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Wir tun es für Geld

Wir tun es für Geld

Titel: Wir tun es für Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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daraufhin schnell wieder so sanft wie davor.
    »So, jetzt müssen wir aber wirklich los.«
    »Ihr könnt auch gerne bleiben.«
    »Na, na, es ist euer Hochzeitstag.«
    »Aber versprich mir, dass du ein heißes Bad nimmst und gleich danach unter die warme Decke schlüpfst, Ekkehart.«
    »Mach ich. Tigerchen kuschelt sich bestimmt auch dazu, und dann hab ichs schön warm.«
    Ines lächelt bei dem Gedanken. Ich drücke Viktor und Ekkehart fest an meine Brust und versuche anschließend so viel von Frau Kohlmeyer zu umarmen, wie meine Arme schaffen. Hoffentlich kommt Viktor gut nach Hause. So müde habe ich ihn noch nie gesehen, wie eben, als er mit letzter Kraft die Treppe hinuntersank.
    Die drei hatten unrecht. Sobald sie verschwunden sind, fällt Ines mir noch einmal um den Hals. Der Anblick der abgerackerten Gestalten hat mich in ihren Augen vom heroischen Einzelkämpfer in die noch glorreichere Position eines Generals und Kriegshelden befördert.
    »Irgendwie… erkenn ich dich kaum wieder, Lukas.«
    »Und ich… erkenn mich endlich überhaupt mal.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Hunger auf Ente à l’orange?«
    »Jaaa!«
    Als wäre eine unsichtbare Reset-Taste gedrückt worden, sitzen wir uns wieder gegenüber und lächeln uns an. Ich hatte, nachdem ich die Soße probiert habe, so hohe Erwartungen an die Ente, dass es ein Wunder ist, dass die ersten Bissen sie fast noch übertreffen. Ines geht es wohl genauso. Wir essen und reden dabei ein bisschen. Und wir genießen jeden Bissen so sehr, dass wir immer gleich im nächsten Moment schon vergessen haben, was wir gerade gesagt haben. Unsere Worte ergänzen nur die Hintergrundmusik.
    Erst als die Gabeln beginnen, immer langsamer zum Mund zu wandern, weil wir satt sind, werden unsere Sätze wieder zum Teil der Haupthandlung. Ines lehnt sich mit einem der letzten Bissen im Mund zurück, kaut ein wenig und schaut mich an.
    »Sag mal, welchen Jazzmusiker wolltest du heute eigentlich interviewen?«
    Ah. Showtime. Ines’ Augen sind wie zwei Türen, auf denen »Öffne mich, wenn du kannst« steht. Komisch, ich bin gar nicht aufgeregt. Was ich sage, kommt wie von selbst.
    »Ich darf die große Harfenistin Ines Herzog interviewen. Und, stell dir vor, sie ist gekommen. Sie sitzt mir gegenüber, und ich sage dir nicht, wie wunderbar sie aussieht, denn ich bräuchte Stunden, um ihr gerecht zu werden, und darüber würde ich das Interview verpassen. Nur ein kleines Detail: Sie kann mit den Lippen strahlen und mit den Augen küssen.«
    Ich fühle mich wie ein Weltklasse-Tennisspieler, der gerade einen perfekten Aufschlag gespielt hat und dem Ball ausnahmsweise in Superzeitlupe hinterhergucken kann. Die Superzeitlupe zeigt Ines’ Gesicht. Das breite Lächeln mit dem homöopathisch zarten Hauch von Sarkasmus wird, ohne dass sie sich dagegen wehren kann, wieder vom strahlenden Lächeln, das sich hinter einem ungläubigen Kopfschütteln versteckt, überblendet.
    »Dann hoffe ich, du stellst ihr die richtigen Fragen.«
    Oh ja.
    »Frau Herzog, was ist in Ihren Augen die wichtigste Eigenschaft einer großen Harfenistin?«
    »Das ist nicht fair, Lukas, die Fragen für McCoy Tyner waren viel einfacher.«
    »Dann lassen Sie uns gemeinsam überlegen.«
    Nicht, dass ich gerade einen Plan hätte. Ich improvisiere – oder eiere einfach nur herum, mal sehen.
    »Beginnen wir ganz einfach. Eine Harfenistin…«
    »… zupft Saiten, oder?«
    »Bringt Saiten zum Klingen.«
    »Romantiker.«
    »Aber von welchen Saiten sprechen wir? Von den Harfensaiten?«
    Nicht schlecht, aber ich muss diesen Karstadt-Verkäuferton wegkriegen.
    »Oder, besser gesagt, sprechen wir nur von Harfensaiten? Nein, eine Harfenistin von Weltgeltung wie Sie…«
    »Lukas, also wirklich…«
    »… bringt nicht nur die Saiten ihres Instruments zum Klingen, sondern auch Saiten im Herzen ihrer Zuhörer.«
    Ja!
    »Mancher Zuhörer.«
    »Da haben Sie recht. Mancher Zuhörer. Wer nicht mit dem nötigen Sensorium ausgestattet ist, wer es nicht fühlen kann, ja, der… fühlt es nicht.«
    »So sieht es aus.«
    Verflixt, da wollte sie mich haben. 1:0.
    »Das ist genauso, als… würde man eine audiophile Schallplatte auf einer unzureichenden Stereoanlage abspielen.«
    Ich reite mich immer tiefer rein.
    »Aber manche Zuhörer lernen es auch beim Hören, nicht, Herr Interviewer?«
    Oh, Ines baut mir auf einmal eine Brücke?
    »Ja, richtig.«
    »Manche brauchen das ganze Konzert lang.«
    »Ja, richtig.«
    »Und manche verstehen es sogar

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