Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will
immer noch besser, selbstbestimmt zu früh in den Tod zu gehen, als fremdbestimmt ewig zu leben.
Ist es tatsächlich richtig, das wohl begründete ärztliche Ethos, das den Mediziner schon um der Klarheit seiner sozialen Rolle willen als Helfer des Lebens und nicht als Beschleuniger des Todes begreift, für obsolet zu erklären und diejenigen Ärzte, die sich an dieses Ethos gebunden fühlen, als »konservative Bedenkenträger« zu belächeln, mehr noch, das kollektive Festhalten an bestimmten gesellschaftlichen Tabus als »unerträglichen Moralimperialismus« zu verdammen?
Juristisch abwegig ist diese neue, als »liberal« geltende Interpretation des deutschen Strafrechts nicht. Bereits im Jahre 2006 hat der Münchner Rechtsanwalt Wolfgang Putz in einem ausführlichen Gutachten für die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben die strafrechtlichen Aspekte der Suizidbegleitung in Deutschland ausgelotet. 26 In seiner Zusammenfassung kam Putz zu dem Ergebnis, dass die geltende deutsche Rechtslage bei sorgfältigster Beachtung aller von ihm aufgestellten Kriterien die strafrechtlich nicht zu beanstandende Unterstützung eines Suizids »vom Anfang bis zum Ende« ermögliche. Er forderte die Bundesärztekammer auf, sie solle das Standesrecht öffnen und damit »eine überkommene Bevormundung der Ärzte beenden«. Die bisherigen standesrechtlichen Regelungen, insbesondere berufsrechtliche Konsequenzen bei Zuwiderhandlung, seien »durch nichts zu rechtfertigen«. 27 »Durch nichts«: Also auch nicht durch die Gefahr hemmungslosen Missbrauchs, der das Standesrecht bislang vorbeugt?
Die »Bevormundung« der Ärzte durch die Bundesärztekammer möchte Jochen Taupitz durch ein staatlich geschütztes Privileg für Ärzte ersetzt wissen: »Ich würde […] für einen Arztvorbehalt plädieren: Abgesehen von nahen Angehörigen sollten nur Ärzte beim Suizid helfen dürfen – und sonst keiner. Dann kann man nämlich sicher sein, dass eine qualifizierte Beratung stattfindet, und mit der Kommerzialisierung und dem Wildwuchs wie bei Kusch wäre auch Schluss.« Wir wissen jedoch zur Genüge von den konstant hohen Abtreibungszahlen, wohin uns eine »qualifizierte Beratung« führt. Vor allem bei der Bewältigung strafrechtlich relevanter ethischer Fragen grassiert in Deutschland seit Jahren eine fast schon pathologische »Berateritis«, die dazu geführt hat, dass bisher als Straftaten geltende Handlungen durch ethische Beratung geadelt und von Sanktionen ausgenommen werden.
Moralisch gut, weil kostenlos?
In Deutschland hat bislang noch keine öffentlich vernehmbare Stimme die Legitimität der Beihilfe zum Selbstmord als solche infrage gestellt. Es ist also höchste Zeit, das zu tun. Die oberflächliche Debatte um die angebliche Sittenwidrigkeit der kommerziellen Suizidassistenz 28 greift nämlich zu kurz. Sie greift ethisch gesehen sogar völlig daneben. Weshalb? Schauen wir uns den Sachverhalt genauer an:
These 1: Eine an sich gute oder wenigstens moralisch neutrale Handlung wird nicht dadurch schlecht, dass sie Geld kostet. Niemand würde beispielsweise von einem Bäckermeister verlangen, dass er seine Brötchen verschenken müsse, um nicht einer »sozial unwertigen Kommerzialisierung« der Nahrungsmittelversorgung Vorschub zu leisten. Auch würde niemand von einem bildenden Künstler fordern, dass er die von ihm gemalten Bilder kostenlos abzugeben habe, damit er nicht eine »sozial unwertige Kommerzialisierung« der Kunst befördere.
These 2: Eine schlechte Handlung wird nicht dadurch gut, dass sie gratis zu haben ist. So wird etwa die Tätigkeit eines Denunzianten nicht dadurch besser, dass er seine Freunde lediglich privat und im Rahmen eines Hobbys verrät, ohne Geld für die weitergegebenen Informationen zu verlangen. Und ein Hehler, der Diebesgut ohne eigenen Gewinn in den Verkehr brächte, wäre kein Wohltäter, sondern allenfalls töricht.
Was folgt daraus für unser Thema? Die richtige Intuition, dass die kommerzielle Beihilfe zum Suizid keine ethisch akzeptable Tat ist, gründet in der Sache selbst und nicht im finanziellen Gewinn des Sterbehelfers. Die Assistenz bei der Selbsttötung fördert in jedem Fall eine Handlung, die ethisch gerade nicht mit der Autonomie des Menschen legitimiert werden kann.
Die Autonomie als die Fähigkeit des Menschen, sich eigene Gesetze zu geben und nach diesen zu handeln, hat ihren Grund in der physischen Existenz der Person. Sie ist Symptom und nicht Ursache unserer biologischen
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