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Wir wollen Freiheit

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Titel: Wir wollen Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Gerlach
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arabische Aktivisten bietet auch die »Akademia al Taghier   – Die Veränderungsakademie« an. Dies ist eine private Organisation, die von Ägyptern geleitet wird, die in Qatar leben. Sie bietet Online-Kurse zu Themen wie Organisationsaufbau und Proteststrategien an. »Wir haben auch einen Workshop mit ihnen gemacht. Dann haben wir unsere Schulungen selbst geplant, uns aber mit den Leuten von der Akademie ausgetauscht. Sie haben andere Gruppen hier in Ägypten geschult«, erzählt Mohammed Adel.
    |100| Die Unterstützung aus dem Ausland ist eine heikle Angelegenheit für die ägyptischen Revolutionäre. Der Vorwurf, von Washington finanziert zu sein, kann eine Gruppe ins Abseits befördern. Dem
6.   April
ist es deswegen auch wichtig, den ägyptischen Charakter der Revolution herauszustellen. »Wir leugnen nicht, dass wir die Unterstützung aus Washington und Serbien bekommen haben, im Gegenteil, wir sind sehr froh, dass wir sie bekamen. Man muss aber sagen, dass wir sie wohl eher aus einem Unfall heraus bekamen. Als wir unterstützt wurden, war es nicht mehr U S-Regierungslinie , den Regime-Wechsel in Ägypten zu wollen. Obama hat ja wieder sehr die Regierung Mubarak unterstützt. Man kann also sagen, wir haben Hilfe bekommen, obwohl sie nicht politisch ins Bild passte und haben dann das Beste für uns daraus gezogen und das Gelernte auf die Besonderheiten Ägyptens angepasst«, sagt Mohammed Adel.
    Zwei Monate nach dem Sturz Mubaraks erscheinen in der
New York Times
mehrere Artikel zum Thema, welche die Unterstützung durch Washington weit größer darstellen. Von regelmäßigen Treffen mit Diplomaten ist die Rede. Die
6.   April
-Bewegung fühlt sich im falschen Licht dargestellt und vermutet hinter diesen Artikeln eine Absicht: »Die USA wollen sich als Förderer der Revolution darstellen«, so der Aktivist Mahmoud Afifi in einem Interview mit
Al Ahram
. Es kommt zum Streit in der Bewegung: Ein Teil will die
New York Times
verklagen und ihren Ruf reinwaschen. Ahmed Maher hingegen kümmert sich ihrer Meinung nach nicht genug darum. Statt zu klagen reist er zur nächsten Veranstaltung in die USA. »Ich muss jetzt damit rechnen, dass ich – wenn ich zum Beispiel zu einer Veranstaltung aufs Land fahre, um über politische Bildung zu sprechen – beschimpft werde, dass wir Geld von den USA bekommen haben. Ich könnte mich besser verteidigen, wenn wir die Zeitung zu einer Gegendarstellung bekommen würden«, erklärt |101| einer der Abtrünnigen. Im Juli werden an der Kairoer Metro Flugblätter verteilt, auf denen steht, dass der
6.   April
weiterhin im Dienst ausländischer Mächte stehe. Das sei der Grund, weshalb die Bewegung immer wieder zu Protesten aufrufe. Das Land solle nicht zur Ruhe kommen. »Die Kampagne hat einen Grad der Absurdität erreicht, dass sie uns schon wieder nützt«, sagt Sherif al Ruby aus dem Politikkomitee der Bewegung.
    Die Schriften Gene Sharps und Srdja Popovics sind vor der Revolution in Ägypten gelesen worden. In einer 2 6-seitigen Anleitung für eine »Schlaue Revolution« hatten Ahmed Maher und Co die Grundprinzipien zusammengefasst und unter den Aktivisten verbreitet. Allerdings gibt es selbst unter denen, die sich aktiv an der Organisation der Revolte beteiligt haben, viele, die von Sharp und CANVAS noch nie etwas gehört haben.
    Es gab aber auch noch andere Förderprogramme: Im Zuge des U S-Programms zur Demokratisierung wurden in den vergangenen Jahren Tausende von jungen Ägyptern in die USA zu Besuchsreisen oder politischer Bildung eingeladen. Auch spezielle Gruppen, Gewerkschafter etwa, wurden eingeladen und in den USA geschult. Sicherlich haben auch Vernetzungen von Aktivisten und Bloggern durch geförderte Plattformen wie
Cyberdissident
oder
Globalvoices
und die 1001   Seminare von internationalen Organisationen und Stiftungen eine Rolle gespielt. So lud – um nur eines von sehr vielen Beispielen herauszugreifen – die Deutsche Welle im Herbst 2010   Blogger aus Deutschland und verschiedenen arabischen Ländern nach Kairo zu einem Workshop ein. Eigentlich sollte es um Kulturaustausch gehen, doch für die arabischen Teilnehmer war dies eine willkommene Gelegenheit, sich mit Aktivisten aus den anderen Ländern zu vernetzen. Zwei Monate später, als die Revolte in Tunesien losging, wandten sie sich an Lina Ben Mhenni, die unter dem Namen |102| »A Tunisian Girl« aus Tunis bloggt. Dann wurde Mohammed al Gohary aus Kairo eine wichtige Infoquelle und natürlich standen

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