Wir tun es für Geld
alles… für unseren Hochzeitstag…? Wow… Ich… Warte, ich muss kurz ins Bad. Bin gleich zurück.«
Während Ines verschwindet, stürze ich zur Balkontür und reiße sie auf. Da sind die drei.
»Schnell, kommt rein!«
»Damit Ines uns doch noch sieht? Nein, wir ziehen das jetzt durch.«
»Echt, kein Problem, Lukas, wir spielen hier solange Mau-Mau.«
»Aber ihr holt euch den Tod.«
»Mach zu! Sie kommt!«
Ines bleibt erst mal eine kleine Ewigkeit in der Wohnzimmertür stehen. Ihre Augen wandern Runde um Runde in der Welt herum, die wir gebaut haben. Wo vorher deprimierend schmutzigweiße Wände waren, fällt nun weinroter Stoff. Darauf schweben Ekkeharts ungerahmte abstrakte Gemälde. An der Decke über dem Esstisch und über der Couch schimmert ein Sternenhimmel aus kleinen Lichtern. Das doofe Regal wird jetzt von einem Vorhang aus weißem Stoff mit einem schicken Muster aus feinen hellgrünen Linien abgedeckt. Nur das Abteil links von der Mitte, in dem die Hifi-Anlage steht, ist ausgespart, so dass sie in ihrer ganzen Pracht voll zur Geltung kommt. Eine Ekkhart-Platte dreht ihre Runden auf Ines’ Plattenspieler, und irgendein tiefenentspanntes Harfen- und Klaviergeplätscher streichelt sanft die Luft. Ob Ekkeharts kaum nussschalengroße goldene Resonatorschälchen an der Wand den Klang wirklich verbessern, weiß ich nicht, aber sie sehen sehr schick aus. Auch der schreckliche Couchtisch ist, weiß angesprüht, richtig hübsch geworden, und erst recht das ehemals fleckige Sofa mit dem neuen Bezug. Und, vielleicht am wichtigsten, der trostlose zerschrammte Dielenboden wird gnädig von einer dicken Sandschicht bedeckt.
Im Sand liegt ein Dutzend gut gealterter Volleybälle wie Findlinge herum. Hinter den Findlingen sind die Lampen aus Vanessas Schlafzimmer versteckt. Zusammen mit dem Leuchtesternenhimmel, den Papierlaternen auf den Borden und den Kerzen auf dem Tisch geben sie dem Raum ein wunderbar warmes und angenehmes Licht. In all das mischt sich der verführerische Duft von Entenbrust à l’orange, der aus der Küche herüberweht und uns zeigt, dass es die Ente kaum noch erwarten kann, endlich auf den Tisch gestellt und vernascht zu werden.
»Also… bleibt das jetzt so mit dem Sand?«
»Wenn du willst.«
»Aber ich zieh doch bald aus.«
Das klang jetzt wiederum überhaupt nicht so, als käme es von ganz tief innen, sondern mehr wie eine längst veraltete Anrufbeantworter-Ansage. Das Etwas in mir jauchzt und hüpft weiter.
»Und, mhmmm, was hast du gekocht?«
Frau Kohlmeyer wars.
»Entenbrust à l’orange. Komm, setz dich. Möchtest du einen Aperitif oder lieber gleich mit Rotwein beginnen?«
»Lieber gleich mit Rotwein…«
Ines will Platz nehmen, fällt mir aber, als ich ihr den Stuhl hinrücken will wie der Ober im Le Canard, plötzlich um den Hals. Während sie mich fest drückt und ganz lange nichts sagt, hüpft das Etwas in mir so wild, dass mein Brutkorb von innen Beulen bekommt.
»Lukas, nur, dass du es ein für alle Mal weißt: Du – bist – toll!«
Sie schaut mir in die Augen und strahlt.
»Und ich hab übrigens großen Hunger!«
Was für ein Auftakt. Besser hätte es nicht laufen können, oder? Ich habe völlig über ihren Kopf hinweg unserem Wohnzimmer ein neues Gesicht verpasst, ohne dabei auch nur einen Stein auf dem anderen zu lassen, und das alles mit einem Konzept, das von drei Amateuren in nur knapp einem Tag umgesetzt werden musste. Die Variante, dass Ines einen Schock, eine Panikattacke oder einen Wutanfall kriegt, war nicht ganz unwahrscheinlich, das wird mir jetzt erst klar. Aber ich habe wohl tatsächlich jeden einzelnen Nagel genau auf den Kopf getroffen… Wenn nur nicht die drei armen Teufel hinter dem Vorhang auf dem Balkon wären.
Ich entkorke gedankenverloren den Château Quinault L’Enclos. Das Beste, was Herr Bilgenhorst in seinem Regal finden konnte.
»Ich zahl fünf Cent für deine Gedanken, Lukas.«
»Alles in Ordnung. Bin nur etwas erschöpft.«
Es sind höchstens acht Grad da draußen. Und der Ekkehart ist so ein dünnes Hemd… Wir stoßen an und sehen uns in die Augen wie, ja wie, wie einer, der verliebt ist und eine, die…
»Mhmm! Lukas, ich weiß gar nicht mehr, was ich sagen soll.«
»Ha, du weißt nicht mehr, was du sagen sollst?«
»Hihi, nee, ehrlich nicht.«
Wie sie lächelt. Ich könnte vor Glück weinen. Wir trinken ein paar langsame Schlucke, und Ines’ Blick wandert immer wieder zwischen dem Raum und mir hin und her. Ab und
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