Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
ungemütlich. Was meinst du? In der Gärtnerei treibe ich schon noch ein Plätzchen auf für dich.«
    Opa Tesch guckte auf das zerbissene Mundstück seiner schwarz angelaufenen Meerschaumpfeife. »Nee, Junge. Lass mal. Hier bin ich gut aufgehoben. Keine zehn Pferde kriegen mich hier weg. Ab und an mal ein Bummel mit dir, Schwimmbad und Kino, das gefällt mir. Aber ohne meine Trudel will ich nicht woanders sein.«
    Paul schüttelte unzufrieden den Kopf. Franzi hatte ihm erzählt, dass Opa Tesch in seiner Geldbörse das Parteiabzeichen der KPD mit sich herumtrug. Sie hatte Angst, er könnte im Laden, wenn er seinen Schabau bezahlte, das markstückgroße Abzeichen aus Versehen auf den Tresen legen. Da sei es schon besser, Opa Tesch bliebe im Garten. Und so sagte er nichts mehr.
    Franzi drückte ihn auf den Stuhl und setzte sich auf seinen Schoß.
    »Du hast gefeiert, Paul? Du riechst nach Bier. Dann ist alles gut gegangen. Oder? Komm, erzähl. Ich war doch ganz aufgeregt.«
    »Mensch, und wie nervös ich war. Aber nach dem ersten Stempel lief alles wie geschmiert. Ausweise habe ich jetzt jede Menge. Was es alles gibt. Sogar einen Bombenpass. Lebensmittelmarken habe ich auch schon und die Ämter besorgen mir ein Arbeitsbuch.«
    »Gott sei Dank«, flüsterte Franzi und schlang die Arme um ihn. »Ich war so unter Druck, konnte kaum arbeiten. Bin immer wieder hierhergerannt, um nachzuschauen, wo du bleibst. Aber ich wusste, du kriegst das hin.«
    »Der Ausweis hat wirklich Klasse. Jetzt muss ich ihn nur noch bezahlen.«
    »Wir, Paul. Wir machen das zusammen. Auch das Bezahlen. Edelweißpiraten halten zusammen.«
    »Und wir beide auch?«
    »Worauf du dich verlassen kannst.«
    »Dann war ich bei Opa. Karlu hat die Laube abgebrannt.«
    »Ach Karlu. Karlu kann dir nichts mehr anhaben. Aber du musst dich um Opa kümmern. Der hat dich nämlich ziemlich gern.«
    »Ja. Ich werde ihn nicht aus den Augen lassen. Und jetzt?«
    »Und jetzt gehen wir zu Tante Rose. Sie hat mit dem Essen auf dich gewartet. Jetzt gilt euer Vertrag. Und Werner will dich auch kennenlernen.«

    QUALLMÄNNER
    MIT KLATSCHKIES
    und Piefelauch, greif zu, Peter. Du musst hungrig sein.« Frau Rose schob ein paar Bilderbücher an die Seite, stellte einen Topf mit dampfenden Pellkartoffeln und eine Schüssel Quark auf den Tisch. Paul hatte gar nicht daran gedacht, zu essen. Wahrscheinlich war ihm deshalb das Bier so zu Kopf gestiegen. Franzi warf ihm einen mahnenden Blick zu. Der Mann, der ihm gegenüber am Tisch saß, reichte ihm die Hand und lächelte ihn an.
    »Werner, das ist Peter. Ich habe dir von ihm erzählt. Stell dir vor, er hat Hennes gekauft.« Das sagte Franzi.
    Paul erwiderte den festen Händedruck und grinste zurück. Werner hatte ein schmales, freundliches Gesicht. Eine lange Haarsträhne fiel ihm ins Gesicht und verdeckte ein Auge. Das schien Werner nicht zu stören.
    »Du verstehst etwas von Pferden?«
    »Jede Menge. Mein Vater hatte ...« Paul zuckte zusammen. Sein Bein stieß gegen das Tischbein und aus dem Glas schwappte Milch auf den Tisch. Franzi hatte ihm auf den Fuß getreten. Er versuchte, ein harmloses Gesicht zu machen. Franzi seufzte stumm und hatte die Augenbrauen bis zum Haaransatz hochgezogen. Was redete er auch für einen Blödsinn. Paul zerteilte die Kartoffeln in der Mitte und bestrich die Hälften mit Quark. Er drückte sie wieder zusammen und streute Petersilie darüber.
    »Peter meint«, sagte Franzi und legte sehr viel Nachdruck in ihre Stimme, »sein Vater hat ihm ein Pferd versprochen. Wenn er einmal groß ist und immer schön brav den Teller leer isst. Dann würde er ihm ein Pferd schenken. Peter konnte es natürlich nicht abwarten und dann hat er Hennes gekauft.«
    Paul fluchte leise in sich hinein und beobachtete Werner. Doch der schien sich bestens zu amüsieren.
    »So, so. Du übst also mit Hennes, bis du ein richtiges Pferd bekommst.«
    »Was redet ihr da für ein dummes Zeug.« Frau Rose mischte sich energisch ein. »Peter hat mich davon überzeugt, dass er mit Hennes zurechtkommt. Er fährt für die Gärtnerei. Aber auf eigene Rechnung. An dem Geschäft ist nichts auszusetzen.«
    »Ich habe nichts dagegen, Tante Rose. Wenn es der Gärtnerei nutzt, ist es für uns alle gut.« Werner sah Paul an und zwinkerte ihm zu. »Und kleine Geheimnisse hat hier jeder, Peter. Sogar der alte Lagusch.«
    »Werner war Soldat.« Franzi rückte ihren Stuhl näher an Paul heran.
    »Vier Jahre für Führer, Volk und Vaterland. Und was

Weitere Kostenlose Bücher