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Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Titel: Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Schaefer
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Auch neuere Untersuchungen von Glücksforschern bestätigen, dass die Lebenszufriedenheit typischerweise U-förmig verläuft und in den mittleren Jahren einen Tiefpunkt erreicht.
    Das Klischee, nach dem die Midlife-Crisis nur Männer befällt, scheint dagegen unzutreffend zu sein. Auch Frauen im besten Alter können von Grübelzwang oder impulsivem Verhalten heimgesucht werden, sagen Psychologen. Oder vom Konsumrausch, wie ich selbst in meinem Freundes- und Bekanntenkreis beobachten konnte: Sie kaufen sich vielleicht keine Harley und keinen Porsche, aber als Jugendlichkeitselexier können ja auch eine Designerhandtasche, Schmuck und fetzige Klamotten dienen.
    Typisch Frau, typisch Mann
    An dieser Stelle kann ich der Versuchung nicht widerstehen, einen kleinen Ausflug in die Welt von Mars und Venus zu machen. In den letzten Jahrzehnten haben Psychologen zahlreiche Differenzen im Denken, Fühlen und Handeln der Geschlechter aufgedeckt, Differenzen, die sich auch auf die Beziehung zu Dingen erstrecken. Wenn es um die Welt der Gegenstände geht, ticken Männer und Frauen außerordentlich unterschiedlich, so könnte man die Ergebnisse der einschlägigen Studien zusammenfassen. Dabei orientiert sich der Umgang mit Dingen immer noch an traditionellen Geschlechterstereotypen: Das »starke Geschlecht« benutzt Sachen vornehmlich, um Autonomie- und Freiheitsstreben auszuleben; dem »schwachen Geschlecht« dienen sie eher als Ausdruck von Häuslichkeit, körperlicher Attraktivität und der Verbundenheit mit anderen. Die Emanzipations- und Frauenbewegung der 1960 er und 1970 er Jahre mag in vielen Lebensbereichen zu grundlegenden Veränderungen beigetragen haben. Doch in der Beziehung zu Dingen hat sie offenbar relativ wenige Spuren hinterlassen.
    Als Mihaly Csikszentmihalyi und Eugene Rochberg-Halton in der 1 977 durchgeführten Chicago-Studie die Teilnehmer nach ihren Lieblingsdingen im heimischen Umfeld fragten, fielen ihnen die Unterschiede zwischen den Geschlechtern deutlich ins Auge. Zwar gab es durchaus Übereinstimmungen zwischen den männlichen und weiblichen Teilnehmern; so lagen Möbelstücke, Bilder und Bücher beiden Gruppen am Herzen. Doch insgesamt sahen die Hitlisten sehr unterschiedlich aus. Die Frauen zählten Pflanzen, Porzellan, Textilien und Fotos zu ihren sorgsam gehüteten Schätzen, alles Objekte, die Männer eher kaltlassen. Zu den Lieblingen der Männer dagegen gehörten Werkzeug, Fernseher, Stereoanlage, Sport- und Gartengeräte, Fahrzeuge und Trophäen, denen wiederum die Frauen nichts abgewinnen konnten. Entsprechend unterschiedlich fielen auch die Begründungen aus. Für weibliche Teilnehmer spielten Erinnerungen und die Verbundenheit mit anderen Menschen eine viel größere Rolle als für männliche. Dafür berichteten Männer häufiger, Objekte würden für sie körperliche Kraft und Leistungsfähigkeit repräsentieren. Selbst wenn Männer und Frauen die gleichen Dinge nannten, waren die Gründe oft verschieden. Ein Kamin beispielsweise mag für eine Frau Familie und Zusammensein symbolisieren, während er einen Mann eher an Urlaub in freier Natur und schöne Stunden am Lagerfeuer erinnert.
    Vergleichbare Unterschiede fand die Psychologin Helga Dittmar, als sie in den späten 1980 er Jahren eine umfangreiche Studie mit englischen Teilnehmern durchführte. Wie in der Chicago-Studie tendierten auch die von ihr befragten Frauen dazu, ihre geliebten Dinge mit einer beziehungsorientierten Brille zu sehen. Die Perspektive der Männer dagegen war vornehmlich von Aktivität, Funktionalität und dem Ausdruck der eigenen Persönlichkeit und Leistungskraft bestimmt. »Männer und Frauen scheinen sich mit ihren Besitztümern auf recht verschiedene Art und Weise zu identifizieren«, so das Fazit der Wissenschaftlerin.
    Dittmar geht davon aus, dass diese Unterschiede der materielle Ausdruck dessen sind, was man kulturelle Geschlechteridentität nennt. Ein einzelner Mensch mag den Eindruck haben, seine Gefühle und Gedanken bezüglich eines geliebten Gegenstandes stellten eine höchst individuelle Angelegenheit dar. Doch tatsächlich wird die Beziehung zu Dingen stark durch die Werte und Rollen bestimmt, die eine Gesellschaft für Männer und Frauen definiert – und die sind eben oft sehr verschieden.
    In traditionellen, patriarchalisch-aufgebauten Gesellschaften lässt sich der gesellschaftsbedingte Graben zwischen den Geschlechtern besonders gut beobachten. Die Marketingprofessorin Melanie Wallendorf von der

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