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Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert (German Edition)

Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert (German Edition)

Titel: Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Beitzer
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Verhalten von Politikern gegenüber Journalistinnen geht. Sondern dass es eine Diskussion darüber braucht, in was für einem Land wir eigentlich leben wollen, wie wir uns das Verhältnis von Männern und Frauen vorstellen.
    Die plötzliche Popularität von @marthadear – Anne Wizorek – gab den ganzen Netzleuten plötzlich ein Gesicht, das weit übers Netz hinausstrahlte. Doch nicht nur die Tatsache, dass hier jemand einfach so Feminismus machte, der nicht von den männlich dominierten Chefredaktionen deutscher Leitmedien abhing, zeichnete #Aufschrei aus. Sondern auch, dass die Internet-Feministinnen sich endlich mal von ihrer Mutter- und Großmuttergeneration freimachen konnten, die immer schon alles besser wusste, die Tipps parat hatte, wie man sich am besten anpasst, wie man zu Macht kommt oder wie man sie verfehlt und wie man sich gegenüber Männern zu verhalten hat.
    Jahrelang hat sich der deutsche Feminismus im Prinzip an der Frage «Für oder gegen Alice Schwarzer» abgearbeitet – eifrig befeuert von den Medien, die diesen Konflikt immer wieder aufgriffen. Keine Feminismus-Talkshow, die ohne die Vorzeige-Feministin auskam. Geradezu lachhaft war in diesem Zusammenhang, dass in der Jauch-Sendung zu #Aufschrei Anne Wizorek mit «bezeichnet sich als Feministin» untertitelt war. Stellvertretend für viele schäumte Bloggerin Fabienne Vesper im Netz: «Ich warte den Rest der Sendung vergeblich auf eine Nahaufnahme Jauchs mit der Bildunterschrift ‹Bezeichnet sich als Moderator›.» Es kam vielen jungen Zuschauerinnen so vor, als wundere sich die Jauch-Redaktion ernsthaft, dass sich auch junge Frauen trauen, sich als Feministin zu «bezeichnen».
    Nun habe ich persönlich nichts gegen Alice Schwarzer, eigentlich finde ich sie ganz cool. Ich unterschreibe nicht alles, was sie sagt, habe aber dennoch Respekt vor ihr. Den feministischen Vorkämpferinnen kann man für ihren Einsatz wirklich nicht genug danken. Ja, es brauchte die Diskussionen um Sexualität, um tiefe Ausschnitte, um Pornographie und Prostitution, um überhaupt einmal klarzustellen, was das in unserer Gesellschaft überhaupt bedeutet: Frau sein, Mann sein, zusammen sein, getrennt sein, alleine, anders oder auch «wie alle anderen» sein. Aber warum soll all das immer noch nur an einer Person festgemacht werden?
    Dem jungen Feminismus hat es meistens eher geschadet, wenn er auf Slogans wie «Für oder gegen Schwarzer», «witziger als Schwarzer» oder «weniger radikal als Schwarzer» bis hin zu «weniger männerfeindlich als Schwarzer» reduziert wurde. Und ich wage zu behaupten: Viele Frauen, die sich heute Feministinnen nennen, finden diese Konfliktlinien längst totdiskutiert. In den netzfeministischen Debatten spielt Schwarzer eher am Rande eine Rolle – die vielen feministischen Blogs beschäftigen sich mit ganz anderen Themen: Beruf, Werbung, Körperbilder und Popkultur, ganz ohne sich ständig zu fragen, wie sie Alice Schwarzer finden.
    Nichtsdestotrotz haben die jungen und die alten Feministinnen mehr gemeinsam als sie trennt. Die Feministinnen der ersten Stunde blicken auf ihr Lebenswerk zurück und stellen fest, dass eine Generation später viele ihrer Ziele immer noch nicht erreicht sind. Dass sich viele üble Deutungsmuster noch heute halten: Die Frau soll sich nicht so anstellen, sie ist doch irgendwie selbst schuld, wenn sie sich nicht durchbeißt, wenn sie sich Herabwürdigung gefallen lässt, wenn sie sich nicht wehrt gegen Belästigung. Und wo kämen wir denn da hin, wenn alle Unterschiede zwischen Mann und Frau ausgemerzt würden, wenn ein alternder Politiker nicht mal mehr einer jungen Frau auf die Brüste starren und schleimige Bemerkungen machen darf (von den Befürwortern solcher Aktionen für gewöhnlich als «Flirt» bezeichnet).
    Und die Töchter jener enttäuschten Feministinnen? Sie haben nun endgültig das Alter erreicht, in dem sie selbst an die gläserne Decke stoßen. Denken Töchter wie Söhne, beide im Glauben an die Gleichberechtigung erzogen, über Familienplanung nach, merken sie, dass allen BH -Verbrennungen und allen wohlfeilen Versprechungen zum Trotz das traditionelle Familienmodell immer noch am besten funktioniert – und dass ihre Chefs ihnen den Vogel zeigen, wenn sie gleichzeitig Karriere machen und in Teilzeit arbeiten wollen.
    «Die alte Kacke dampft noch immer», brachte es Schwarzer in der Talkshow von Günther Jauch auf den Punkt. Sie machte aber auch deutlich, was sich verändert hat: Die

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