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Wir tun es für Geld

Wir tun es für Geld

Titel: Wir tun es für Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Ono.
     
    * * *
     
    Schichtbeginn um 13 Uhr ist wirklich zu früh für einen glücklichen Instinktmenschen. Ich werde das mit meinem Chef besprechen müssen. Jetzt brauche ich aber erst mal alles, was geeignet ist, um mich wach zu kriegen. Kaltes Wasser, Kaffee und natürlich Musik.
    Kurz in Ekkeharts Plattenkiste geblättert. Yep. John Coltrane Quartet, A Love Supreme in voller Lautstärke, das wird helfen. Davor kommt aber die Arbeit. Vorverstärker einschalten, externe Netzteile, Endstufen und so weiter. Es ist ein Kreuz, wie viel man machen muss, damit überhaupt Musik aus dem Hifi-Monstrum in unserem Wohnzimmer kommt. Und damit nicht genug, einige Kisten springen noch nicht mal sofort an, sondern man muss erst warten, bis die Vorwärmzeit vorbei ist, ein gnädiges »Klick« aus ihrem Inneren dringt und ein Lämpchen von Rot auf Grün springt. Außerdem, klar, die Platte mit der Karbonbürste reinigen und, natürlich, Tonarmlift nicht vergessen. Ich muss mir A Love Supreme dringend auf CD besorgen, dann kann ich mir den ganzen Zirkus in Zukunft sparen. Der Toaster in der Küche ist da ein ganz anderes Kaliber. Der toastet wenigstens sofort.
    Vanessa schläft immer noch. Als ich vorhin die Treppen zu uns hoch bin, habe ich durch das Treppenhausfenster Juan vor unserem Hauseingang herumlungern sehen. Er scharrte schon wieder mit den Füßen. Hoffentlich ist er keiner von der Springmesser-Fraktion, sonst habe ich bald ein Problem.
    Ich bin so müde, dass ich nicht schmecken kann, was ich mir da gerade in den Hals gieße, aber es wird schon Kaffee sein. Die Farbe stimmt jedenfalls. Und der Toast macht auch die Geräusche, die ein guter Toast machen soll. Nach der dritten Scheibe ist mein Geschmackssinn gewöhnlich auch aufgewacht, aber so viel Zeit habe ich heute nicht. Die Bartstoppeln müssen runter, der schlechte Atem aus dem Mund raus und das Verkäufer-Kostüm an mich dran. Komisch, irgendwie ist mein beruflicher Elanschub von neulich wieder völlig dahin.
    Bevor ich die Wohnung verlasse, mache ich die Anlage wieder aus, so wie ich es von Ekkehart und Ines gelernt habe. Zuerst die Endstufen, dann den Vorverstärker, dann den Rest. Danach verstaue ich mit letzter Kraft die Platte. Mal sehen, vielleicht schaffe ich es ja, mir auf dem Rückweg noch die A Love Supreme- CD zu kaufen.
    Im Treppenhaus laufe ich zum ersten Mal seit Tagen wieder in Frau Kohlmeyer.
    »Frau Kohlmeyer, Sie sehen irgendwie angestrengt aus.«
    Moment, normalerweise läuft das doch umgekehrt. Sie muss sich doch um mich Sorgen machen.
    »Ach, Herr Fink, wenn Sie wüssten. Mein Neffe hat sich zum Geburtstag gewünscht, dass ich mit ihm auf den Rummel gehe. Und ich sage Ihnen, diese Achterbahnen von heute, das ist nicht mehr so, wie es früher war.«
    »Sie sind doch nicht etwa den Freaky Furious Bastard gefahren? Also, Frau Kohlmeyer, bei allem Respekt, da muss man einfach auch mal nein sagen können.«
    »Sie haben ja recht, Herr Fink. Aber wissen Sie was? Ich habe eine Jahreskarte für das Entspannungsbad am Herzogdamm. Das gönne ich mir morgen.«
    »Ja, das sollten Sie tun.«
    »Kommen Sie doch mit, Herr Fink. Sie sehen auch etwas abgegessen aus.«
    Na also.
    »Danke, Frau Kohlmeyer, aber ich habe nur zu wenig geschlafen. Das wird schon wieder.«
    »Ich darf jeden letzten Donnerstag im Monat jemanden umsonst auf meine Karte mitnehmen. Sagen Sie einfach Bescheid, wenn Sie es sich noch überlegen.«
    »Danke, Frau Kohlmeyer. Einen schönen Tag noch.«
     
    * * *
     
    In der Straßenbahn versuche ich, wie immer, gerade so laut zu summen, dass ich noch als gut gelaunt und nicht als geistig verwirrt durchgehe. Manchmal träume ich davon, dass ein ganzer Gospel-Chor einsteigt und mitsummt und -klatscht. Stattdessen steigt ein paar Stationen weiter Herr Bilgenhorst von der Weinabteilung ein und nickt mir müde zu. Ob er so wenig geschlafen hat wie ich, weiß ich nicht, aber vom Restalkoholpegel her nehmen wir beide uns wohl nicht viel.
    Am Ziel angekommen schlurfen wir wortlos in die Umkleideräume. Um mich in einen Verkäufer zu verwandeln, muss ich nur meinen Mantel ausziehen, mein Schildchen anstecken und mir kurz mit dem Kamm durch die Haare fahren. Ich bin dabei sogar etwas schneller als Herr Bilgenhorst, der mir noch einmal matt, aber freundlich zulächelt, bevor ich im Korridor zu den Verkaufsräumen verschwinde.
    Dass im Korridor etwa zehn Kollegen, mein Chef Herr von Buldenfort und mein Oberchef Herr Kreitmayr herumstehen, ist zwar nicht

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