesehen, bei dem ich alle mit meiner eigenen Musik überrascht habe? Wollen sie mich gerade deshalb in ihrer Gruppe haben? Bisher haben sie keine Anstalten gemacht, mich Vorspielen zu lassen. Großes Vertrauen, oder einfach nur Verzweiflung?
Hopefully ist es Vertrauen.
„Alles klar.“
Lächelnd warte ich ab, bis sie sich eingespielt haben, was nicht all zu lange dauert. Genau genommen gar nicht. Ob sie jeden Tag das Gleiche spielen, weil jeder sofort weiß, was zuerst an der Reihe ist? Üben sie gar für ein Konzert?
Wie auch immer.
Die Musik ist grauenhaft.
Was glaubt ihr, wie viel Anstrengung es mich kostet, mein Gesicht nicht schmerzverzerrt zu verziehen, weil das so was von gar nicht mein Geschmack ist? Extrem kitschig, unorganisiert und es hat keinen wirklichen Verlauf. Es ist nicht unbedingt schlecht und sie haben sicher Fans, sonst könnten sie sich nicht einmal Angestellte leisten, oder diesen Raum hier. Japanische Rockmusik ist gerne etwas chaotisch, vor allem die von jungen Leuten. Sie soll Freiheit symbolisieren, aber das hier erinnert an einen Kindergarten, trotzdem höre ich mir die Probe bis zum Ende an.
Ich sage nichts dazu.
Kurenai zeigt mir gleich darauf ein paar Videos, während die anderen im Übungsraum bleiben und ihre Instrumente weiter vergewaltigen.
Die Videos sind nicht besser, als die Musik selbst, die sie produzieren. Das erste Video beweist, dass sie sich bei Konzerten genauso geben, wie ihre Musik klingt. Eingekleidet in kitschige Kostüme, hopsen sie über die Bühne und singen/spielen ihre Märchenwelt kindergartenreif vor.
Es sind eigentlich ganz nette Geschichten, wenn auch nicht mehr, als „nur“ Geschichten, die keinen wirklichen Klang verpasst bekommen haben.
Sie spielen miteinander und haben ganz offensichtlich
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