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Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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nicht zurückhalten. Er öffnete die Box, ging auf den Schatten zu, murmelte leise und hielt dem Pferd die geöffnete Hand hin. Das Tier machte einen Schritt zurück, nach Pauls gutem Zureden einen anderen auf ihn zu und schließlich folgte es ihm vor den Stall. Ein Schecke, schwarz und weiß mit kleinen Ohren, rosa Nüstern und einer völlig verfilzten Mähne. Das Fell war verdreckt, die Augen glanzlos. Er blinzelte in die Sonne und hielt den Kopf gesenkt.
    »Der kommt sowieso weg, dieser Zigeuner. Hennes taugt nichts mehr«, sagte Lagusch.
    »Na, das wollen wir mal sehen«, knurrte Paul und stapfte so dicht an Lagusch vorbei, dass der einen Schritt zurückweichen musste.
    »Pass auf ihn auf«, sagte Paul zu Franzi und ging zurück zu Frau Rose.
    Schon bald kam er zurück, langsam und mit festen Schritten, und lächelte Franzi an. »Deine Tante bittet dich ins Büro. Wir machen einen Vertrag. Hennes gehört jetzt mir«, sagte er.
    Das war kein guter Anfang. Und gerade als Paul noch überlegte, wie er die Situation retten könnte, drehte Lagusch sich um und ging. Paul sah Franzi fragend an, doch die zuckte nur mit den Schultern.
    »Du solltest dir Lagusch nicht zum Feind machen«, sagte sie kopfschüttelnd. »Das hier ist eine Chance für dich.«
    »Du redest genau wie deine Tante. In der Kolonie gefiel es mir besser. Der reinste Knast ist das hier.«
    »Sei nicht dumm, Paul. Das ist kein Knast.«
    »Nein. Aber ein Kloster.« Er presste die Lippen zusammen.
    »Ach, mein Lieber. Das ist es, was dir Sorgen macht?« Franzi trat ganz dicht zu ihm. Sie nahm seine Hand und schob sie unter ihre hellblaue Bluse. »Woher willst du denn wissen, wie es in einem Kloster zugeht?«
    Erst wollte Paul nicht. Doch dann tasteten sich seine Finger vorsichtig bis zu Franzis Busen. Die Verbote waren schnell vergessen und die eisernen Regeln auch.
    In den Stunden danach tat er nichts anderes, als sich um Hennes zu kümmern. Die Arbeit war ihm vertraut, und er dachte an sein Pferd, das er in Eikamp zurückgelassen hatte. Und an seinen Vater. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, Vaters Hand auf seiner Schulter zu spüren. Er vermisste ihn.
    »Was für ein Quatsch«, schimpfte er mit sich selbst und begann, die Box auszumisten, frisches Stroh aufzuschütten und den Trog zu füllen. Hennes stand jetzt frisch gebürstet und gestriegelt im Hof und steckte seinen Kopf in den Hafersack. Erst danach kümmerte Paul sich um seine Sachen und seinen neuen Unterschlupf.
    Er nagelte die Zeltplanen aus dem Schrebergarten auf die Sparren in seiner Kammer und stopfte den Zwischenraum mit Stroh aus. Er hatte Platz für ein Bett, einen Tisch und zwei Stühle. Seine Kleidung, es war nicht viel, hing an Wandhaken. Auf den rohen Fußbodenbrettern lag ein bunter Flickenteppich, den bestimmt Franzi angeschleppt hatte. Er schrubbte den Boden mit Seifenlauge, bis er sauber war.
    Paul hatte jetzt eine harte Matratze und ein Federbett. Und reichlich Decken. Es gab elektrischen Strom und unter der niedrigen Decke baumelte eine Glühbirne. Auf einem Regalbrett standen ein Volksempfänger, eine Adler- Schreibmaschine und etliche Karl-May-Bände in grünen, etwas angestoßenen Einbänden und mit goldfarbener Schrift auf dem Buchdeckel.
    Das Radio war »aufgearbeitet«, wie Franzi ihm schon vor ein paar Tagen zugetuschelt hatte, also feindsendertauglich. Und die Schreibmaschine versteckte Paul, zusammen mit seiner Pistole, zwischen den Strohballen neben seiner Kammer. Von seinem Bett aus konnte er in die Box hinübersehen, in der Hennes stand und die Ohren spitzte. Durch das breite Tor sah er hinaus auf den Innenhof.
    Und da fühlte Paul sich auf einmal wie zu Hause. Das hier war ein guter Ort. Viel besser, als er erwartet hatte. Wenn er jetzt auch noch Franzi im Arm hätte halten können, wäre das Glück perfekt gewesen.
    Über ihm war der Heuboden. Er kroch hinauf und öffnete die Dachluke. Die Stadt lag im Osten. Die Bomber würden von Westen kommen, entweder nach Norden oder Süden drehen oder ihre Last über der Stadt abwerfen. Wie sicher waren sie hier draußen?
    Er stellte sich vor, einfach nur im Heu zu liegen und dem Regen zu lauschen, der auf das Dach platschte, während der Wind an den Dachpfannen rüttelte. Die Welt war doch nicht so übel.
    »Niemand zu Hause?«, ertönte es unten.
    Das war Hottes Stimme. Paul verschloss die Luke und beeilte sich hinunterzukommen.
    »Mensch, Hotte. Schleichst du dich immer so an? Hast wohl zu viel Indianer-Romane

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