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Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will

Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will

Titel: Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Krause Landt Axel W Bauer
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werden, dass der Verein keine wirtschaftliche Zielsetzung habe. Kusch selbst ließ aber die Frage offen, ob der Verein auf diese Weise ökonomisch überleben könne. 22
    Ethisch interessant ist in unserem Zusammenhang vor allem folgende Argumentation im Blick auf die Kommerzialisierung der Suizidbegleitung: In seinem Verbotsbeschluss vom Februar 2009 hatte das Verwaltungsgericht Hamburg nämlich argumentiert, Kuschs damalige »fortgesetzte Suizidunterstützung« gefährde die öffentliche Sicherheit. Generell sei die Polizei verpflichtet, Selbstmorde zu verhindern – auch wenn sie die »persönliche Grenzentscheidung« eines Menschen respektieren müsse. Kusch betreibe als Suizidhelfer jedoch »kein erlaubtes Gewerbe«. Beihilfe zum Selbstmord sei zwar nicht strafbar, hier aber gehe es »um die sozial unwertige Kommerzialisierung des Sterbens durch Beihilfe zum Suizid gegen Entgelt«. 23 Diese Begründung lässt den folgerichtigen, in moralphilosophischer Perspektive aber zu hinterfragenden Schluss zu, dass eine nicht kommerzielle, womöglich ganz und gar unentgeltliche Form der Suizidbeihilfe als eine sozial wertvolle, in jedem Falle aber als eine nicht nur legale, sondern sogar legitime Tat würde beurteilt werden können.
Kehraus für den Hippokratischen Eid
    Angesichts des in Deutschland vorherrschenden stillschweigenden Meinungskonsenses (»An der Suizidbeihilfe verdient man nicht, über Suizidbeihilfe spricht man nicht, man praktiziert sie einfach bei Bedarf«) konnte es eigentlich nicht verwundern, dass die nächste Stufe der öffentlich inszenierten Eskalation im Rahmen des Themas Sterbehilfe nur zweieinhalb Wochen nach Kuschs vorläufigem Verzicht auf die Gewährung weiterer Suizidbeihilfe, am 9. März 2009 in Gestalt eines dreiseitigen Spiegel -Interviews erreicht wurde. In diesem Gespräch plädierte der Mannheimer Medizinrechtler Prof. Dr. Jochen Taupitz, Mitglied des Deutschen Ethikrates und der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer, dafür, dass Ärzte künftig als Suizidassistenten tätig werden können. Ärzte wüssten schließlich, wie man Medikamente richtig dosiert, und auch im Standesrecht gebe es keine Regel, die dem Arzt die Suizidhilfe verbiete. Dort heiße es nur, dass die Hilfe zur Selbsttötung dem ärztlichen Ethos widerspreche. Daran aber müsse sich nicht jeder Arzt halten. 24
    Diese Äußerungen eines langjährigen Mitglieds des Deutschen Ethikrates über den geringen Stellenwert ethischer Normen, die kein (straf)rechtliches Korrelat haben und von Juristen meist etwas herablassend als »Soft Laws« bezeichnet werden, sind bemerkenswert. Dennoch lösen sie scheinbar nur noch bei Vertretern traditioneller moralischer Überzeugungen Empörung aus. Falsch ist die zum Ausdruck gebrachte Diagnose freilich nicht. In einem pluralistischen Rechtsstaat, dessen »Minimalmoral« 25 durch das Grundgesetz und dessen Interpretation seitens des Bundesverfassungsgerichts repräsentiert werde, muss sich offenbar kein Bürger, auch kein approbierter Arzt, zwingend an den ethischen Spezialnormen seines Berufsstandes orientieren, sondern letzten Endes (nur) am staatlichen Strafrecht.
    Während sich die offiziellen Repräsentanten der Ärzteschaft von der durch Jochen Taupitz propagierten Form medizinischer Sterbehilfe sogleich einmütig distanzierten, sieht die ärztliche Basis das Problem anders: Nach der bereits zitierten, im November 2008 veröffentlichten Umfrage unter 483 Ärzten befürworteten 35 Prozent der Befragten eine Regelung, die es Ärzten ermöglichen würde, Patienten mit schwerer, unheilbarer Krankheit beim Suizid zu unterstützen. 16,4 Prozent der Befragten sprachen sich sogar für eine Legalisierung der Tötung auf Verlangen aus. Über 3,3 Prozent (Hausärzte: 4,4 Prozent) gaben an, bereits ein- oder mehrmals Patienten beim Suizid geholfen zu haben.
    Kombiniert man dieses Umfrageergebnis mit der vermutlich bereits heute gegebenen strafrechtlichen Legalität ärztlicher Suizidbeihilfe, dann werden wohl schon bald zahlreiche ärztliche Suizidassistenten bereitstehen. Sie werden die 2400 Jahre alte standesethische Verpflichtung aus dem Hippokratischen Eid, wonach der Arzt noch nicht einmal einen Rat zur Tötung oder Selbsttötung eines Menschen geben darf, kurzerhand über Bord werfen. Nach Auffassung des Mannheimer Medizinrechtlers könnte die ärztliche Selbstmordbeihilfe sogar »im Rahmen der normalen Beratungsgebühr« mit der Krankenkasse abgerechnet werden, denn es sei

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