Wir tun es für Geld
vorbei und dachte mir, ich guck mal nach dir.«
»Nett von dir. Musst du nicht arbeiten?«
Sie dreht sich ein bisschen hin und her. Das rote Kleid mit dem tiefen Ausschnitt steht ihr fantastisch. Und sie weiß es.
»Übrigens, ich hab mich jetzt auch beim Tangokurs angemeldet.«
»Oh, tatsächlich?«
»Ich will ja schließlich nicht hinterherhinken.«
* * *
Die Luft ist gut. So gut, dass Ines und ich nach dem Tangounterricht spontan beschlossen haben, noch eine Parkrunde zu drehen, um, nachdem der Kurs diesmal auf einem großen, den Fluss hinuntertreibenden Holzfloß stattfand, den festen Boden zu genießen, den wir jetzt wieder unter den Füßen haben. Ines hat sich inzwischen auch einen dieser Tanzschuhbeutel angeschafft, die Tangotänzer immer mit sich herumtragen wie Musiker ihre Instrumentenkoffer. Er schlenkert neben ihren Knien, als hätte sie ihn schon ihr halbes Leben lang immer dabeigehabt. Wir spazieren am Flussufer entlang. Das Wasser sieht um diese Jahreszeit wenig appetitlich aus, aber es ist schon dunkel, so dass wir den Fluss ohnehin mehr durch seine Plätschergeräusche wahrnehmen.
»Kann mir gar nicht vorstellen, dass es jemals wieder Frühling wird. Du?«
»Och, das geht schneller, als man denkt.«
Es war, angefangen vom Standardtanzkurs in der 8. Klasse, über den Rock’n’Roll-Kurs, den ich später absolviert habe, bis zu »Limbo für Fortgeschrittene«, den Vanessa unbedingt mit mir machen wollte, sicher die schönste Tanzstunde meines Lebens. Wir haben riesige Fortschritte gemacht. Und, ich gebe es zu, es war toll auf dem Floß. Wir waren von so vielen Schichten warmer Wolle umhüllt, dass wir die klare Winter-Fluss-Luft richtig genießen konnten, genau wie den Nachthimmel, die prächtigen Fassaden, die an uns vorbeizogen, und die Lichter am Ufer und auf dem Floß. Doch das Schönste dabei: Wir haben all das nur am Rand beachtet, weil Ines, ich und das Lächeln, das wir uns hin- und herspielten, noch viel wichtiger waren.
»Dass Vanessa es jetzt auch mit Tango versuchen will, ist schon ein Ding.«
»Ach ja, stimmt. Schon wieder vergessen.«
»Komm, du freust dich doch, Lukas.«
»Also, ich bin da leidenschaftslos.«
»Ha, leidenschaftslos. Lukas, Vanessa und leidenschaftslos. Diese drei Wörter werden niemals richtig in einen Satz passen.«
Selbst bei diesem Thema klingt Ines heute ein bisschen versöhnlicher. Nur gut, dass ich vorhin im Kurs bei allen Partnertausch-Aktionen um Vanessa herumgekommen bin. Gar nicht so einfach, bei dem chronischen Tango-Männermangel.
Sie hatte wieder das rote Kleid an. Trotz der Kälte. Alle mussten hingucken. Und dann auch noch der Gedanke an die enganliegende Skiunterwäsche, die sie darunter getragen haben muss… Verflixt. Ja. Wenigstens einen Tanz hätte ich ja schon gerne mit ihr gemacht. Nur so, um des Tanzes willen…
»Und du willst morgen wirklich wieder versuchen, Ekkelchen das Kochen beizubringen?«
»Du sagst das so, als ob es völlig hoffnungslos wäre.«
»Es ist hoffnungslos.«
»Man muss nur dranbleiben.«
»Er wird wieder unsere Küche verwüsten.«
Ich sehe sie von der Seite an und lächle. Ja, Ekkehart und ich wollen morgen Abend für eine Fünferrunde aus uns, Viktor und Annemarie kochen. Der nächste Schritt in meinem Mach-Ekkehart-fit-für-den-Alltag-Programm. Etwas gewagt, aber ich denke, man muss ihn auch mal fordern. Und in Wirklichkeit freut sich Ines auf das Essen, ich weiß es.
»Wetten wir um ein Essen im Le Canard, dass es nichts wird.«
»Gemacht. Ein Essen im Le Canard.«
Wir reichen uns die Hände und sehen uns fest in die Augen, formal um die Wette zu bekräftigen, vielleicht aber auch, weil wir uns beide unbändig auf unser Date freuen, egal wer gewinnt. Ines kichert ein bisschen und guckt beim Weitergehen in den Fluss.
»Wir könnten natürlich auch in Stöckchens Küche kochen, Ines, aber du und er, ihr beiden wollt ja immer zum Essen Musik auf seinen geheimnisvollen Hifi-Kisten hören. Und die stehen wiederum wohl noch so lange in unserem Wohnzimmer, bis eines fernen Tages endlich seine Transzendental-Turbine geliefert wird.«
»Transrotor Tourbillon.«
»Sag ich doch.«
»Einer der aufwendigsten Plattenspieler, die je gebaut wurden. 60 Kilo Hifi pur. Ich fange jedes Mal an zu sabbern, wenn ich nur ein Bild davon sehe.«
»Ich habe ja den Verdacht, das Teil wird nie fertig.«
»Das hätte zumindest einen Vorteil: Ich würde nicht vor Neid sterben.«
»Jetzt reiß dich mal zusammen,
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