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Wir toeten nicht jeden

Wir toeten nicht jeden

Titel: Wir toeten nicht jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Salem
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Restaurant ist fast leer, was mich nicht weiter wundert, denn es ist schon nach vier. Auf dem Weg zu unseren Zelten sehe ich, dass Leticias Nachbarn vom Joggen zurück sind und sich nun nackt in der Sonne aalen. Ich glaube nicht, dass sie Beltráns Bodyguards sind: Ihre Figur und die schlaffen Muskeln deuten eher auf irgendeinen Bürojob hin. Sogar zu Zeiten meiner Ehe, als ich mich am meisten verstellen musste, war mein Körper gelenkiger und straffer gewesen, weil ich Leticia gegenüber vorgab, regelmäßig ins Fitnessstudio zu gehen. So wie Yolanda das sicher auch tut, schießt mir durch den Kopf, doch zum Glück hilft mir meine Ausbildung, den unseligen Gedanken wie einen schlecht geworfenen Ball zu fangen, ihn ins gegnerische Feld zurückzuschleudern und mich in meine noch frischen Erinnerungen an ihren Körper, ihre Hitze, ihren Orgasmus zu flüchten.
    Ich bin froh, noch angezogen zu sein, denn mein Körper reagiert augenblicklich, sodass ich mich wie die ehemalige Nummer Drei ein bisschen lächerlich fühle.
    Absolut lächerlich ist es sicher auch, dass ich auf meinem Handy zum x-ten Mal die fragliche Nummer wähle. Vergeblich. Ich bezweifle, dass man in einer FIRMA wie meiner im Sommer weniger arbeitet. Also werde ich es später noch einmal versuchen.
    Begleitet von der nackten Leticia, auf deren Haut man noch den Abdruck der Luftmatratze sehen kann, kommt Beltrán gerade von seinem Auto zurück. Er ist inzwischen angezogen und zur Abfahrt bereit. Verlegen murmele ich noch einmal eine Entschuldigung, die der Richter im Gegensatz zu meiner Ex ohne Groll annimmt. Er reicht mir zum Abschied die Hand.
    »Wenn ich wiederkomme, seid ihr hoffentlich noch da.«
    »Ja, wir bleiben schon noch ein paar Tage, denke ich.«
    Da sticht mich etwas in die Seite. Es ist allerdings keine Biene, sondern Leticias stechender Blick.
    »Die Kinder halten Siesta«, zischt sie. »Zumindest dafür solltest du regelmäßig sorgen, Juanito.«
    Schuldbewusst stecke ich den Kopf ins Zelt meiner Kinder. Leti schläft tief und fest. Antoñito hingegen versteckt schnell sein Nintendo unter der Luftmatratze und wirft mir einen flehenden Blick zu. Ich zwinkere ihm verständnisvoll zu, und er zwinkert dankbar zurück, wobei er immer noch beide Augen zukneift. So wie früher, als er noch klein war.
    »Sie schlummern selig«, erkläre ich Leticia, nachdem ich den Reißverschluss wieder hochgezogen habe.
    Beltrán ist inzwischen in seinen Wagen gestiegen und winkt uns noch einmal zu, bevor er Gas gibt. Er fährt allein. Seine Bodyguards warten wohl schon draußen auf ihn; vielleicht übernehmen aber auch andere ihren Job, damit sie auf dem Campingplatz Leticia und die Kinder beschützen können.
    Das beruhigt mich. Eine Front weniger, um die ich mich kümmern muss.
    Obwohl ein Killer wie ich sie natürlich trotzdem mit Leichtigkeit umbringen könnte.
    Und Nummer Dreizehn ebenso.
    »Ich kenne ja jede Menge deiner Fehler, Juanito, aber dass du ein Spanner bist, ist mir neu.«
    Leticia, die neben mir ihrem Lover nachgesehen hat, wirkt mehr amüsiert als verärgert.
    »Tut mir leid, es war wirklich keine Absicht, das musst du mir glauben. Hat Gaspar sich sehr aufgeregt?«
    »Nein. Aber er ist ja auch ein Schatz. Es war ihm nur ein bisschen peinlich«, erwidert sie und leckt sich lasziv mit der Zungenspitze über die Lippen. »Aber ich habe dafür gesorgt, dass er dich sofort wieder vergessen hat.«
    »Ich freue mich ehrlich, dass du mit ihm zusammen bist, Leticia. Du weißt ja, ich habe ihn seit jeher bewundert. Und er scheint tatsächlich ein toller Kerl zu sein.«
    »Nach der Szene vorhin bewunderst du ihn womöglich noch mehr«, sagt sie, begreift jedoch augenblicklich, dass sie jetzt zu weit gegangen ist. »Entschuldige, Juanito. Manchmal bin ich wirklich unmöglich.«
    »Nur manchmal … Die übrige Zeit bist du einkaufen«, sage ich, drehe mich um und gehe pfeifend davon in Richtung Pool.
    Normalerweise bin ich nicht schadenfroh, aber dieses Mal erleichtert es mich, dass noch jemand bloßgestellt wird. Jemand anderes als ich.
    Die frühere Nummer Drei konnte Nummer Dreizehn ebenso wenig ausstehen wie ich, weshalb er stets versuchte, ihn aus seinem Team rauszuhalten. Wenn er sehen könnte, was für eine Show er gerade am Pool abzieht und wie er sich reihenweise an die Frauen ranmacht, als wäre seine animalische Nacktheit attraktiv, hätte er ihn auf der Stelle nach Madrid zurückbeordert.
    »Wir alle haben einen Mörder in uns, Junge«, pflegte

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