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Wir tun es für Geld

Wir tun es für Geld

Titel: Wir tun es für Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Skandal. Sie haben mir mit großen Worten etwas aufgeschwätzt. Und Sie haben insgeheim genau gewusst, dass es nichts taugt. Aber mit einer wehrlosen alten Frau kann man es ja machen.«
    »Aber nein, hören Sie doch…«
    »Ich will den Geschäftsführer sprechen.«
    Das passiert doch alles nicht wirklich, oder?
    »Ich versichere Ihnen, so wahr ich hier stehe, ich habe noch nie…«
    »Den Geschäftsführer! Sofort!«
    »Natürlich, den Geschäftsführer. Wenn Sie wollen, werde ich ihn holen.«
    Herr Kreitmayr, entschuldigen Sie, aber es gibt hier ein Problem mit einem Taschenrechner… Soll ich das wirklich tun? Also, jetzt zum letzten Mal, angenommen, ich bin doch in einem Paralleluniversum, dann spräche eigentlich nichts dagegen, wenn ich jetzt einfach laut losschreien würde. Kann mir doch völlig egal sein, was die Leute im Paralleluniversum von mir denken. Vielleicht hört dann der ganze Spuk sogar mit einem Schlag auf? Und wenn die These nicht stimmt, dann werde ich wenigstens endlich gekündigt. Also, alles spricht dafür. Ich hole tief Luft – und stoße sie sofort wieder hustend aus, weil mir aus heiterem Himmel eine Hand auf die Schulter haut.
    »So, ich glaube, jetzt haben wir Sie aber lange genug geguält, haahaaa! Gestatten, wir sind das Spaßteam von Verarscht! Lausbuben mit versteckter Kamera. Wir haben uns erlaubt, Sie ein bisschen auf die Schippe zu nehmen, Herr Fink. Wir haben den Taschenrechner manipuliert, den unsere Schauspielerin neulich bei Ihnen gekauft hat. War gar nicht so einfach, aber unser Technikteam hat ganze Arbeit geleistet, haahaaa! Zwei plus zwei ist fünf! Schade, dass Sie Ihr Gesicht nicht sehen konnten! Ihr Mund stand so weit offen, da hätte ein Traktor reinfahren können, haahaaa! Aber Spaß beiseite, Herr Fink, Sie haben wirklich Nerven wie Stahlseile. Ein anderer hätte bestimmt schon längst angefangen, laut zu schreien, haahaahaahaaaaa!«
    Ich sehe Frau Gruber, Herrn Bilgenhorst und noch ein paar andere Kollegen um uns herumschleichen und sich gegenseitig zufeixen. Mein Atem geht flach, und mir ist schwindelig. Ich würde mich am liebsten in die hinterste Umkleidekabine verziehen, mich hinsetzen und in aller Ruhe wieder zu Kräften kommen. Stattdessen reiche ich diesem Ohrfeigengesicht von Moderator auch noch die Hand und lasse mich von ihm in Richtung Kamera drehen. Ein klein wenig hoffe ich aber immer noch, dass das alles nicht wirklich passiert.
     
    * * *
     
    Geschafft. Die Schicht ist vorbei. Nichts wie weg. Ich reiße meinen Mantel vom Haken. Jetzt muss ich wirklich erst mal irgendwo ganz im Stillen über alles nachdenken. Als ich die Türklinke schon in der Hand halte, höre ich Herrn Kreitmayrs immerzu laut und positiv polternde Managerstimme hinter mir.
    »Herr Fink, auf ein Wort.«
    Nein, ich kann nicht so tun, als ob ich ihn nicht gehört hätte. Ich drehe mich um.
    »Ja, Herr Kr…?«
    »Ich denke, Sie haben unter diesen außergewöhnlichen Umständen heute noch einmal bewiesen, dass wir ganz richtig lagen, als wir Ihnen neulich die Auszeichnung gegeben haben.«
    »Danke, Herr Kr…«
    »Als die Versteckte-Kamera-Leute wegen der Dreherlaubnis angefragt haben, dachte ich zuerst, nein, auf keinen Fall. Aber dann hatte ich eine Idee. Ich habe mir gesagt, das ist ein perfekter Test für unseren Mitarbeiter des Quartals. Und den haben Sie wirklich mit Bravour bestanden. Keine Frage. Souveräne Haltung, immer dem Kunden zugewandt, stets um Deeskalation bemüht. Alle Achtung.«
    »Nun ja, ich habe mir eigentlich nur Gedanken darüber gemacht, ob wir vielleicht beide in ein Parallel…«
    »Ich sage Ihnen was, ich werde mir ernsthaft überlegen, ob wir diesen Film nicht sogar als Lehrvideo einsetzen. Kann ich Ihnen noch nicht versprechen, aber eins weiß ich sicher, es wird wirklich höchste Zeit, dass wir Sie mal aus Ihrem Unterwäschewinkel herausholen.«
    »Ach, Herr Kreitmayr, das ist nicht…«
    »In Ihnen steckt ein großartiger Kundenberater. Ich hatte in den letzten Jahren ein völlig falsches Bild von Ihnen. So, jetzt machen Sie sich aber erst mal einen schönen Abend. Auf Wiedersehen.«
    »Auf Wiedersehen, Herr Kr…«
    »Ach, und, Herr Fink, noch einen Rat: Kümmern Sie sich ja nicht um den Neid der Kollegen.«
     
    * * *
     
    Als ich nach Hause komme, höre ich schon wieder die Kathedralenzupfermusik. Pling, Plang, Plong. Na ja. Ich gewöhne mich allmählich daran. Während der schneeweiße Plattenspieler arbeitet, sitzt Ines auf dem Sofa und

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