Wir zwei zu dritt (Junge Liebe) (German Edition)
jener so gereizt war, konnte Neal einfach nicht nachvollziehen. Seufzend stand er wieder auf.
„Bist etwas eingebildet, findest du nicht auch?“
Das Gesicht des jungen Mannes erstarrte, doch wagte er keinen Widerspruch. Neal nahm die Hunde wieder an die Leine, dann ging er weiter. Und dieses Mal drehte er sich nicht noch einmal um.
In der Nacht fand Neal keinen Schlaf. Wenn seine Schwester nicht bei ihm war, fühlte er sich oft einsam. Sein Haus war in der Tat zu groß für ihn. Und wenn die Nacht herein brach und auch die Hunde zur Ruhe kamen, geriet Neal ins Grübeln.
Viel zu viele Gedanken durchkreisten sein Gehirn. Probleme machten sich breit, die ihn nachts einzuholen schienen.
Er durfte gar nicht daran denken, was passieren würde, wenn er wieder zurück nach London müsste. Dieser Zustand würde sich irgendwann einstellen, und dann? Wie sollte er es aushalten - ohne Francis, ohne Nicholas? Zu lange war er fort gewesen. Er hatte sie damals allein gelassen und wollte das nicht noch einmal durchmachen.
Im Badezimmer öffnete er den Spiegelschrank. Er griff zu Schlaftabletten. Ohne sie konnte er nicht zur Ruhe kommen. Eine Weile starrte er noch auf die anderen Tablettenschachteln, die ebenfalls im Schrank standen.
Mit zitternder Hand griff er danach. Sollte er vielleicht noch ...? Nein.
Er stellte die Schachteln wieder zurück. Die Schlafmedikamente würden vorerst reichen, sie mussten ...
Fast schon routinemäßig stand Neal am nächsten Morgen auf, um sich für den Gang in den Park vorzubereiten. Auch heute schien die Sonne, und Neal setzte eine schwarze Sonnenbrille auf. Mit seiner schwarzen Jeans, dem dunklen Hemd und der ebenso dunklen Lederjacke, sah er fast geheimnisvoll aus. Seine schwarzen Haare fielen seitlich in sein Gesicht. Eigentlich fühlte er sich gar nicht wohl in seiner Haut. Die Wirkung der Schlaftablette steckte noch in seinen Gliedern, doch das Bedürfnis, wieder in den Park zu gehen und - ihn - wieder zu treffen, ließ ihm einfach keine Ruhe.
Und der junge Mann saß tatsächlich wieder auf der Bank - war es Zufall?
Ohne ein Wort, ohne eine Geste, setzte sich Neal neben ihn. Für ein paar Sekunden herrschte absolute Stille zwischen den Beiden. Der junge Mann bewegte sich nicht. Nicht einmal ein Atemzug war von ihm zu hören.
Schließlich lehnte sich Neal zurück und nahm seine Sonnenbrille ab.
„Liest du eigentlich den ganzen Tag?“, fragte er und unterbrach damit die unerträgliche Stille zwischen ihnen.
„Nur, wenn man mich lässt.“ Der junge Mann sah nicht auf, noch zuckte er mit einer Wimper.
Neal atmete tief durch. Dass ihm sein Gesprächspartner die Unterhaltung derart erschwerte, stimmte ihn sichtlich unzufrieden.
„Wieso magst du dich nicht unterhalten?“
Neal musterte den Jungen neben sich gründlich. Was machte ihn so unsicher?
„Was hätte ich davon, wenn ich mich mit Ihnen unterhalte? Es langweilt mich.“ Demonstrativ sah der Mann in sein Buch. Doch die Konzentration für das Lesen hatte er verloren.
„ Aber ich tu dir doch nichts.“
Neal lächelte. Er hätte alles gegeben, um das Vertrauen des Jungen zu gewinnen, doch dieser zeigte sich weiterhin abweisend.
„Ich kann mir die Leute, mit denen ich etwas zu tun haben möchte, schon selbst aussuchen, okay?“
„Du hast kaum Freunde, stimmt’s?“ Neal ließ nicht locker, so dass der junge Mann genervt die Augen verdrehte.
„Das geht Sie gar nichts an!“ Nun war es wieder soweit. Das Gespräch schien in einem Streit enden zu wollen. Somit versuchte es Neal auf die sanfte Art.
„Ich kenne hier um die Ecke ein kleines Café. Wir könnten dort hingehen und uns unterhalten.“
Genervt klappte sein „Gesprächspartner“ das Buch zu. Wütend drehte er sich um.
„Ich habe aber keine Lust in ein Café zu gehen!“
Neal seufzte. Seine Geduld war am Ende. Noch nie zuvor hatte er solche Schwierigkeiten gehabt, jemanden kennen zu lernen. Die anderen Männer, mit denen er sich getroffen hatte, rissen sich stets darum, seine Bekanntschaft zu machen.
Nachdenklich sah er den jungen Mann an, der erneut krampfhaft versuchte, ein paar Zeilen in seinem Buch weiter zu kommen.
„Wieso liest du so viel?“
„Ich studiere Medizin. Erstes Semester!“
„Na Prima!“, schoss es aus Neal heraus, „dann hast du ja noch zig Semester Zeit, um zu lesen. - Und nun leg’ das verdammte Buch weg!“
Im nächsten Moment versuchte er, seinem Gegenüber das Buch aus der Hand zu nehmen, doch der
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