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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den Freund, der allein der Rache der Wilden ausgeliefert war.
    »Halt!« rief da der Panzerführer durch das Kehlkopfmikrofon. Das Maschinengewehrfeuer schwenkte ein, vor ihnen auf dem Weg lag ein Mensch!
    Er rührte sich nicht. Langsam fuhr der Panzer näher. Und plötzlich schrie der Bankier auf, riß die Luke auf und sprang, alle Vorsicht vergessend, auf die Erde. Er stürzte auf den liegenden Körper zu, nahm ihn in seine Arme und trug ihn den Soldaten zu, die ihm entgegengerannt kamen.
    »Dr. Perthes!« schrie er. »Er ist es! Peter, mein Junge.«
    Wolf von Barthey drückte den Kopf des Ohnmächtigen fest an sich, den blutenden, menschenunkenntlichen Kopf.
    Schon raste ein Sanitätswagen heran; Ärzte, in weißen Kitteln über den Uniformen, beugten sich über den zerschundenen Körper.
    Auf weißen Tüchern, über das hohe Ufergras gebreitet, zogen sie Dr. Perthes die zerfetzten Kleidungsstücke aus und wuschen die Wunden. Sie gaben Spritzen und legten Verbände an. Dann wurde der deutsche Kollege auf eine Bahre gebettet und in den Wagen geschoben.
    Wolf von Barthey wich nicht von seiner Seite – er kletterte mit in den Wagen und hielt die verbundene Hand des Ohnmächtigen.
    Die Panzerwagen drehten um und deckten den Rückzug der anderen Truppen – ihre Aufgabe war erfüllt.
    Fern, ganz fern, dröhnten die Trommeln.
    Dr. Cartogeno ruderte nach Zapuare zurück, vor sich im Kanu immer noch die Puppe.
    Und Umari meldete seinem Häuptling: Der weiße Zauberer kehrt nach Zapuare zurück! Wir haben unseren Kampf gewonnen! Er bleibt bei uns.
    Als Sapolàna die Wahrheit erfuhr, war Peter Perthes schon in Bogota und lag in einem weißen Klinikbett.
    Grell schrie der Große Häuptling auf und riß sich die Fetische vom Körper.
    In einer hellen Nacht starb stumm, an einem Pfahl lebendig über einem Feuer röstend, Umari für seinen Irrtum.
    Dann schwieg der Urwald. Riesenhaft, unerforscht, ein Meer von wogenden Wipfeln lag er unter der sengenden Sonne.
    Die Tukane pfiffen, Kolibris gaukelten graziös über die Flüsse. Der Tapir brach in die Ufer und trank das klare Wasser. Orchideen öffneten ihre Kelche und zeigten die Wunderpracht der eingefangenen Sonnenstrahlen.
    Die Urzeit lebte wieder. Wie eine Sage wog es um den Wald: Die Sage von der Erdenmutter Nungüi.
    In seinem Haus in Zapuare saß Dr. Cartogeno und wartete auf die Rache Sapolànas. Die Gewehre lagen schußbereit unter den Fenstern des Hauses.
    Aber der kolumbianische Arzt hörte nie mehr etwas von dem Großen Häuptling …

XV
    Die Rückkehr des Dr. Perthes aus der grünen Hölle Kolumbiens löste in Köln große Freude aus. Professor Window fuhr selbst nach Bremerhaven, um den Freund zu empfangen. Die Kunde seiner wundersamen Errettung und Heilung flog ihm voraus.
    Vertreter von Presse und Rundfunk standen am Hafen, um den berühmten Arzt zu interviewen. Eine Abordnung des Hamburger Tropeninstituts war erschienen, um ihm die Ehrendoktorwürde zu verleihen.
    Sie alle wurden sehr enttäuscht. Sosehr Wolf von Barthey auch bettelte, den Beleidigten spielte und mit dem Entzug seiner Freundschaft drohte, Dr. Perthes ließ sich nicht davon abhalten, bereits in Southampton an Land zu gehen und das Schiff mit dem Bankier allein nach Deutschland fahren zu lassen.
    Er wollte nur Stille. Keine Ehrungen, keine Reden, keine Preisverleihungen und sonstiges, selbst nicht ein Wiedersehen mit alten Freunden konnte ihn reizen. Allein, im Zwiegespräch mit sich selbst, wollte er den Heimatboden betreten. Ganz wollte er für sich das herrliche Gefühl auskosten, wieder zu Hause zu sein.
    Aber es sollte keine besinnliche Ruhe werden, die Suche nach dem Unbekannten, der das heilende Serum entdeckt und nach Zapuare geschickt hatte, stand im Mittelpunkt allen Denkens. An einem regnerischen Abend landete er in Hamburg. Unbekannt, unerkannt, einer der vielen Menschen, die jede Woche von England herüberkommen. Er ging, trotz des Regens, zu Fuß durch den dunklen, naßglänzenden Hafen, vorbei an den alten Fischerkneipen und modernen Bars, in denen rasch verdientes Geld noch rascher ausgegeben wurde. Er ging, seinen Koffer in der Hand, auf einen Stock gestützt, langsam die Reeperbahn entlang, den Jungfernstieg und dann das Alsterufer …
    In tiefen Atemzügen trank er die Luft. Deutsche Luft, dachte er. Herb, kühl und rein. Er dachte an die heißen feuchten Tage von Amorua, an die brennende Sonne und den faulenden Urwald. Während er an einer Brücke lehnte, die die Seitenarme

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