Wir tun es für Geld
Ich brauche aber noch schnell eine Stange Lauch. Ohne den Mantel anzuziehen stürze ich die Treppen herunter auf die Straße und erwürge an der Ecke beinahe einen Dackel, weil ich über seine Hundeleine stolpere.
Auf dem Rückweg kommt mir Frau Kohlmeyer entgegen.
»Du liebe Güte, Herr Fink, Lauch! Wenn ich das gewusst hätte. Sie hätten auch von mir jede Menge Lauch haben können. Ich habe gestern viel zu viel gekauft.«
»So ein Pech auch, Frau Kohlmeyer, aber dann machen Sie sich doch einfach ein Süppchen draus.«
»Ach, wissen Sie, ich bin mehr für herzhafte Kost. Kommen Sie denn am Donnerstag mit ins Entspannungsbad?«
»Ja, Frau Kohlmeyer, auf jeden Fall.«
Wenige Sekunden später stehe ich am Herd. Wie viel Zeit werde ich wohl haben? Egal, ich glaube dran. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Zack, der Lauch ist in fingerbreite Stücke geschnitten. Zack, die Basilikumblätter sind auch gaumenfertig. Wutsch, die Tomaten sind gehäutet, watsch, die Brühe ist angerührt (seit einem gewissen Ereignis schwöre ich jetzt doch auf Instant), bratz, die Butter schäumt in der Pfanne auf, holterdipolter, der Lauch purzelt hinein. Während er eindünstet, reibe ich schnell ein bisschen Zitronenschale ab und schneide den Lachs in Scheiben und trommele anschließend mit den Fingern.
So, das reicht, zisch, die Brühe drüber. Ich drehe die Temperatur höher, als es eigentlich gut wäre, damit es schneller geht. Als Ausgleich rühre ich wie ein Besessener wilde Achten mit dem Kochlöffel und hoffe, das es etwas hilft. Ines kann jeden Moment kommen…
So, genug eingekocht. Tomaten und Sahne fliegen schneller, als man gucken kann, in die Pfanne. Mit dem Koriander bin ich etwas vorsichtiger, der darf nämlich auf keinen Fall dominieren… Jetzt noch das Salz-Pfeffer-Ritual und, nicht vergessen, Wasser für die Nudeln aufstellen. Anschließend Lachs und Basilikum dazu, eine Minute sanft köcheln und… hmhm, kleiner Spritzer Zitronensaft noch… Ja, das kann man lassen.
Ich lasse die Tischdecke auf die Tischplatte sinken, und noch während die aufgewirbelte Luft durch den Raum huscht, um sich einen anderen Platz zu suchen, landen Teller und Besteck auf ihren Plätzen. Wenn ich jetzt noch schnell den Wein und die Kerzen… Tatsächlich, ich habe es geschafft. Danke, Tigerchen!
Ich bewege mich jetzt wieder langsamer. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühle ich mich wieder ganz in mir drin und im Hier und Jetzt und überhaupt. Noch einen letzten kritischen Blick durch den Raum. Hm, das ist natürlich wieder ein Dämpfer. Viel zu helles Licht, viel zu weiße Wand, viel zu… Ha, ich habs, ich könnte heute ausnahmsweise eine 40-Watt-Birne in die Deckenleuchte reinschrauben. Piff, ich bin in der Vorratskammer. Zapp, ich bin wieder da. Autsch, ich verbrenne mir an der heißen 100-Watt-Birne die Finger. Rickrack, Ines schließt die Tür auf. Tschawupp, ich hüpfe schnell vom Tisch.
»Na, Ines, was machen Stöckchen und Tigerchen?«
»Ich kommte verhimderm, dass sie ihm auffrissp. Umd epf brauch ich erst ma brimgemb moch mehr Taschemtücher.«
Nachdem ich, trotz Einsatz all meiner magischen Kräfte, die 40-Watt-Birne in meiner Hand nicht in eine rote Rose verwandeln kann, gebe ich es auf und lasse sie unauffällig in meiner Gesäßtasche verschwinden. Ines vergräbt ihr Gesicht derweil lustvoll im weichen Zellstoff.
»Pfrrrrrrrrrrz. Ah, schom besser… Oh, sag ma, wie hasp bu bemm bas so schmell bezauberp?«
»Ich dachte, wir…«
»Kamm im Momemp leiber michts riechem, siehp aber mirklich mecker aus. Bas ist bas?«
»Das ist, hm… Spaghetti I&L.«
»Spaghetti I&L? Hm, umd bofür stehp I&L?«
»Für… Lachs und Lauch.«
»Max umd Mauch? Bamm müsste es boch Spaghetti L&L heißem.«
»Na ja, Lachs heißt auf Italienisch, äh, incondo.«
»Stimmt boch garmich.«
»In bestimmten Regionen…«
»HUATSCHA!«
»Gesundheit.«
»Pfrrrrrrz. Bu hast Spaghetti Imes&Mukas gemeimp, ober?«
Das Katzenallergierot ihrer Augen kann ihren Sehen-wir-den-Tatsachen-ins-Gesicht-Blick nicht verschleiern. Ich schaffe es, trotzdem zu lächeln. Sie gibt sich einen Ruck und umarmt mich kurz.
»Mukas, bu kammst so wumberbar seim, aber…«, sie drückt meine Hand und macht eine lange Pause, »… bu bist bamitp ebem viem zu späp bram, verstehsp bu? Ich hab ja gamz ehrmich gesagp auch kurz mam gebacht, das kömmpe moch mas werbem mip ums, aber, mee, bas passp himpem ump vorme michp.«
Gerade war ich noch in mir drin. Jetzt
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