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Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Titel: Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Schaefer
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Hände fallen und von denen er glaubt, er könne sie später mal brauchen. Ein Sammler dagegen geht aktiv, gezielt und selektiv vor; der Nutzwert der Objekte spielt wenn überhaupt eine sehr untergeordnete Rolle. Während das Horten oft mit großer Scham und Heimlichkeiten verbunden ist, sind Sammler in der Regel stolz auf ihre Schätze. Man muss allerdings sagen: Manche Sammler kaufen so unkritisch und in so großen Mengen, dass sie Hortern gleichen.
    Sammeln ist natürlich kein neues Phänomen. Schon in den alten Hochkulturen in Griechenland und Persien gab es Leute, die Schriftstücke, Statuen und andere Kunstgegenstände zusammentrugen, um sich daran zu erfreuen. Seitdem hat jedes Jahrhundert große Sammler hervorgebracht – man denke nur an die Medici, denen Florenz die Uffizien verdankt, oder an Peter Ludwig mit seiner atemberaubenden Picasso-Sammlung. Doch in den letzten Jahrzehnten attestieren Beobachter dem Hobby einen deutlichen Aufwärtstrend. Das liegt zum einen an findigen Unternehmen, die mit Produktserien wie Beanie Babys und Swatchuhren den Sammeldrang von Klein und Groß angeheizt haben. Zum anderen trägt das Internet dazu bei, dass man Informationen über Sammelobjekte bequem vom heimischen Sofa aus recherchieren und Deals oft auch gleich virtuell abwickeln kann. (Eingefleischte Sammler wie Rolf Jacobi trauern allerdings den alten Zeiten nach, in denen der Weg zu spektakulären Funden durch ein dichtes Netz an persönlichen Kontakten führte.)
    Der Einstieg in eine Sammlung vollzieht sich oft über eine zufällige Akquisition, wie Untersuchungen zeigen. Manchmal ist es die Faszination eines bestimmten Gegenstands, über den man irgendwo stolpert und der einen zur Jagd nach weiteren solchen Objekten inspiriert. Für andere beginnt alles mit einem Erbstück oder einer geerbten »Starterkollektion«. Auch Geschenke können wie Saatkörner wirken, aus denen Sammlungen sprießen. Die Teilnehmerin einer Studie beispielsweise, eine Frau mit dem Spitznamen Bunny, hatte von ihren Freunden Hasenfiguren geschenkt bekommen und fing schließlich an, selbst welche zu kaufen. Auch wenn der Sammeldrang eher beiläufig beginnt, entwickelt er sich oft zu einer äußerst machtvollen Kraft.
    Überwältigende Gefühle
    Wenn man über Sammler schreibt, kommt man um das Wort Leidenschaft nicht herum. Der amerikanische Soziologe Dale Dannefer, der heute an einer Universität im US -Bundesstaat Ohio lehrt, nahm in den späten 1970 er Jahren mehrere Dutzend Sammler von Oldtimern ins Kreuzverhör. In ausführlichen Interviews ließ er sich erzählen, wie sie zum Sammeln gekommen waren und was ihnen an den alten Autos lag. Was den Wissenschaftler am meisten erstaunte, waren die tiefen Gefühle, die diese Menschen (meist Männer) an den Tag legten. »Das sind nicht nur Autofans«, betonte er, »sondern leidenschaftliche Autofans.«
    Fast alle Aspekte ihres Lebens wurden durch das Thema Oldtimer dominiert. Ihre Gedanken kreisten ständig um die Autos, die sie bereits besaßen, und jene, die sie gerne besitzen wollten. Sie lasen Oldtimer-Magazine, besuchten Oldtimer-Messen, trafen sich in Oldtimer-Clubs. Sie brachten ihre Autos auf Hochglanz, reparierten sie, fuhren sie spazieren und stellten sie in Shows aus. Wenn sie zu Oldtimer-Treffen gingen, zeigten sie sich gegenseitig Fotos ihrer vierrädrigen Gefährten, die in ihren Brieftaschen neben Bildern von Frau und Kindern steckten. Selbst der Beruf war keine autofreie Zone. Manche nutzten die Bürostunden, um in einschlägigen Fachpublikationen nach interessanten Wagen und benötigten Autoteilen zu suchen; andere schauten bei Auswärtsterminen schnell mal beim Lieblingshändler vorbei. Ein Mann hatte sogar mehrfach attraktive Jobangebote ausgeschlagen, weil er mit seiner platzintensiven Sammlung nicht umziehen wollte.
    Die Leidenschaft der Männer äußerte sich zuweilen in einer Verehrung, die regelrecht religiöse Züge hatte. Manche glorifizierten ihre Wagen als »fast omnipotent« oder »von überirdischer Technologie«; andere unternahmen Pilgerreisen zu Autofabriken oder –museen. Die Parallelen zur Gottesanbetung waren den Männern durchaus bewusst; sie machten entsprechende Bemerkungen darüber, »genießerisch und halb-scherzend, aber gleichzeitig tiefe Gefühle offenbarend«, wie Dannefer bemerkt. Ein vielsagendes Gespräch erlebte der Wissenschaftler zwischen einem Sammler und dessen Freundin, die ihn in seiner Garage besuchte:
    Sie: Es ist alles so voll hier, wo

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