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Wir tun es für Geld

Wir tun es für Geld

Titel: Wir tun es für Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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groß aufzufallen. Und mit jedem neuen Stück kriege ich das Führen besser hin. Ab und zu schaffen wir es sogar, uns beim Tanzen anzusehen.
    »Ein Stück noch, dann machen wir Pause, okay, Lukas?«
    »Machen wir.«
    Ich koste die letzten Runden aus. Ja, gut, wenn man uns auf Video aufnehmen würde und uns zwänge, das hinterher anzusehen, wären wir wahrscheinlich über unser Gestakse entsetzt, aber das wird schon noch mit der Zeit. Der Knoten ist geplatzt, wir werden mit jedem Tanz besser. Und die Bergiselschanze sollte ich vielleicht auch bald mal in Angriff nehmen.
    »Pause. Bitte.«
    Nanu? Ines zieht mich an der Hand zu den Stühlen. Das ist nicht ihr gewohnter Gang. Kaum sitzt sie, hat sie auch schon den rechten Schuh aus. Ihr Knöchel sieht nicht gut aus.
    »Ines! Autsch.«
    »Ach, nicht so schlimm. Dauert halt ein bisschen, bis die neuen Schuhe eingetanzt sind.«
    »Zeig mal.«
    Mmh, das warme neue Leder duftet so sexy wie nur irgendwas. Ich biege die drückende Randstelle ein paarmal kräftig hin und her, weiß aber, dass es nicht viel bringen wird.
    Vor unseren Augen zieht ein neues Tanzpaar mit unendlich langgezogenen Schritten durch den Raum. Sie bewegen sich so schnell, dass die Luftwirbel unsere Gesichter erreichen. Zusammen sehen sie aus wie ein Ferrari, der mit 100 Sachen durch einen Slalomparcours rast, ohne auch nur einmal mit den Reifen zu quietschen. Unglaublich, dass die beiden dabei nur Augen für sich haben. Anscheinend wissen sie blind, wo die Lücken zwischen den anderen Paaren sind, die vor und hinter ihnen alle naselang zusammenrumpeln.
    Beim männlichen Part des Paares braucht man sich darüber nicht zu wundern, schließlich hat Gustavo der Legende nach schon Tango getanzt, als er noch nicht einmal laufen konnte. Vanessa hat dagegen erst nach uns mit dem Kurs angefangen. Wie kann es sein, dass sie jetzt schon so in ihrem roten Kleid übers Parkett fegt, dass den Kerlen der Kiefer bis auf das Parkett hinunterfällt?
    Ines knetet ihre Druckstelle und verfolgt die beiden mit offenem Mund.
    »Starr Gustavo nicht so an.«
    »Starr Vanessa nicht so an.«
    »Unglaublich, wie gut der führt.«
    »Der Hammer, wie gut die sich führen lässt.«
    Ob vor meinem fiesen Mathe-Lehrer Herrn Kregelwein, meiner 1,95 Meter großen Fahrlehrerin Frau Dilzinger oder meinem strengen Abteilungsleiter Herrn von Buldenfort, ich bin mir schon oft in meinem Leben sehr klein vorgekommen. Ich bin mir aber noch nie als Paar sehr klein vorgekommen. Ob es Ines genauso geht?
    »Komm, das kriegen wir auch hin, Lukas.«
    Sie grinst. Ihre Manager-Positiv-Denk-Hirnschaltung hat aber auch wirklich nie einen Aussetzer. Gut. Einfach da anknüpfen, wo wir aufgehört haben. Und mir doch egal, wie gut Vanessa und Gustavo tanzen. Wo ist die Eins?
    Mist. Es ist mir doch nicht egal, wie gut sie tanzen. Oder, besser gesagt, mir ist nicht egal, warum sie so gut tanzen. Wie viel Zeit muss Vanessa in den letzten Tagen mit Gustavo verbracht haben?
    Mir egal. Mir egal. Mir egal.
    Ines.
    »Wie geht es deinem Fuß?«
    »Der soll die Klappe halten und seinen Job machen.«
    »Quälen gilt nicht.«
    »Ich quäl mich nicht.«
    »Ehrlich?«
    »Nein. Autsch!«
    Gut, dass ich führen darf. Ich tanze Ines langsam zurück zu den Stühlen und setze zum Schluss eine Freestyle-Drehung an, mit der wir beide auf den Sitzflächen landen.
    »Zeig noch mal.«
    »Aber sie drücken wirklich kaum noch… Autsch!«
    »Höchste Zeit, dass du da raus kommst. Noch ein paar Schritte mehr, und du hast eine dicke Blase.«
    »Manno.«
    »Ich hol uns erst mal was zu trinken. Apfelschorle?«
    »Ja, danke.«
    Der junge Hispanier hinter der Theke hat deutlich mehr Talent im Feurig-Dreingucken als im Ausschenken. Er braucht für die beiden Apfelschorlen etwa so lange wie ein besserer Barkeeper für eine Runde Willkommensmojitos für zwei Reisebusladungen. Als ich wieder zurückkomme, sitzt Vanessa auf meinem Platz.
    »Ines, Schatz, du kannst doch nicht ohne Pflaster in der Tasche losgehen, wenn du neue Schuhe hast. Hallo, Lukas! Hol doch mal schnell meine Tasche. Liegt bei Miguel hinter dem Tresen.«
    Miguels Blick wird noch einmal extra feurig, als ich Vanessas Tasche haben will. Erst nachdem er einen Wink von ihr bekommen hat, gibt er sie heraus. Als ich wieder bei den Damen bin, fischt Vanessa mit einem Handgriff ein Hightech-Blasenpflaster heraus und verarztet Ines’ Fuß. Hätte ich auch dran denken können.
    »Aber du machst jetzt trotzdem erst mal eine halbe Stunde

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