Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir toeten nicht jeden

Wir toeten nicht jeden

Titel: Wir toeten nicht jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Salem
Vom Netzwerk:
an den Strand haben spülen lassen. Ich habe die Zeit vergessen, und es ist mir vollkommen egal. Nicht einmal das schlechte Gewissen wegen der Kinder und die Vorahnung, dass Leticia mir bei meiner Rückkehr garantiert eine Szene machen wird, können dieses wohlige Gefühl trüben, das mit einer Erektion einhergeht, die auf einmal so natürlich ist wie das Salz im Wasser. Natürlich und unbändig und umschmeichelt von den Wellen.
    Zurück am Strand perlt das Wasser ohne Eile von Yolandas Körper ab, so, als löse es sich nur ungern von ihr, was ich gut verstehen kann.
    Sie greift nach meinem Handtuch, noch bevor ich mein Geschlecht damit bedecken kann, und trocknet sich ab. Dann reicht sie es mir, und als ich mich auch abgetrocknet habe, ist es nass und schwer.
    Ich lasse es fallen.
    Yolanda hat sich unterdessen schon in den Sand gelegt und guckt hinauf in die Sonne, die sie ihrerseits begehrlich ansieht.
    Ich tue es ihr gleich, und eine Weile liegen wir stumm da – bis sich die Sonne auf einmal hinter einer weißen Wolke verkriecht. Yolanda gluckst vor Vergnügen. Fragend sehe ich sie an, und sie blickt schmunzelnd an mir hinunter. Der Grund für ihre Heiterkeit befindet sich zwischen meinen Beinen und zielt senkrecht nach oben.
    »Kein Wunder, dass die Sonne sich versteckt, wenn du sie so bedrohst.«
    Rasch setze ich mich auf und versuche es mit meinen Händen zu verbergen, aber das macht es nur noch schlimmer.
    Und Yolanda grinst nur noch mehr, und ich weiß nicht mehr ein noch aus, weiß nur, dass ich kurz davor bin, den Kopf zu verlieren. Dutzende Meter entfernt spazieren nackte Paare am Strand entlang, Senioren räkeln sich in der Sonne, und drei oder vier Kinder spielen im Sand.
    »Es … es tut mir leid, ich …« Innerlich rufe ich Juanito zu Hilfe, aber er will einfach nicht zum Vorschein kommen.
    »Was tut dir leid?« Sie hat sich nun ebenfalls aufgesetzt und sieht mir in die Augen. Ich versuche, ihrem Blick standzuhalten. »Dass du lebendig bist? Gefühle hast? Wie alt bist du, Juan? Vierunddreißig? Fünfunddreißig?«
    Mein Alter steht also nicht im Anmeldeformular. Neununddreißig, stammele ich, und sie wirkt ehrlich, als sie versichert, dass sie mich ohne die Kinder deutlich jünger geschätzt hätte.
    »Aber das Alter ist mir nicht wichtig. Du hast einen klaren, offenen Blick, Juan, und das gefällt mir. Du hast seit fast zwei Stunden einen Ständer. Na und? Wenn du wüsstest, wie viele Gäste mir mit philosophischen Ergüssen über die unverdorbene Freikörperkultur kommen, bloß weil sie mich bei der erstbesten Gelegenheit flachlegen wollen …«
    Ich verkneife mir die Frage, wie viele es schon geschafft haben. Stattdessen stammle ich nur, sie möge mir »das« jedenfalls verzeihen.
    Langsam senkt sie die Augen, mit absehbarer Wirkung.
    »Da gibt’s nichts zu entschuldigen, Juan. Ich nehm’s als Kompliment. Ein ziemlich beachtliches Kompliment.«
    Damit ist alles gesagt.
    Zumindest alles, was in diesem Augenblick gesagt werden kann.
    Und um die allerletzten Zweifel auszuräumen, erinnert sie mich noch einmal an die Party am Abend.
    »Das ist bei uns zu Saisonbeginn schon Tradition. Damit die Camper sich kennenlernen. Und für die Kinder wird draußen auch was geboten.«
    »Ich weiß nicht, ob ich …«
    »Ich gehe auf jeden Fall hin«, unterbricht sie mich sanft. »Und das nicht, weil ich arbeiten muss. Das muss ich erst morgen wieder. Du kommst doch, oder?«
    Nachdem jeder Zweifel nun ausgeschlossen ist, plaudern wir ein bisschen über uns. Sie ist siebenundzwanzig, wie ich geschätzt habe, und hat Sprach- und Literaturwissenschaft in Madrid studiert, aber da sie bisher nur zeitlich befristete Arbeitsverträge hatte, jobbt sie im Sommer auf FKK-Campingplätzen oder an Nacktbadestränden. Sie sei schon seit ihrer Jugend FKK-Anhängerin, erzählt sie mir mit leichtem andalusischen Akzent, und als ich sie danach frage, antwortet sie »Málaga«. Sie spricht nicht über ihre Familie oder über irgendjemand Besonderen in ihrem Leben. Und sie fragt wenig, was ich sehr schätze, denn so brauche ich nicht so viel zu lügen.
    Dann müssen wir los. Der Strand leert sich allmählich, und auch wenn wir insgeheim bedauern, uns nicht schon früher begegnet zu sein, wollen wir beide lieber gehen, bevor die Einsamkeit uns noch auf Ideen bringt.
    Sie springt auf und während sie wieder in ihre Shorts schlüpft, sieht sie an mir herunter. Meine Erektion ist zurückgegangen, wenn auch noch nicht ganz.
    »Nach

Weitere Kostenlose Bücher