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Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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murmelte er nur. »Perfekt.«
    »Ihr erinnert euch an die Vereinbarung?«, fragte Otto tonlos.
    »Klar«, sagte Bastian. »Die Flugblätter. Von mir aus kann es losgehen.«
    »Adi trifft euch in den nächsten Tagen am Takubunker. Dann erfahrt ihr, wie es weitergeht.« Otto machte eine Kopfbewegung und wies ihnen mit der Lampe den Weg zum Ausgang. Sie waren entlassen.
    Bastian nickte. »Alles klar, Otto.«
    Im Mondlicht wirkten die Ruinen wie verwunschene Burgen, die leeren Fensterhöhlen wie die Verzierungen eines prächtigen Schlosses. Zwischen den Mauerresten huschten Ratten.
    »Der hat was, dieser Otto«, murmelte Paul. Fröstelnd zog er den Kopf zwischen die Schulter. »Auf jeder Kirmes wäre der der Chef der Geisterbahn, wetten?«
    »Garantiert. Für die Nummer könnte er Eintritt nehmen«, meinte Bastian und spuckte aus.

    ZWEI
    TASCHEN
    UND ein Pappkarton reichten für Pauls Sachen. Die Taschen baumelten am Lenker und Paul balancierte den Karton auf dem Gepäckträger. Franzi schob das Rad.
    »Jetzt wird alles anders«, sagte Franzi und lächelte Paul an, der jetzt Peter hieß. »Arbeit und ein festes Dach über dem Kopf.«
    Ja, dachte Paul, alles wird anders. Aber diesmal war es mehr als die übliche Beklemmung, die ihn befiel, wenn er etwas Neues riskieren musste. Das hier war so etwas wie ein wichtiger Schritt, eine Entscheidung. Er freute sich auf ein dichtes Dach und auf ein richtiges Bett. Die alte durchgelegene Matratze im Schrebergarten würde er ganz sicher nicht vermissen. Aber Opa Tesch und die verträumten Nachmittage vor der Laube würden ihm fehlen.
    Er hätte sich jetzt gerne mit Franzi ins Gras gelegt, gleich hier am Bahndamm. Aber sie setzte energisch ihren Weg fort. Nichts konnte sie aufhalten. Und er schon mal gar nicht.
    »Warte doch mal.« Paul ließ den Karton los und das Rad begann zu kippeln.
    »Was ist denn, Paul? Tante Rose wartet. Nun komm schon.«
    »Ich habe einen Stein im Schuh.«
    Paul nahm den Karton vom Gepäckträger und setzte sich ins Gras. Er nestelte am Schuhband herum. Franzi ließ das Rad vorsichtig gegen den Bahndamm rutschen und setzte sich zu ihm. Sie legte ihren Arm um seine Schulter und schob eine Hand unter sein Hemd. Dann küsste sie ihn lange.
    »Wenn das so bleiben könnte«, flüsterte Paul.
    »Hopp, Tante Rose wartet.« Franzi löste sich von ihm. Und Paul ahnte, dass dieser Satz ihn jetzt ständig begleiten würde.
    Es war nicht mehr weit. Die Glasdächer der Gewächshäuser blitzten schon im Sonnenlicht auf. In ihrem Rücken lag der Bahndamm, vor ihnen eine wild gewachsene Wiese, eine flache Hecke und ein brauner Holzzaun. Ein leichter Wind raunte in den Blättern der Straßenbäume und wehte Staubfahnen über den Asphalt.
    »Freust du dich denn überhaupt nicht, Paul? Du siehst aus, als hättest du etwas auf dem Herzen. Was ist denn?«
    »Nichts. Eigentlich nichts. Ich meine, mal von allem anderen abgesehen. Krieg, Nazis, Bomben. Sonst geht es mir gut.«
    »Und deshalb hast du jetzt ein schlechtes Gewissen? Paul. Für die Nazis, den Krieg und die Bomben können wir nichts, aber für unser Leben können wir etwas. Wir können etwas dafür tun.«
    »Du meinst, wir sollten uns aus allem raushalten? Die Nazis machen lassen und glücklich werden?«
    »Nein, Paul. Wie könnten wir vergessen, was sie mit deinem Vater, den Juden, den Ostarbeitern, den Soldaten ... ach, Paul, die Liste ist so lang und das Leben so kurz. Und ganz ehrlich, Paul. Ich würde so gerne trotzdem leben. Hört sich das dumm an?«
    Ihre Hand wanderte über seinen Arm, streichelte ihn sanft. Paul hätte ewig so mit Franzi sitzen können. Horch in dich hinein, sagte er zu sich. Du bist nämlich ein Vollidiot. Was grübelst du? Statt einfach nur dazuliegen mit Franzi im Arm. Hörst du deinen Herzschlag, Paul? Spürst du das leichte Kribbeln in deinen Fingern?
    Franzi sprang auf, Paul quälte sich hoch, Tante Rose wartete ...
    Franzi lehnte das Fahrrad gegen die Hauswand. Paul wischte sich die Hände an der Hose, lächelte und streckte die Hand aus.
    Frau Rose nahm seine Hand: »Schön, dass du da bist, Peter. Wenn du dich eingerichtet hast, fängst du an. Arbeitsbeginn ist um sieben, auch samstags. Sonntags ist frei. Herr Lagusch ist hier der Vorarbeiter. Du kannst eine Menge von ihm lernen. Er sagt dir, was zu tun ist. In den Gewächshäusern, auf dem Friedhof und auf den Feldern. Wir haben Felder in Widdersdorf. Und vor allem haben wir viel Arbeit. Franzi kümmert sich um die Blumen, die

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