Wir tun es für Geld
zeigen, wie man alleine überlebt.«
»Na dann, viel Erfolg.«
»Nur weil er neulich die Nudeln ohne Wasser aufgesetzt hat? Komm, das passiert jedem mal.«
»Ich finde viel wichtiger, dass er endlich aus dem Haus rauskommt. Abgesehen von seinen Besuchen in den Hifi-Freak-Läden besteht sein ganzes Sozialleben aus Telefonaten mit diesem Karlchen, bei denen sie über dessen neueste Wehwehchen sprechen.«
»Stimmt, der Ekkehart braucht andere Freunde. Wir müssen ihn rauslocken.«
»Ich habe gestern schon mal ganz vorsichtig eine Andeutung in die Richtung gemacht. Ich glaube, er sieht es auch…«
»Ines, Lukas, weiterr üben!«
* * *
Klirr!
»Tschuldigung.«
»Das ist jetzt schon das dritte Glas!«
»Bin halt Anfänger.«
»Kannst du dem Viktor bitte woanders Tango beibringen, Ines? Das hier ist eine Kneipe und kein Ballettstudio.«
»Nur noch einmal die Grundfigur.«
»Und diese Alter-Latino-hat-den-Blues-Musik vertreibt mir derweil die Gäste, aber das braucht ja nicht eure Sorge zu sein. Ich hab ja auch nur die 5000-Euro-Steuernachzahlung an der Backe. Das schüttelt man als Wirt jederzeit locker aus dem Ärmel und…«
Den Rest von Udos Gegrummel höre ich nicht mehr. Seit Ekkehart in unser Leben getreten ist, trifft mich jedes Wort, das mit »Steuer« anfängt, wie eine Stecknadel ins Hinterteil.
»Also, auf drei einen Vorwärtsschritt mit rechts… und Vorsicht, der Tisch!«
Udo wienert kopfschüttelnd seine Gläser, während Ines sich weiter mit Viktor abmüht. Bernd und ich sehen von der Bar aus zu. Talent hat Viktor ja schon, aber seine Schritte sind noch nicht richtig geerdet, finde ich. Gustavo würde einen Wutanfall kriegen, wenn er das sähe.
Bernd hat keine Augen dafür. Er ist unruhig. Die Scheinehe unserer Vorbilder Fridolin von Freggelhofen und Mandy Pilske ist gerade am Auffliegen. Mandys echter Freund Greg hat eine Eifersuchtskrise gekriegt und beim Finanzamt gepetzt.
»Stell dir vor, wenn die Pech haben, werden sie für einen Modellversuch benutzt.«
»Modellversuch?«
»Weißt du, wie die Ausländerbehörden testen, ob eine Ehe echt ist oder nur ein Vorwand, um die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen?«
»Nö.«
»Sie befragen beide Partner zur gleichen Zeit in getrennten Räumen zu Dingen, die man nur wissen kann, wenn man wirklich zusammenlebt. Und genau diesen Test will das Finanzamt jetzt auch mal ausprobieren. Da sitzt du dann und musst antworten. Wie heißt die Handcreme Ihrer Frau? Welche Pyjamas trägt sie?«
»Ist doch kein Problem. Zu eins: Nivea. Zu zwei: gar keine.«
»Siehst du! Schon falsch. Ines hat die Handcreme von Biotherm.«
»Eigentlich dürfte ich es dir nicht sagen, aber die Biotherm nimmt sie nur, wenn du da bist, weil du sie ihr geschenkt hast. Sonst immer Nivea, ehrlich.«
»Hey, und woher weißt du überhaupt, dass sie keine Pyjamas trägt?«
Klirr!
»Tschuldigung.«
»Schreib ers auf die Rechnung, Freund Wirt.«
Bernd schüttelt sich die Glasscherben vom Schuh.
»Warum tut ihr euch eigentlich das mit dem Tangokurs an?«
»Du, das macht richtig Spaß. Such dir doch auch eine Partnerin und stoß noch dazu.«
Eigentlich hat Bernd seine Gesichtszüge immer gut unter Kontrolle, aber jetzt guckt er eindeutig böse. Mir wird erst nach und nach klar, dass ich da gerade einen sehr bemerkenswerten Satz gesagt habe. Vor allem, wenn man die letzten Tage bedenkt.
»Ich meine natürlich…«
»Schon gut.«
Ich hatte schon immer den Verdacht, dass, wenn Ines und Bernd mal längere Zeit unter einem Dach verbringen, nicht alles eitel Sonnenschein sein würde. Und vor ein paar Wochen hatte ich mir noch vorgestellt, wie ich in dieser Situation geduldig zwischen den beiden vermittelt hätte. »Ist halt nicht so leicht, eben mal schnell von Fernbeziehung auf Vollkontakt umzustellen«, und so weiter. Jetzt ist aber alles ganz anders. Als Ines nach einer Woche Bernd wieder in unsere Wohnung kam, war sie, kein Zweifel, erleichtert, dass es endlich vorbei war.
Das und der Tanzkurs sind die beiden Strohhalme, an die ich mich gerade klammere. Blöd nur, dass Bernd schon wieder in seiner Geschäftsreisen-Routine gefangen ist. Jetzt können sich die beiden wie vorher schön aus der Distanz über ihre Terminkalender verabreden, und nach ein paar Wochen im alten Trott renkt sich womöglich alles wieder ein.
»Vielleicht hast du sogar recht, Lukas. Ich glaube, ich steige doch in den Tanzkurs ein.«
Hm, wäre das jetzt gut oder schlecht? Vielleicht
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