Wir sind nicht schwul (German Edition)
ich mich nicht, setze die Brille auf und krame meine Tasche aus dem Übungsraum hervor, während sich auch die anderen fertig machen. Puka hüpft dabei so aufgeregt um mich herum, sodass ich nicht ganz stolperfrei aus dem Raum komme.
„Nimm es mir nicht böse, du bist nett, aber ich kann kaum gehen.“ Uchin schlingt lachend einen Arm um die Schultern des Kleinen, der mich nicht mehr in Ruhe gelassen hat, seit wir das Haus verlassen haben, und hält ihn somit von mir fern, wofür ich ihm einen dankenden Blick schenke. Puka ist der Jüngste von allen, aber trotzdem schon satte achtzehn Jahre alt. Er sollte sich nicht so benehmen, wie er aussieht.
Niedlichkeit soll ihre Grenzen haben.
Kurenai erklärt mir ein paar Sitten und zeigt mir den einen oder anderen Shop, den ich demnächst aufsuchen sollte, oder kann, wenn ich wichtige Dinge brauche, wie einen Tarif, eine Versicherung oder etwas zu Essen.
So nebenbei habe ich ihn gefragt, wo wir sind.
Yokohama.
In der Nähe von Tokyo.
Also direkt an der Quelle.
„Und das ist der Bahnhof von Yokohama.“ Wir stehen vor einem großen Gebäude.
„Solltest du einmal flüchten wollen, kannst du das hier tun.“ Dafür hat Tsuto von Kurenai ein Schenkerl verpasst bekommen. Und ich? Ja, ich grinse gleich noch mehr und schlürfe mein Getränk – keine Ahnung, was genau.
„Das ist aber nicht der einzige Bahnhof. Da sind noch ein paar mehr. Mit dem hier kommst du aber am schnellsten nach Tokyo.“ Natürlich, wenn man die nötige Kohle dafür hat.
Als würde ich mich ernsthaft in diesem Gebäude zurecht finden. In Geografie war ich noch nie besonders gut und mein Orientierungssinn ist ebenfalls absolut ausbaufähig.
„Cool. Aber wenn ich von hier auf eigene Faust wegfahren sollte, werde ich wohl nicht wieder zurückkommen.“
„Wieso nicht?“ Puka hat sich normalisiert und hopst nicht mehr allzu viel herum. Er versteht sich trotzdem sehr gut darin, besonders niedlich auszusehen, egal in welcher Situation.
„Weil ich nicht mehr zurückfinden würde.“
Womit ich nicht andeuten wollte, dass ich gerne jemanden in meiner Nähe hätte, der auf mich aufpasst, aber ehrlich gesagt, wäre ich hier schon längst verloren gegangen, wenn die Vier nicht bei mir gewesen wären. Ohne sie wäre ich auch niemals heil am Bahnhof angekommen und verlaufen kann man sich hier sowieso überall.
„Du wirst dich schnell an das alles hier gewöhnen, und obendrein hätte dich Kurenai die zwei Wochen sowieso nicht aus den Augen gelassen.“
Tsuto sieht mich so an, als hätte ich irgendetwas Schlimmes angestellt.
„Das ist überhaupt nicht notwendig!“ – Wende ich mich direkt an den Leader – „Ich wäre einfach nur so weit gegangen, wie es eben nötig gewesen wäre.“
„Was hast du von Japan, wenn du nichts davon sehen kannst? Und das nur, weil du dir selbst im Weg stehst? Das hier sind ja nur ein paar kleine Teile von Japan. Es gibt viel mehr zu sehen, als die paar Straßen hier. Wir haben zum Beispiel auch einen Zoo. Wie wäre es damit?“ Ein Zoo? Was interessiert mich das? Und außerdem, wollte er vermutlich eher sagen: Bitte, bitte, lieber Finn, gehst du mit mir Tiere angucken?
Schief lächle ich ihn an und muss mich echt zusammenreißen, um dem Kleinkind nicht über den Kopf zu wuscheln. „Mal sehen, was die Zeit erlaubt. Wann habt ihr das nächste Konzert?“
„Nächste Woche. Je nachdem, wie schnell wir mit dir vorankommen, kannst du schon daran teilnehmen oder auch nicht. Es ist ein kleines Konzert. Vorher solltest du uns richtig kennen lernen und dich mit unserem Musikstil vertraut machen, damit es überhaupt Sinn macht.“ Mit seiner tiefen, rauen Stimme könnte Tsuto sicher auch toll singen.
„Klar. Wir werden sehen, was sich machen lässt.“
Sie haben sich für mich tatsächlich den ganzen Tag frei genommen. Unterwegs erwähnen sie so nebenbei, dass ich einmal die Woche frei habe, dann allerdings nur, wenn sie auch gerade Pause machen. Ob der heutige Tag schon dazu zählt?
Wenn sie sich nicht gerade ein bisschen Freizeit gönnen, verbringen sie den ganzen Tag zusammen und Proben. – Abgesehen von den Presseterminen und Konzerten.
Sie arbeiten schon zusammen, seit sie zehn sind, wie ich erfahren darf, und bemühen sich wirklich sehr. Ihr Grundkonzept ziehen sie seither durch und sind gar nicht so weit unten auf der Beliebtheitsskala, wie ich angenommen hatte. Kurenai meinte, dass das daran liegt, dass sie sehr ausgefallene Musik produzieren, die schnell
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