Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben
University of Arizona initiierte zusammen mit einem Kollegen eine Studie, in der sie Lieblingsdinge von US-Amerikanern mit denen von afrikanischen Nigrern verglich. Dazu führte sie umfassende Interviews mit amerikanischen Großstädtern sowie nigrischen Bauersleuten durch. Eines der wichtigsten Ergebnisse, zu denen sie kam: Bei den Afrikanern fielen die männlichen und weiblichen Antworten völlig unterschiedlich aus. Die Frauen – und nur die Frauen – zählten silberne Armreife und Halsketten, handgewebte Teppiche und Wandbehänge zu ihren Lieblingsdingen, also Sachen, die mit Schönheit, Ehe und Haushalt verbunden sind. Sie bekommen diese Gegenstände meist zur Hochzeit geschenkt und stellen sie gerne an religiösen Festtagen und bei Familienfesten zur Schau, nicht zuletzt um anderen Frauen zu zeigen, wie attraktiv und angesehen sie sind und wie sehr sie von ihren Männern verehrt werden. Die Männer – und nur die Männer – nannten Glücksbringer, den Koran oder andere religiöse Bücher, die sie mit magischem Schutz und spirituellem Streben verbanden. Auch das Vieh, Säbel und Werkzeuge, die einem nigrischen Bauern Ansehen und Autorität verleihen, wurden vielfach erwähnt.
In den USA waren die Differenzen zwischen Männern und Frauen zwar insgesamt geringer ausgeprägt, aber ebenfalls deutlich erkennbar. So zählten die Amerikanerinnen eher Dinge auf, die sie an andere Menschen erinnerten, etwa Fotos, Souvenirs und Basteleien, während sich die Amerikaner tendenziell für funktionelle und unterhaltsame Gegenstände wie den Lieblingssessel, eine Uhr, Fernseher und Radio entschieden. Auch in westlichen Gesellschaften sind, trotz Gleichberechtigungsbemühungen und Emanzipation, Werte und Rollen also offenbar immer noch stark geschlechtsspezifisch definiert. Und keine Altersgruppe scheint davon ausgenommen. Die bereits erwähnte Psychologin Kamptner stellte fest, dass auch die Lieblingsdinge von Senioren althergebrachten Mustern folgen. Das ist vielleicht nicht sehr erstaunlich, aber selbst bei Kindergartenkindern lassen sich schon einschlägige Unterschiede beobachten, wie eine andere Studie zeigte. Mädchen entschieden sich eher für Spielzeug wie Puppen, mit denen sie sprechen und soziale Beziehungen nachspielen können, Jungen dagegen für Spielzeugautos, Go-Karts und Sportgeräte, mit denen man hantieren und sich physisch auseinandersetzen kann.
Beispiel Auto
Interessant sind auch Studien, die einzelne »typisch männliche« und »typisch weibliche« Dinge untersuchen. Ein besonders fruchtbares Beispiel ist das Auto. Als das Automobil am Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts zum Symbol für Modernität und wirtschaftlichen Wohlstand avancierte, waren es in den westeuropäischen Ländern (anders übrigens als in den USA) ganz überwiegend Männer, die hinter dem Steuer saßen; Frauen nahmen selbstverständlich auf dem Beifahrersitz Platz. In der Werbung, bei Ingenieuren und in Film und Literatur wurde das Auto über viele Jahrzehnte hinweg mit Männlichkeit und männlicher Mobilität identifiziert. Das war in der psychologischen Forschung nicht anders. Dabei entpuppte sich die Beziehung – oder sollte man besser sagen: Liebesbeziehung? – zwischen Männern und ihren Wagen als dankbares Studienobjekt. Konsumforscher beispielsweise versuchten herauszufinden, inwieweit die Marke, die »Mann« fährt, seine Persönlichkeit widerspiegelt. Antwort: Sie tut es bedingt. Man fand zwar keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Image eines PKW und objektiven Persönlichkeitsmerkmalen, wohl aber mit dem subjektiven Selbstbild des Fahrers. Mit anderen Worten: Ein Porschefahrer ist nicht unbedingt so draufgängerisch und sexy wie sein Wagen – er hält sich aber dafür. Psychoanalytisch orientierte Autoren kümmerten sich vor allem um männliche Autofantasien. Dabei kamen sie – wie könnte es anders sein – frühkindlichen und sexuellen Themen auf die Spur. Das Auto kann sowohl die mütterliche Gebärmutter als auch den eigenen Penis symbolisieren, lautet eine ihrer Erkenntnisse. In jüngerer Zeit gingen Neurowissenschaftler und Evolutionspsychologen dem Zusammenhang zwischen PKW-orientiertem Imponiergehabe von Männern und ihrem darwinistischen Fortpflanzungstrieb auf die Spur. Ein interessantes Ergebnis: Der Anblick von Sportwagen aktiviert bei Männern eine Hirnregion, die typischerweise bei überlebenswichtigen Reizen wie der Aussicht auf Sex oder Nahrung anspringt. Die Erklärung: Ein Sportwagen ist zwar
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