Wir sind nicht schwul (German Edition)
Treffen, wir sind vor einer Tür stehen geblieben und eine der Säulen hat aufgemacht, damit ich eintreten kann. Was darauf folgt ist absolut unheimlich. Allein schon das Grinsen der Säule, die hinter mir die Tür schließt und mich tatsächlich alleine mit dieser Bande lässt!
Ist das so üblich?
Meine Umhängetasche schulternd, starre ich zielsicher in den Haufen von Kindern, denen ich gegenüber stehe. Eigentlich sollten sie in etwa so alt sein wie ich.
Ähm, ja, eigentlich. Und trotzdem sehen sie alle wesentlich jünger aus.
Das haben wir gemeinsam.
Und eigentlich sollten das Jungs sein, aber mindestens zwei von denen haben nur schwer vorstellbar schon jemals in ihrem Leben einen Rasierapparat gesehen.
Auch das haben wir gemeinsam.
Zwei der Jungs lagen sich gerade in den Haaren und hatten ihren Spaß, bevor ich ins Zimmer kam. Ich muss unweigerlich grinsen. Hat der eine gerade am Ohr des anderen geknabbert? Bloß nicht zu lange darüber nachdenken, Finn! Jetzt fühle ich mich wie zu Hause, abgesehen von dieser Ableckerei. Schon beschwingt mich dieses Gefühl von Vertraulichkeit.
Yepp, mit denen werde ich gut auskommen können.
Ein anderer Junge sitzt auf einem Stuhl, der wiederum auf dem Tisch steht, der wiederum mitten im Raum platz genommen hat. Was für eine dumme Raumaufteilung. Genau genommen sind es zwei Räume. Dieser Aufenthaltsraum mit Spiegeln und dann noch ein Raum – schätzungsweise der, in dem sie basteln. Da die Tür zu ist, kann ich dort aber noch nicht hineinsehen.
Kaum hebe ich grinsend die Hand, um mich vorzustellen, werde ich auch schon von einem der Raufbolde, der auf mich zugehopst kommt und eindringlich mein Gesicht mustert, unterbrochen. „Du schaust viel geiler aus, als auf den Plakaten!“
„Süß und niedlich, Puka, aber nicht geil“, korrigiert ihn der Kerl am Tisch.
Sollten es nicht eigentlich vier Jungs sein? Achja, der andere sitzt am Sofa und starrt mich genauso neugierig an, allerdings wesentlich ernster als der am Tisch.
Mir bleibt nichts anderes übrig, als leicht zu erröten und schweigend das Ding vor mir anzusehen, das mir für meinen Geschmack zu nahe gekommen ist. Wehe ihm, er knabbert auch an mir! Ich musste schon schielen, weil er mit dem Gesicht so nah an Meines heran gerückt ist. Nur noch ein paar Zentimeter mehr und ich könnte schwören, er …
„Es freut mich ebenfalls, dich kennen zu lernen.“ Dieser Spruch hat mich vielleicht gerettet, denn der, den sie Puka nannten, tritt einen Schritt weiter zurück und beißt sich vergnügt gackernd auf die Unterlippe.
„Tut uns leid, dass wir dein Vorspielen abgesagt haben, aber es ging doch darum, einen Job zu finden, nicht wahr? Du bist engagiert.“ Der ernste Junge auf dem Sofa erhebt sich und schlendert mir entgegen, die Hände in seinen Hosentaschen vergrabend. Hier gibt man sich wohl nicht die Hand, um sich vorzustellen, oder um sich zu begrüßen. Er hat mir wenigstens zugenickt.
Ungewohnt.
Ich werde mich daran gewöhnen.
„Es ist schon in Ordnung. Es erleichtert mir tatsächlich so Einiges. Und, ähm … danke“, bedanke ich mich hastig, ehe mich Puka an der Hand fasst und mich sofort gen verschlossene Tür zerrt. Das hat mich derartig überrascht, dass ich beinahe über meine eigenen Füße gestolpert wäre. Ich könnte schwören, der Kerl am Tisch und auch der, mit dem Puka gerauft hat, haben unverschämt wissend gegrinst.
Vor der Tür stelle ich noch schnell meine Geige ab, um sie nicht mit zu schleudern.
Wenig später stehe ich im zweiten Chaos-Raum. Überall liegen Papiere, Instrumente und Kabel auf dem Boden.
Wundervoll!
Genau so habe ich mir das vorgestellt (kein Sarkasmus).
Ich liebe es gleich noch mehr.
Verdattert bleibe ich an der Tür stehen, Puka hingegen stürmt zum Schlagzeug und macht klar, dass es sich um sein Instrument handelt. Puka ist übrigens eines der beiden Mädchen, die eigentlich männlich sein sollten. Ein verdammt niedlicher, junger Kerl, mit blondgefärbten, lockigen Haaren, geschminkt wie eine Eins – niedlichst und keinesfalls zu viel. Viele Frauen wären auf ihn neidisch, denn die meisten bekommen es nicht einmal halb so gut hin, er. Und noch dazu ist er sehr klein. Ich bin schon nicht groß, aber er ist mindestens neun Zentimeter kleiner. Nur seine Haare, die ihm zu Berge stehen, lassen ihn etwas größer wirken.
„Du bist also der Mann am Schlagzeug.“
„Yesss.“
Von hinten streift mich etwas Warmes, Weiches. Erschrocken weiche ich zur Seite
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