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Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Titel: Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Schaefer
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kann ich meine Coke abstellen?
    Er: Wo du willst, außer auf dem weißen Auto – das ist Gott.
    Ihr Gebaren schien den Sammlern selbst ein Rätsel zu sein. Als Dannefer die Männer nach möglichen Gründen für ihre Hingabe und ihre intensiven Gefühle fragte, erntete er nur ein Achselzucken. Oft hört er auch den Satz: ›Ich bin einfach verrückt.‹
    Vielleicht ist die Sprachlosigkeit von Sammlern mit der eines Menschen zu vergleichen, der nicht erklären kann, warum er einen anderen Menschen ›abgöttisch‹ liebt. Einige Seelenforscher sehen durchaus Parallelen zwischen dem Sammeln und der romantischen Liebe. Sammler sind in der Tat verrückt, sagen sie, aber verrückt in dem Sinne, in dem ein Liebender verrückt nach dem Partner ist. »Die Haltung eines hingebungsvollen Sammlers gegenüber seinen Sammelobjekten ist vergleichbar mit der Leidenschaft eines Liebenden«, schreibt beispielsweise der amerikanische Psychoanalytiker Werner Muensterberger in seinem Buch Sammeln – eine unbändige Leidenschaft . So wie ein Liebender nicht ertragen könne, ohne den Geliebten zu sein, so könne ein Sammler nicht ohne seine geliebten Objekte sein, betont auch der Konsumforscher Russell Belk: »Sowohl der romantisch Liebende als auch der passionierte Sammler verlieren sich in ihren überwältigenden Gefühlen und sperren die Aufmerksamkeit für die Welt draußen aus. Nichts anderes zählt.«
    Sammelleidenschaft – psychoanalytisch gesehen
    Psychoanalytische Autoren haben sich wohl am intensivsten mit den tieferen Triebkräften des Sammelns befasst. Sigmund Freud selbst war ein begeisterter Sammler antiker Kunstgegenstände. Patienten, die sich auf seine Couch in der Wiener Berggasse legten, fanden sich von Objekten aus dem alten Ägypten, Griechenland und Rom umgeben: Über dem Kopfteil hing ein Farbdruck des berühmten Tempels in Abu Simbel, links an der Wand die Nachbildung eines alt-römischen Reliefs von einer jungen Frau, die ihre nackten Füße entblößt, an der gegenüberliegenden Wand eine Darstellung des sinnierenden Ödipus. Freud besaß auch Hunderte von Ringen, Skarabäen und Statuetten. Mit dem Sammeln hatte er irgendwann Mitte der 1890 er Jahre angefangen, zu einer Zeit, als er auch die Arbeit als »Archäologe des menschlichen Geistes« begann. Kontinuierlich nahm die Kollektion an Umfang zu und eroberte im Herzen des Besitzers offenbar einen ganz besonderen Platz. So bewahrte er seine Schätze in der Wiener Wohnung in den beiden Räumen auf, in denen er zu arbeiten pflegte, so als wolle er sich von ihnen inspirieren lassen. Auch ins Exil nach London nahm er sie mit. Als er 1939 starb, umfasste seine Sammlung mehrere Tausend Stücke.
    Trotz Freuds Sammelleidenschaft kommen Objekte im Sinne von Gegenständen in seiner Theorie nur am Rande vor (wenn er von Objekten spricht, sind meist Menschen gemeint). Doch sie liefert durchaus Ansatzpunkte für das menschliche Besitzverhalten. Die bekannteste ist die Idee des »analen Charakters«. Ein solcher Mensch zeichnet sich durch Sparsamkeit bis hin zum Geiz, durch übermäßige Ordentlichkeit und Sturheit aus.
    Die Wurzeln dieser Persönlichkeitskonstellation sieht Freud in frühkindlichen Erfahrungen, wie er sie in seinem »psychosexuellen« Entwicklungsmodell beschreibt. Danach entwickelt sich in der »analen Phase«, etwa im Alter zwischen eins und zwei, der Anus zur wichtigen erogenen Zone. Es ist auch die Zeit, in der ein Kind lernt, nicht mehr in die Windeln zu machen. Das tägliche Geschäft ist für das Kind nun mit lustvollen Gefühlen verbunden, gleichzeitig kann es aber auch überwältigende und angstmachende Konflikte erleben. Vielleicht empfindet es die Forderung der Eltern, ins Töpfchen zu machen, als unfaire Enteignung von etwas, das ihm gehört; vielleicht ist es wütend auf Mama und Papa, weil diese verbieten, mit dem Töpfcheninhalt zu spielen. Weil sich ein Kleinkind starke negative Gefühle gegenüber den Menschen, die es versorgen, nicht leisten kann, schiebt es seine Wünsche und Begierden ins »Unbewusste« ab. Dort brodeln sie zunächst weiter, werden schließlich aber vom »Ich« in gesellschaftlich akzeptierte Persönlichkeitseigenschaften, sprich einen analen Charakter »sublimiert«.
    Noch zu Freuds Lebzeiten zogen mehrere Autoren dieses Modell zur Erklärung des Sammelphänomens heran. Der britische Psychoanalytiker Ernest Jones attestierte Sammlern eine anal-erotische Persönlichkeit und interpretierte Geld, aber auch typische

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